KIEW (dpa) — Habeck reist nach Kiew. Putin will takti­sche Atomwaf­fen an der Grenze zu Polen statio­nie­ren. Und eine tödli­che Explo­si­on erschüt­tert die russi­sche Großstadt Sankt Peters­burg. Die News im Überblick.

Russland hält an der angekün­dig­ten Statio­nie­rung seiner takti­schen Atomwaf­fen in Belarus fest und will sie an der Grenze zum Nato-Staat Polen positio­nie­ren. Das kündig­te der russi­sche Botschaf­ter in der belarus­si­schen Haupt­stadt Minsk gestern an.

Bis 1. Juli sollen die benötig­ten Bunker für die Lagerung der Waffen demnach fertig­ge­stellt sein. Während eine Serie russi­scher Angrif­fe auf ukrai­ni­sche Städte mehre­re Zivilis­ten das Leben koste­te, wurde in Sankt Peters­burg ein russi­scher Militär­blog­ger bei einem Spreng­stoff­an­schlag getötet. Vizekanz­ler Robert Habeck traf am Montag­mor­gen zu politi­schen Gesprä­chen in Kiew ein.

Russlands Botschaf­ter in Minsk, Boris Gryslow, bewer­te­te es als positiv, dass die beabsich­tig­te Statio­nie­rung der Atomwaf­fen in Belarus bereits «eine Menge Lärm» in westli­chen Medien verur­sacht habe. «Endlich wird beach­tet, dass es eine gewis­se Parität geben sollte», sagte er mit Blick auf den Vorwurf der russi­schen Führung, die USA hätten eigene Atomwaf­fen in Europa statio­niert und Moskau damit provoziert.

US-Insti­tut: Putin will Ängste schüren

Kreml­chef Wladi­mir Putin hatte zuletzt vor dem Hinter­grund starker Spannun­gen mit dem Westen infol­ge des von ihm befoh­le­nen Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne angekün­digt, takti­sche Atomwaf­fen in Belarus zu statio­nie­ren. Er begrün­de­te die Verla­ge­rung der Waffen in die benach­bar­te Ex-Sowjet­re­pu­blik damit, dass die USA seit Jahren Ähnli­ches in Europa täten.

In einer Analy­se des US-Insti­tuts für Kriegs­stu­di­en (ISW) hieß es vor einer Woche, Putin wolle im Westen Ängste vor einer atoma­ren Eskala­ti­on schüren, um so die Unter­stüt­zung für die Ukrai­ne etwa bei der Liefe­rung schwe­rer Waffen zu brechen. Nach ISW-Einschät­zung ist es weiter «sehr unwahr­schein­lich, dass Russland nuklea­re Waffen in der Ukrai­ne oder anders­wo einsetzt». Putins Schritt habe sich bereits vor dem Krieg in der Ukrai­ne angekün­digt, teilte das ISW mit. Russland zemen­tie­re mit der Statio­nie­rung nuklea­rer Waffen in Belarus vor allem seinen Einfluss in der Ex-Sowjetrepublik.

Selen­skyj will militä­ri­schen Sieg über «bösen Staat»

Nach der neuen Serie russi­scher Angrif­fe auf ukrai­ni­sche Städte mit weite­ren zivilen Opfern bezeich­ne­te Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj einen militä­ri­schen Sieg seines Landes als «einzi­gen Weg» zur Sicher­heit. Gestern waren mindes­tens acht Menschen im Osten des Landes bei russi­schen Artil­le­rie­an­grif­fen ums Leben gekom­men. «Es gibt nur einen Weg, den russi­schen Terror zu stoppen und die Sicher­heit in all unseren Städten und Gemein­den wieder­her­zu­stel­len — von Sumy bis zum Donbass, von Charkiw bis Cherson, von Kiew bis Jalta, und dieser Weg ist der militä­ri­sche Sieg der Ukrai­ne», sagte Selen­skyj gestern in seiner allabend­li­chen Video­an­spra­che. «Es gibt keinen anderen Weg, und es kann keinen anderen Weg geben.»

Für den «bösen Staat» Russland sei es zur Norma­li­tät gewor­den, Wohnhäu­ser mit Raketen­wer­fern zu beschie­ßen, Raketen auf Städte abzufeu­ern, Dörfer und unschul­di­ge Menschen zu bombar­die­ren. Dieser Staat müsse vollstän­dig besiegt werden — militä­risch, wirtschaft­lich, politisch und recht­lich. «Der erste Punkt ist der militä­ri­sche», sagte Selen­skyj. Und an diesem Ziel werde gearbeitet.

Russi­scher Militär­blog­ger bei Explo­si­on getötet

Ein russi­scher Militär­blog­ger wurde gestern bei einer Explo­si­on in einem Café im Zentrum der russi­schen Ostsee­me­tro­po­le Sankt Peters­burg getötet. Weite­re 30 Menschen seien bei der Detona­ti­on des Spreng­sat­zes verletzt worden, sechs von ihnen schwer, berich­te­te die Staats­agen­tur Tass weiter. Der 40-jähri­ge Journa­list und Blogger mit dem Pseud­onym Wladlen Tatar­s­kij, der aus dem Donbass in der Ostukrai­ne stammt, sei auf der Stelle tot gewesen.

Tatar­s­kij, dessen richti­ger Name Maxim Fomin lautet, hatte nach offizi­ell unbestä­tig­ten Medien­be­rich­ten gestern zu einem «patrio­ti­schen Abend» in das Café «Strit­fud-Bar No.1» einge­la­den. Das Lokal steht in Verbin­dung zu Jewge­ni Prigo­schin, dem Chef der berüch­tig­ten Söldner­trup­pe Wagner, wie Prigo­schin selbst über Telegram mittei­len ließ. Er habe das Café einer «patrio­ti­schen Bewegung» überlas­sen, die es wieder­um für verschie­de­ne Veran­stal­tun­gen genutzt habe.

Nach ersten Erkennt­nis­sen der Ermitt­ler sei der Spreng­satz in einer Büste einge­baut gewesen, die Tatar­s­kij bei dem Treffen als Geschenk überreicht wurde, hieß es aus Moskau. Das Geschenk — Augen­zeu­gen berich­te­ten von einer vergol­de­ten Büste des Militär­blog­gers — sei ihm von einer jungen Frau überreicht worden, schrie­ben örtli­che Medien.

Kiew: Weiter schwe­re Kämpfe im Osten des Landes

Unter­des­sen liefer­ten sich russi­sche Angrei­fer und ukrai­ni­sche Solda­ten gestern erneut schwe­re Kämpfe im Osten der Ukrai­ne. Im Mittel­punkt der Gefech­te lagen einmal mehr die Ortschaf­ten Liman, Bachmut, Awdijiw­ka und Marjin­ka, wie der General­stab in Kiew in seinem tägli­chen Lagebe­richt mitteil­te. Insge­samt seien im Laufe des Tages rund 50 russi­sche Angrif­fe abgewehrt worden. Die Angaben ließen sich nicht unabhän­gig überprüfen.

In Bachmut sei die Lage weiter­hin «sehr angespannt», schrieb Vizever­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin Hanna Maljar auf Facebook. Der Gegner setze dort neben Kräften der Söldner­trup­pe Wagner inzwi­schen auch Fallschirm­jä­ger­ein­hei­ten ein. «Der Feind lässt sich durch die exorbi­tan­ten Verlus­te an Perso­nal nicht abschre­cken, die Entschei­dun­gen werden emotio­nal getrof­fen.» Die Reakti­on der Vertei­di­ger erfol­ge «kompe­tent und unter Berück­sich­ti­gung aller Umstän­de, Aufga­ben und des Grund­sat­zes der militä­ri­schen Zweck­mä­ßig­keit», beton­te Maljar. «Wir vertrau­en auf unser Militär.»

Bei russi­schen Artil­le­rie­an­grif­fen auf die ostukrai­ni­sche Stadt Kostjan­ty­niw­ka unweit von Bachmut seien gestern sechs Menschen getötet und elf weite­re verletzt worden, teilte Selen­skyj mit. Zudem seien in Konotop in der Region Sumy zwei Zivilis­ten bei einem Angriff aus Granat­wer­fern ums Leben gekommen.

Habeck will Ukrai­ne beim Wieder­auf­bau unterstützen

Vizekanz­ler Habeck ist heute Morgen mit einer kleinen Delega­ti­on deutscher Wirtschafts­ver­tre­ter in Kiew angekom­men. Themen der Reise sind der Wieder­auf­bau der von Russland angegrif­fe­nen Ukrai­ne und die Zusam­men­ar­beit im Energie­be­reich. «Konkre­te Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen» seien entwe­der schon gefal­len oder sollten noch getrof­fen werden, erklär­te der Grünen-Politiker.

Was bringt der Tag?

Während Habeck in Kiew Gesprä­che führt, besucht Bundes­kanz­ler Olaf Scholz Rumäni­en und trifft dort neben den Staats­spit­zen des EU-Landes auch die moldaui­sche Präsi­den­tin Maia Sandu. Moldau war zuletzt in den politi­schen Strudel des russi­schen Kriegs gegen die Ukrai­ne geraten. In der abtrün­ni­gen Region Trans­nis­tri­en sind seit den 1990er Jahren russi­sche Solda­ten statio­niert, die von Moskau als Friedens­trup­pen bezeich­net werden.