KIEW (dpa) — Mit Blick auf eine erwar­te­te Frühjahrs­of­fen­si­ve hält Kiew die Karten nah an der Brust. Trotz­dem gelang­ten wohl gehei­me Dokumen­te zur Unter­stüt­zung des ukrai­ni­schen Militärs in Netz. Die News im Überblick.

Nach seiner Rückkehr vom Staats­be­such in Warschau hat Ukrai­nes Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj die Bedeu­tung solcher Zusam­men­künf­te für die Sicher­heit seines Landes unter­stri­chen. Mit neuen Waffen­käu­fen im Ausland füllt sich das Arsenal der Ukraine.

Bei der Frage nach Zeit und Ort der erwar­te­ten Frühjahrs­of­fen­si­ve will sich Kiew nicht in die Karten schau­en lassen. Unter­des­sen sollen laut einem Bericht der «New York Times» im Vorfeld der Offen­si­ve Geheim­do­ku­men­te über US- und Nato-Pläne zur Unter­stüt­zung des ukrai­ni­schen Militärs aufge­taucht sein.

Selen­skyj: Schutz der Ukrai­ne Thema Nummer eins bei Treffen

«Die Vertei­di­gung und der Schutz unseres Volkes, die Unter­stüt­zung unserer Wider­stands­fä­hig­keit, insbe­son­de­re unserer Solda­ten, ist das Thema Nummer eins bei allen Verhand­lun­gen und Treffen», sagte Selen­skyj gestern in seiner allabend­li­chen Videoansprache.

Es gehe stets, wie am Vortag in Polen, um Vertei­di­gung — Waffen für die Ukrai­ne, Muniti­on für die Ukrai­ne, neue Vertei­di­gungs­sys­te­me für die Ukrai­ne. «Und ich danke Polen und unseren Partnern dafür, dass dieser Besuch wirklich sinnvoll war.»

Polen gilt nach den USA als einer der größten Unter­stüt­zer der Ukrai­ne in ihrem Abwehr­kampf gegen Russland. Kiew hat eine Bestel­lung von Radschüt­zen­pan­zern im Nachbar­land Polen von 100 auf 150 Exempla­re aufge­stockt. Dies kündig­te Polens Regie­rungs­spre­cher Piotr Müller nach Angaben der Agentur PAP einen Tag nach Selen­sky­js Besuch am Donners­tag in Warschau an. Die Panzer vom Typ KTO Rosomak sollen mit Hilfen der USA und der EU finan­ziert werden. Es handelt sich um eine Lizenz­ver­si­on auf Basis des finni­schen Militär­fahr­zeugs Patria AMV.

Zudem gab die Ukrai­ne den Bau von mehr als 50 selbst­fah­ren­den Mörsern des Typs M120 Rak («Krebs») in Auftrag. Geplant sei zudem die Liefe­rung von 100 Raketen für Kurzstre­cken-Flugab­wehr­ra­ke­ten­sys­te­me. Der Gesamt­wert der bisher aus Polen an die Ukrai­ne gelie­fer­ten Rüstungs­gü­ter beläuft sich nach Regie­rungs­an­ga­ben aus Warschau auf 2,1 Milli­ar­den Euro.

Vor wenigen Wochen hatte Polens Präsi­dent Andrzej Duda angekün­digt, dass man der Ukrai­ne Kampf­jets vom Typ MiG-29 liefern werde. Bei Selen­sky­js Besuch wurde er nun konkret: Die Ukrai­ne habe von Polen bereits acht MiG-29 gelie­fert bekom­men. Darüber hinaus würden derzeit noch sechs MiG-29 für die Überga­be vorbe­rei­tet, kündig­te Duda an.

Bericht: Gehei­me Pläne im Netz

Gehei­me Dokumen­te über US- und Nato-Pläne zur Unter­stüt­zung des ukrai­ni­schen Militärs im Vorfeld einer geplan­ten Offen­si­ve gegen Russland sind im Netz aufge­taucht. Das berich­te­te die Zeitung «New York Times» gestern (Ortszeit) unter Berufung auf US-Regie­rungs­mit­ar­bei­ter. Das US-Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um unter­su­che demnach, wer hinter der Veröf­fent­li­chung stecke, hieß es. Analys­ten zufol­ge scheint der Inhalt der Unter­la­gen jedoch auf eine Art und Weise verän­dert worden zu sein, die auf eine Desin­for­ma­ti­ons­kam­pa­gne aus Russland hindeu­ten könnte, heißt es in dem Bericht.

Die Unter­la­gen seien über die Social-Media-Platt­for­men Twitter und Telegram verbrei­tet worden. Die Dokumen­te seien fünf Wochen alt und enthiel­ten keine konkre­ten Schlacht­plä­ne, hieß es. Militä­ri­sche Insider könnten daraus aber dennoch wertvol­le Infor­ma­tio­nen ziehen, wie zum Beispiel Zeitplä­ne für Waffenlieferungen.

Noch gestern hatte der Sekre­tär des Natio­na­len Sicher­heits­ra­tes der Ukrai­ne, Olexij Danilow, in einem Rundfunk­in­ter­view gesagt, die Pläne für die erwar­te­te Offen­si­ve zur Rückerobe­rung der russisch besetz­ten Gebie­te seien aktuell nur ganz wenigen Menschen in Kiew bekannt. «Die Infor­ma­ti­on darüber, wo, wann und wie die eine oder andere Aktion auf dem Terri­to­ri­um unseres Plane­ten beginnt, ist einem kleinen Kreis vorbe­hal­ten.» Sollte es die eine oder andere Erklä­rung zu der Offen­si­ve geben, müsse dies nicht unbedingt der Wahrheit entspre­chen, sagte Danilow.

In der nächs­ten Zeit wird die sogenann­te Frühjahrs­of­fen­si­ve der ukrai­ni­schen Streit­kräf­te erwar­tet, die zuletzt mit schwe­ren Waffen und Panzern aus dem Westen aufge­rüs­tet wurden. Erwar­tet wird ein Vorstoß zur Küsten­stadt Melito­pol, um die russi­schen Truppen zu spalten. Das russi­sche Militär hat in den vergan­ge­nen Monaten seine Abwehr­stel­lun­gen massiv verstärkt und ausge­baut, um den erwar­te­ten Angriff abzuwehren.

Prigo­schin: Erobe­rung von Bachmut in drei bis vier Wochen

Der Wider­stand der ukrai­ni­schen Truppen in Bachmut im Osten des Landes erwirkt allmäh­lich ein Umden­ken bei den russi­schen Militärs. «In drei bis vier Wochen» könne die Stadt erobert werden, schätz­te Jewge­ni Prigo­schin, Chef der berüch­tig­ten Söldner­trup­pe Wagner, auf einem ihm zugeschrie­be­nen Telegram-Kanal. Erst vor wenigen Tagen hatte er noch behaup­tet, Bachmut sei einge­nom­men worden.

Es gelte aus russi­scher Sicht weiter­hin, die Versor­gungs­li­ni­en der ukrai­ni­schen Vertei­di­ger zu durch­tren­nen. Erst danach könne aus mehre­ren Richtun­gen zur Erobe­rung und «Zerstö­rung von militä­ri­schen Schlüs­sel­ob­jek­ten» im Stadt­in­ne­ren überge­gan­gen werden. Prigo­schin sprach gestern vor dem Hinter­grund Dutzen­der Gräber seiner Söldner. «Aus diesem Fried­hof soll eines Tages eine Gedenk­stät­te für künfti­ge Genera­tio­nen werden», sagte er. Seine Truppen haben in den vergan­ge­nen Wochen bei Bachmut schwe­re Verlus­te erlit­te. «Ja, er (der Fried­hof) wächst.»

Die ukrai­ni­schen Truppen in Bachmut leisten seit Monaten erbit­ter­ten Wider­stand gegen die Angrif­fe russi­scher Truppen, die von Wagner-Söldnern angeführt werden.

25 Jahre Haft für russi­schen Opposi­tio­nel­len beantragt

Der russi­sche Opposi­tio­nel­le und Journa­list Wladi­mir Kara-Mursa soll nach dem Willen der Staats­an­walt­schaft in Moskau wegen Hochver­rats 25 Jahre in Haft. Das teilte die Menschen­rechts­an­wäl­tin Maria Eismont gestern mit. Der nach Vergif­tun­gen in der Vergan­gen­heit gesund­heit­lich angeschla­ge­ne 41-Jähri­ge habe in der Unter­su­chungs­haft 17 Kilogramm an Gewicht verlo­ren. Kara-Mursa gehört zu den schärfs­ten Kriti­kern des Kremls und von Präsi­dent Wladi­mir Putin und hatte auch den russi­schen Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne verurteilt.

Das wird heute wichtig

Die Kämpfe in der Ostukrai­ne werden sicher­lich auch am Karfrei­tag fortge­setzt. Vor allem Bachmut bleibt hart umkämpft.