WASHINGTON/KIEW (dpa) — Die EU verhängt Sanktio­nen gegen die russi­sche Söldner­trup­pe Wagner. Und Pisto­ri­us sieht keine Kursän­de­rung bei westli­chen Kampf­flug­zeu­gen. Die News im Überblick.

Nach der Festnah­me eines Verdäch­ti­gen wegen der Veröf­fent­li­chung gehei­mer US-Dokumen­te zum Krieg in der Ukrai­ne berei­tet sich Kiew weiter auf eine Offen­si­ve gegen die russi­schen Angrei­fer vor.

Die Militär­füh­rung entwi­cke­le ihren Plan entspre­chend der Lage an der Front, sagte der Sekre­tär des natio­na­len Sicher­heits­rats, Olexij Danilow, im ukrai­ni­schen Einheits­fern­se­hen. «Alles wird im letzten Moment entschie­den, wenn die endgül­ti­gen Entschei­dun­gen getrof­fen werden», sagte er gestern. Zuvor hatte die Ukrai­ne den Schaden durch das Leck in den USA heruntergespielt.

21-Jähri­ger in den USA festgenommen

Die US-Bundes­po­li­zei FBI nahm in North Dighton im US-Bundes­staat Massa­chu­setts einen 21 Jahre alten Angehö­ri­gen des US-Militärs fest, der die Dokumen­te zum Krieg in der Ukrai­ne im Inter­net veröf­fent­licht haben soll. Der Mann sei in Verbin­dung mit der «unbefug­ten Entfer­nung, Aufbe­wah­rung und Übermitt­lung von Verschluss­sa­chen» in Gewahr­sam genom­men worden, sagte US-Justiz­mi­nis­ter Merrick Garland gestern in Washing­ton. Er sei Angehö­ri­ger der Natio­nal­gar­de und heiße Jack T. Er soll eine Chat-Gruppe auf der bei Video­spie­lern belieb­ten Platt­form Discord gelei­tet haben und dort die brisan­ten Unter­la­gen veröf­fent­licht haben.

Schon seit Wochen kursie­ren im Inter­net gehei­me Dokumen­te von US-Stellen — angeb­lich vom Nachrich­ten­dienst CIA und vom Penta­gon — zum russi­schen Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne: Infor­ma­tio­nen zu Waffen­lie­fe­run­gen, Einschät­zun­gen zum Kriegs­ge­sche­hen. Aber auch Details zu angeb­li­chen Spähak­tio­nen der USA gegen Partner. Unklar war, was davon authen­tisch ist und was mögli­cher­wei­se bearbei­tet worden sein könnte. Für die US-Regie­rung ist die Sache aller­dings so oder so unange­nehm. Es stellen sich Fragen dazu, wie verläss­lich die Ameri­ka­ner sind, wie gut sie ihre Geheim­nis­se und die ihrer Partner schüt­zen und wie loyal sie Verbün­de­ten gegen­über sind.

In Kiew hatten offizi­el­le Stellen zunächst behaup­tet, die Dokumen­te seien nicht echt, sondern eine typische Fälschung russi­scher Geheim­diens­te. Ziel Russlands sei es, mit Desin­for­ma­ti­on die geplan­te Frühjahrs­of­fen­si­ve zur Befrei­ung der von Moskau besetz­ten Gebie­te zu torpe­die­ren. Der Kreml in Moskau hinge­gen hatte die Infor­ma­tio­nen als inter­es­sant bezeich­net und darin einen neuen Beleg für die Verwick­lung der USA und der Nato-Staaten in den Krieg gesehen. Beide Seiten hatten betont, dass die Veröf­fent­li­chung nichts an den jewei­li­gen Kriegs­zie­len ändere.

Laut US-Medien dürfte der Nutzen für Moskau vor allem darin bestehen, dass die gehei­men Dokumen­te auch Angaben zu Kommu­ni­ka­ti­ons­we­gen von Infor­man­ten in den russi­schen Reihen an die Geheim­diens­te enthiel­ten. Demnach könnten nun diese Quellen selbst in Gefahr sein. Russland könne nun undich­te Stellen schlie­ßen, hieß es.

Selen­skyj lobt Schlag­kraft ukrai­ni­scher Waffen

In seiner abend­li­chen Video­an­spra­che lobte der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj indes zum Jahres­tag des Beschus­ses und Unter­gangs des russi­schen Kriegs­schiffs «Moskwa» die Schlag­kraft eigener Raketen.

Raketen vom Typ Neptun hätten vor einem Jahr am 13. April gezeigt, wie profes­sio­nell der militä­risch-indus­tri­el­le Komplex der Ukrai­ne arbei­te, sagte Selen­skyj. Er habe deshalb per Dekret festge­legt, das Datum künftig als Tag der Rüstungs- und Vertei­di­gungs­in­dus­trie zu begehen. Die Ukrai­ne hatte das Flagg­schiff der russi­schen Schwarz­meer­flot­te vor einem Jahr versenkt und dies als großen Triumph im Krieg gefeiert.

Die Ukrai­ne sei heute in der Lage, «alles von Grana­ten bis zu Raketen, von Artil­le­rie­ge­schos­sen bis hin zu Drohnen zu produ­zie­ren», sagte Selen­skyj. Man freue sich aber auch sehr auf die Liefe­rung von Waffen, die Partner verspro­chen hätten.

Pisto­ri­us sieht keine Kursän­de­rung bei westli­chen Kampfflugzeugen

Von Polen etwa erhält die Ukrai­ne MiG-29-Kampf­flug­zeu­ge aus frühe­ren DDR-Bestän­den. Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Boris Pisto­ri­us sieht nach dem grünen Licht der Bundes­re­gie­rung für eine Weiter­ga­be der Jets an die Ukrai­ne keinen Kurswech­sel mit Blick auf eine Liefe­rung westli­cher Kampf­flug­zeu­ge. Von Bedeu­tung sei alles, was schnell helfe, sagte der SPD-Politi­ker gestern in Bamako, der Haupt­stadt Malis.

«Es geht um MiGs, weil die unmit­tel­bar einge­setzt werden können bei den ukrai­ni­schen Streit­kräf­ten, weil sie bekannt sind, weil sie sofort geflo­gen werden können, weil sowohl Unter­hal­tung als auch Instand­set­zung und Wartung quasi reibungs­los und übergangs­los möglich sind», sagte Pisto­ri­us. «Das gilt alles für westli­che Flugzeu­ge, insbe­son­de­re solche, die wir in Deutsch­land haben, nicht. Von daher stellt sich diese Debat­te für uns nicht.»

Pisto­ri­us, der seine Reise in Westafri­ka fortsetz­te, kündig­te an, dass heute die forma­le, schrift­li­che Bestä­ti­gung an die polni­sche Regie­rung für die Erlaub­nis zum Reexport in die Ukrai­ne rausge­he. Ein erst gestern in Berlin einge­gan­ge­ner Antrag war binnen weniger Stunden positiv beschie­den worden. Es handelt sich um Flugzeu­ge, die Deutsch­land 2003 Polen überlas­sen hatte. Die Bundes­wehr hatte sie aus frühe­ren Bestän­den der Natio­na­len Volks­ar­mee (NVA) der DDR übernommen.

EU-Sanktio­nen gegen russi­sche Söldner­trup­pe Wagner

Der Europäi­sche Rat fügte die russi­sche Söldner­trup­pe Wagner wegen ihrer «aktiven» Betei­li­gung am russi­schen Angriffs­krieg in der Ukrai­ne auf ihre Sankti­ons­lis­te hinzu. Begrün­det wurde die Maßnah­me gestern Abend in Brüssel damit, die Handlun­gen der Wagner-Gruppe unter­grü­ben und bedroh­ten «die terri­to­ria­le Unver­sehrt­heit, Souve­rä­ni­tät und Unabhän­gig­keit der Ukrai­ne». Darüber hinaus verhäng­te der Europäi­sche Rat Sanktio­nen gegen die russi­sche Medien­or­ga­ni­sa­ti­on Ria Fan. Sie gehört zur Patri­ot Media Group, deren Verwal­tungs­rat vom Chef der Wagner-Söldner, Jewge­ni Prigo­schin, gelei­tet wird.

Was heute wichtig wird

Im Osten der Ukrai­ne gehen die Kämpfe um die strate­gisch wichti­ge Stadt Bachmut im Gebiet Donezk weiter. Nach Angaben von Prigo­schin, kontrol­lie­ren Moskaus Truppen rund 80 Prozent der Stadt, die weitge­hend zerstört ist. Aller­dings gäben die ukrai­ni­schen Streit­kräf­te weiter nicht auf, sagte Prigo­schin. Er behaup­te­te, dass allein in der Region 32.000 ukrai­ni­sche Solda­ten bei Kämpfen getötet worden seien. Aus der Ukrai­ne gibt es keine Angaben dazu.