STUTTGART (dpa/lsw) — Betrie­be sollen Zeiten künftig digital aufzeich­nen. Das ärgert Politik und Verbän­de in Baden-Württem­berg. Die Baubran­che ist entsetzt.

Wirtschafts­mi­nis­te­rin Nicole Hoffmeis­ter-Kraut (CDU) hat geplan­te Arbeits­zeit-Dokumen­ta­ti­ons­pflich­ten im Zuge der Neure­ge­lung der Minijobs scharf kriti­siert. Die CDU-Politi­ke­rin sagte in Stutt­gart, wenn Arbeits­mi­nis­ter Huber­tus Heil (SPD) Schrift­form­erfor­der­nis­se im Arbeits­le­ben abschaf­fe, so sei das aus ihrer Sicht grund­sätz­lich begrüßenswert.

«Aller­dings überspannt der Bundes­ar­beits­mi­nis­ter mit dem nun vorge­leg­ten Gesetz­ent­wurf den Bogen und lässt das nötige Augen­maß vermis­sen. Ich kann nicht erken­nen, weshalb die vorge­se­he­ne Verschär­fung bei den schon heute bestehen­den Aufzeich­nungs­pflich­ten erfor­der­lich und angemes­sen sein soll.» Im Gegen­teil: Der Vorschlag enthal­te unter anderem Regelun­gen, die zu einer erheb­li­chen finan­zi­el­len oder organi­sa­to­ri­schen Belas­tung vor allem kleiner und mittle­rer Unter­neh­men führen könnten, monier­te die Wirtschafts­mi­nis­te­rin. «Die dafür notwen­di­gen Inves­ti­tio­nen kämen gerade für ohnehin angeschla­ge­ne Betrie­ben wie etwa im Gastge­wer­be zur Unzeit.»

Die Südwest-Bauwirt­schaft unter­stütz­te die Kritik der Wirtschafts­mi­nis­te­rin. Der stell­ver­tre­ten­de Haupt­ge­schäfts­füh­rer Holger Braun sagte, der unerwar­te­te Vorstoß, einige Branchen zur digita­len Zeiter­fas­sung zu zwingen, werfe der Baubran­che wieder unnötig Knüppel zwischen die Beine. «Weder arbei­ten in der Bauwirt­schaft auffäl­lig viele Minijob­ber, noch sind die Vorga­ben realis­tisch bis Oktober umzuset­zen.» Die Betrie­be der Bauwirt­schaft müssten sowie­so schon die Arbeits­zeit erfas­sen. «Die Daten liegen vor. Der Sinn, eine digita­le Zeiter­fas­sung nur für bestimm­te Branchen vorzu­se­hen, ergibt sich aus unserer Sicht nicht.»

Natür­lich seien auch Baube­trie­be offen für mehr Digita­li­sie­rung. «Da die Bauar­bei­ter jedoch auf wechseln­den Arbeits­stel­len einge­setzt werden, ist die Umset­zung einer digita­len Zeiter­fas­sung leider nicht ganz so banal, wie beispiels­wei­se in einem Werk oder in einem Minis­te­ri­um», sagte Braun.

Auch der Verband Unter­neh­mer Baden-Württem­berg kriti­sier­te Heils Vorstoß. Die elektro­ni­sche Erfas­sung der Arbeits­zeit sei im übrigen völlig unprak­ti­ka­bel bei gering­fü­gig Beschäf­tig­ten, die nicht ins Unter­neh­men kämen, sondern außer­halb der Betriebs­stät­te tätig würden. Diese verfüg­ten oftmals nicht über ein dienst­li­ches Laptop.