SIGMARINGEN/STUTTGART (dpa/lsw) — Nur auf die Straße gehen, reicht manchen Gegnern der Corona-Maßnah­men nicht mehr. Sie wollen ihren Unmut vor den Privat­häu­sern der Politi­ker kundtun. Das hätte um ein Haar auch der Regie­rungs­chef zu spüren bekommen.

Kriti­ker der Corona-Politik haben in Sigma­rin­gen versucht, zum Wohnhaus von Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) vorzu­drin­gen. Eine kleine Gruppe der insge­samt rund 60 Demons­tran­ten wollte eine Absper­rung der Straße umgehen, die zum Privat­haus des Regie­rungs­chefs führt, wie ein Polizei­spre­cher an Montag mitteil­te. Dies sei jedoch verhin­dert worden. Die «Schwä­bi­sche Zeitung» hatte zuerst darüber berich­tet. Laut Polizei infor­mier­ten Beamte Kretsch­manns Ehefrau Gerlin­de darüber, die zur selben Zeit nach Hause kam. Ihr Mann sei nicht daheim gewesen. Insge­samt verlief der Zug der Maßnah­men-Kriti­ker nach Polizei­an­ga­ben friedlich.

SPD-Frakti­ons­chef Andre­as Stoch verur­teil­te den Vorfall: «Vor dem Privat­haus des Minis­ter­prä­si­den­ten zu demons­trie­ren geht gar nicht. Da geht es nicht darum, seine Meinung kundzu­tun, sondern um reines Macht­ge­ha­be und den Versuch von Einschüch­te­rung.» Wer Kritik äußern wolle, der habe viele Möglich­kei­ten dazu. «Wer andere belagern und bedrän­gen will, geht zu weit und muss in die Schran­ken gewie­sen werden.»

Es ist in der Pande­mie schon häufi­ger vorge­kom­men, dass der Protest der Gegner der Corona-Maßnah­men vor die Wohnhäu­ser von Politi­ke­rin­nen und Politi­ker getra­gen wurde. Ende Januar hatten zum Beispiel über 20 Menschen vor dem Haus von Tübin­gens Oberbür­ger­meis­ter Boris Palmer gegen die Impfpflicht protes­tiert und den Grünen-Politi­ker in Rufen offen angefeindet.

Für bundes­wei­te Aufmerk­sam­keit sorgte ein Fackel-Aufmarsch vor dem Wohnhaus der sächsi­schen Gesund­heits­mi­nis­te­rin Petra Köpping (SPD) Anfang Dezem­ber. Damals hatte Kretsch­mann den Vorfall scharf verur­teilt. «Das sind Metho­den, die hat die SA erfun­den», sagte er in Erinne­rung an die Kampf­or­ga­ni­sa­ti­on der NSDAP. So ein Protest gehe gar nicht.