BRÜSSEL (dpa) — Jeden Sommer stehen Touris­ten an der Grenze zu Kroati­en stunden­lang im Stau. Damit dürfte bald Schluss sein. Schon 2023 könnte das Adria-Land dem Schen­gen-Raum beitre­ten — andere haben schlech­te­re Karten.

Das belieb­te Urlaubs­land Kroati­en könnte heute endgül­tig grünes Licht für den Beitritt zum kontroll­frei­en Schen­gen-Raum bekom­men. Die EU-Innen­mi­nis­ter sollen bei einem Treffen in Brüssel über die Erwei­te­rung des Verbunds aus derzeit 26 europäi­schen Ländern abstim­men. Weniger aussichts­reich ist die Lage dagegen für Bulga­ri­en und Rumäni­en – ihr unein­ge­schränk­ter Schen­gen-Beitritt dürfte am Wider­stand der Nieder­lan­de und Öster­reichs schei­tern. Für Deutsch­land wird Innen­mi­nis­te­rin Nancy Faeser (SPD) zu dem Treffen erwartet.

Die EU-Kommis­si­on hatte zuletzt darauf gedrun­gen, sowohl Kroati­en als auch Bulga­ri­en und Rumäni­en in den Schen­gen-Raum aufzu­neh­men, zwischen dessen Mitglie­dern es in der Regel keine statio­nä­ren Grenz­kon­trol­len gibt. Die Erwei­te­rung um das Trio werde die EU siche­rer und attrak­ti­ver machen sowie zu mehr Wohlstand beitra­gen, befand die Behör­de Mitte Novem­ber. Kroati­en, Rumäni­en und Bulga­ri­en sind schon jetzt zum Teil an die Schen­gen-Regeln gebun­den, doch wurden die Kontrol­len an den Binnen­gren­zen zu ihnen bislang nicht aufgehoben.

Touris­ten-Staus sorgen für Chaos

An der Grenze zu Kroati­en bilden sich deshalb jeden Sommer aufs Neue riesi­ge Touris­ten-Staus. Nach dem Votum heute könnten die Kontrol­len an den Landgren­zen schon Anfang 2023 wegfal­len, an den Flughä­fen ab März kommen­den Jahres. Kroati­en führt 2023 auch den Euro als Zahlungs­mit­tel ein.

Öster­reichs Kanzler Karl Neham­mer machte zuletzt deutlich, dass eine Aufhe­bung der Grenz­kon­trol­len mit Blick auf Rumäni­en und Bulga­ri­en zum jetzi­gen Zeitpunkt für sein Land nicht infra­ge kommt. Als Grund nannte er, dass zu viele unregis­trier­te Migran­ten in Öster­reich ankämen. «Das heißt, die haben eine EU-Außen­gren­ze überschrit­ten und sind dann trotz­dem in einem Land wie Öster­reich durch­ge­kom­men. Diese Sicher­heits­fra­gen gilt es zuerst zu klären», sagte der konser­va­ti­ve Politiker.

Der Wider­stand der Nieder­lan­de richtet sich allein gegen Bulga­ri­en, etwa wegen rechts­staat­li­cher Beden­ken. Es brauche mehr Zeit für eine Entschei­dung, sagte Minis­ter­prä­si­dent Mark Rutte jüngst.

Weltweit größter Raum der Reisefreiheit

Dem Schen­gen-Raum gehören derzeit 22 EU-Staaten sowie Norwe­gen, Liech­ten­stein, Island und und die Schweiz an. Es ist damit der weltweit größte Raum der Reise­frei­heit. Neue Mitglie­der können nur einstim­mig aufge­nom­men werden. Außer­dem muss das Europa­par­la­ment zustim­men, was im Fall von Kroati­en, Rumäni­en und Bulga­ri­en bereits gesche­hen ist. Rumäni­en und Bulga­ri­en warten schon seit 2011 auf den Beschluss, der die Grenz­kon­trol­len aufhe­ben würde.

Neben der Schen­gen-Erwei­te­rung steht bei dem Treffen der Innen­mi­nis­ter auch das Thema Migra­ti­on auf der Tages­ord­nung, unter anderem die Aussicht auf eine mögli­che Zunah­me an Schutz­su­chen­den aus der Ukrai­ne im kommen­den Winter.