Langsam kommt mehr Impfstoff in den Bundes­län­dern an. Findet der nun auch schnell den Weg in die Oberar­me der Menschen? Eine Umfra­ge zeigt: Es könnte klappen. Auch die Hoffnung auf Locke­run­gen wächst.

BERLIN (dpa) — Mit der Ankunft von mehr Impfstof­fen rechnen die Bundes­län­der bis Anfang April mit einem deutli­chen Fortschritt bei den Impfun­gen gegen das Coronavirus.

In mehre­ren Ländern könnten die Impfka­pa­zi­tä­ten bis dahin verdop­pelt werden, wie aus einer Umfra­ge der Deutschen Presse-Agentur hervor­geht. Mehr Impfun­gen können gleich­be­deu­tend sein mit mehr Freiraum für die Bürger. Ziel müsse es sein, einen Alltag zu ermög­li­chen, der Sicher­heit bietet, aber auch prakti­ka­bel ist, sagte Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) «Zeit Online».

Die Länder hoffen auf einen schnel­len Ausbau der Impf-Kapazi­tät. In Bayern zum Beispiel soll sie von 46.000 Impfun­gen pro Tag bis April auf 111.000 steigen. In Baden-Württem­berg könnten bis zu 60.000 Impfun­gen erfol­gen. Derzeit sind es 14.000 bis 19.000. Zuwäch­se bis hin zu einer Verdopp­lung oder gar Verviel­fa­chung der Möglich­kei­ten sind nach Länder­an­ga­ben auch in Bremen, Branden­burg, Rhein­land-Pfalz, Mecklen­burg-Vorpom­mern, Schles­wig-Holstein oder Thürin­gen möglich.

Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er räumte ein, dass der Start der Impfkam­pa­gne nicht perfekt gewesen sei. Gleich­zei­tig forder­te er die Bundes­bür­ger auf, beim Impfen gegen das Corona­vi­rus weniger wähle­risch zu sein. «Alle von der Europäi­schen Union zugelas­se­nen Impfstof­fe sind wirksam, sind verträg­lich», sagte Stein­mei­er am Donners­tag in einer Online-Veran­stal­tung vor Mitar­bei­tern aus dem Gesund­heits­we­sen in Bayern.

Mit größe­ren Impfstoff­men­gen können die Länder bis Anfang April rechnen. So kündig­te der Herstel­ler Biontech bis Ende März eine Gesamt­men­ge von mehr als 11,5 Millio­nen Impfdo­sen an. Von Moder­na sollen bis dahin 1,8 Millio­nen Dosen an die Länder ausge­lie­fert werden. Hinzu kommen voraus­sicht­lich rund 5,6 Millio­nen Dosen des Impfstoffs von Astra­ze­ne­ca. Insge­samt könnten also bis dahin knapp 19 Millio­nen Impfdo­sen ausge­lie­fert worden sein.

Ob in Kürze auch in Hausarzt­pra­xen flächen­de­ckend geimpft werden kann, ist nach Angaben der Länder noch unklar. Einige wie Bayern, Branden­burg, Nieder­sach­sen oder Rhein­land-Pfalz planen erste Pilot­pro­jek­te. Branden­burg etwa will in einem Modell­ver­such bis zu 50 Hausarzt­pra­xen einbin­den. In anderen Ländern wie Hessen oder Schles­wig-Holstein wollen sich die Verant­wort­li­chen zunächst auf die Impfzen­tren konzen­trie­ren oder planen noch nicht mit den Hausarztpraxen.

Mehr Impfun­gen könnte auch mehr Freiraum für die Bürger bedeu­ten. Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter Olaf Scholz (SPD) blickt daher zuver­sicht­lich auf die kommen­den Monate: «Ich gehe davon aus, dass wir im Sommer wieder im Biergar­ten sitzen können und die nächs­te Bundes­li­ga-Saison auch wieder im Stadi­on verfol­gen werden», sagte der Kanzler­kan­di­dat der SPD der «Rheini­schen Post».

Auch Spahn hält Locke­run­gen für möglich — dazu seien flexi­ble­re lokale Lösun­gen sinnvoll. Das Infek­ti­ons­ge­sche­hen in den Kommu­nen sei inzwi­schen sehr unter­schied­lich und erfor­de­re unter­schied­li­ches vorge­hen. «Das kann bedeu­ten, lokal zu öffnen, aber eben auch wieder zu verschär­fen, wenn es sein muss.» Ziel müsse es sein, einen Alltag zu ermög­li­chen, der Sicher­heit bietet, aber auch prakti­ka­bel ist. Und da kämen auch die Schnell- oder Selbst­tests ins Spiel.

Auch Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Peter Altmai­er (CDU) machte am Donners­tag Hoffnung auf Locke­run­gen. Er sagte dem dem TV-Sender Welt, er persön­lich glaube, dass man mit zusätz­li­chen Sicher­heits­vor­keh­run­gen, beispiels­wei­se den Schnell­tests, sowie mit neuen Reser­vie­rungs­mög­lich­kei­ten etwa bei Geschäf­ten Öffnun­gen machen könne, obwohl die Infek­ti­ons­zah­len noch nicht so weit gesun­ken seien wie geplant.

Baden-Württem­berg dringt auf eine schritt­wei­se Locke­rung des Corona-Lockdowns mit Hilfe von Schnell­tests. In einem Impuls­pa­pier für die Bund-Länder-Beratun­gen am kommen­den Mittwoch, das der Deutschen Presse-Agentur in Stutt­gart vorliegt, schlägt das Land vor, unter anderem Teile des Einzel­han­dels und der Gastro­no­mie sowie Museen auf diese Weise zu öffnen. Die Veran­stal­ter und Betrei­ber der Einrich­tun­gen «müssen dafür Sorge tragen, dass nur Besuche­rin­nen und Besucher Zutritt erhal­ten, die einen negati­ven Test vorwei­sen können», heißt es in dem Papier.

Hessens Minis­ter­prä­si­dent Volker Bouffier (CDU) stell­te der Bevöl­ke­rung seines Bundes­lan­des weite­re Corona-Locke­run­gen im März in Aussicht. Wenn sich die pande­mi­sche Entwick­lung nicht verschlech­te­re, sollten sich wieder fünf Perso­nen aus zwei Haushal­ten treffen dürfen, sagte Bouffier bei der Präsen­ta­ti­on eines Stufen­plans in Wiesba­den. Kinder bis 14 Jahren werden dabei nicht mitgerechnet.

Deutsch­lands Inten­siv- und Notfall­me­di­zi­ner forder­ten unter­des­sen eine Verlän­ge­rung des Lockdowns bis Anfang April. Drei Wochen mehr Diszi­plin seien entschei­dend, um durch Impfun­gen eine schwer bis nicht mehr kontrol­lier­ba­re dritte Welle zu vermei­den, sagte Gernot Marx, Präsi­dent der Inter­dis­zi­pli­nä­ren Verei­ni­gung für Inten­siv- und Notfall­me­di­zin (DIVI) am Donners­tag. Nach einem neuen Progno­se­mo­dell der Divi könnte ein Öffnen am 7. März die Zahlen schwer kranker Corona-Patien­ten in Klini­ken exorbi­tant in die Höhe treiben, hieß es.