STUTTGART (dpa/lsw) — Nach jahre­lan­gem Gezer­re soll eine große Reform die Zukunft der Klini­ken sichern. Dabei soll wirtschaft­li­cher Druck heraus, um gute Versor­gung zu sichern. Allein, die Kranken­häu­ser und Städte warnen vor den Folgen. Und auch die Landkrei­se fordern Korrekturen.

In der Diskus­si­on über eine große Kranken­haus­re­form fordern die baden-württem­ber­gi­schen Landkrei­se erheb­li­che Nachbes­se­run­gen bei den bislang vorlie­gen­den Empfeh­lun­gen des Bundes. «So wie es die Exper­ten­kom­mis­si­on der Bundes­re­gie­rung am Reißbrett geplant hat, wäre ein Klinik-Kahlschlag vorpro­gram­miert», warnte der Präsi­dent des Landkreis­tags, Joachim Walter. Die Reform­vor­schlä­ge müssten grund­le­gend korri­giert werden, sonst könne die Gesund­heits­ver­sor­gung immer mehr auf abschüs­si­ge Bahn geraten.

Die Kreise haben in den vergan­ge­nen Jahren viel Geld in Um- und Neubau­ten gesteckt und müssen nun sicher sein, dass diese Inves­ti­tio­nen nicht wirtschaft­lich entwer­tet werden, wie Walter sagte. Außer­dem stehen demnach viele Klini­ken vor langfris­tig geplan­ten Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen oder Refor­men. «Aufgrund der Ankün­di­gung einer Krankenhaus-«Revolution» und der damit verbun­de­nen Unsicher­heit, droht nun ein Still­stand», warnte Walter. Der Bund müsse offen und ehrlich vorge­hen und eng mit den Klini­ken zusam­men­ar­bei­ten. «Die Kranken­häu­ser müssen buchstäb­lich von Betrof­fe­nen zu Betei­lig­ten werden», sagte Walter.

Die Kranken­haus­land­schaft in Deutsch­land soll nach dem Willen von Bund und Ländern grund­le­gend umgestal­tet werden. Im Mai 2022 nahm dazu eine Regie­rungs­kom­mis­si­on ihre Arbeit auf, um notwen­di­ge Refor­men anzuge­hen. Die Geset­zes­plä­ne sollen darauf zielen, das Klinik­netz in drei Versor­gungs­stu­fen einzu­ord­nen und entspre­chend zu finan­zie­ren — von der wohnort­na­hen Grund­ver­sor­gung über eine zweite Stufe mit weite­ren Angebo­ten bis zu Maximal­ver­sor­gern wie Universitätskliniken.

Aus Walters Sicht ist es «grund­falsch, den Struk­tur­wan­del schema­tisch von Berlin aus verord­nen zu wollen». Die Klinik­struk­tur unter­schei­de sich von Bundes­land zu Bundes­land, die Reform wirke sich daher auch nicht überall gleich stark aus. Baden-Württem­berg habe bereits heute die gerings­te Betten­dich­te im Bundes­ver­gleich und damit völlig andere Ausgangs­vor­aus­set­zun­gen als andere Länder. «Hätte Baden-Württem­berg eine Betten­aus­stat­tung auf dem Niveau des Bundes­durch­schnitts, gäbe es hierzu­lan­de 10.000 Kranken­haus­bet­ten oder 25 Kranken­häu­ser mit je 400 Betten mehr, und es müssten 1,6 Milli­ar­den Euro pro Jahr zusätz­lich aufge­wen­det werden», rechne­te Walter zusammen.

Wichtig sei es, noch vor einer Reform die Finan­zen der Kranken­häu­ser in Ordnung zu bringen, um eine Insol­venz­wel­le zu vermei­den. Auch müssten die Länder die Planungs­ho­heit behal­ten, fordert der Landkreis­tag in einem neuen Positi­ons­pa­pier zur Kranken­haus­re­form. Die Versor­gungs­stu­fen müssten überar­bei­tet werden und kleine­re Kranken­häu­ser in der Fläche mit ihren Fachab­tei­lun­gen erhal­ten bleiben, um den ärztli­chen Nachwuchs in der ambulan­ten Versor­gung zu sichern. «Aus diesen Häusern heraus wagt man den Schritt in die Nieder­las­sung», heißt es im Papier.

Außer­dem fordern die Kreise, dass bestehen­de Fachkli­ni­ken weiter eigen­stän­dig agieren können. «Es darf in diesem Bereich nicht zur Zwangs­in­te­gra­ti­on in Stand­or­te der allge­mei­nen Versor­gung kommen.»

Bund und Länder hatten am Donners­tag bereits zügige­re Fortschrit­te zugesagt. Dazu soll nun ein «Basis­vor­schlag» erarbei­tet werden, welche Konse­quen­zen sich aus Kernele­men­ten der Reform vor Ort ergeben. So solle man sehen können, welche Klini­ken profi­tier­ten oder in Proble­me kämen und wie Effek­te für die Versor­gungs­si­cher­heit seien. Außer­dem soll eine angestreb­te Zuord­nung von Klini­ken nach unter­schied­li­chen Leistungs­an­ge­bo­ten flexi­bler gehand­habt werden. Zugleich müssten jedoch Quali­täts­kri­te­ri­en klar definiert werden, um bestimm­te Leistun­gen überhaupt erbrin­gen zu können, sagte Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD).