BERLIN (dpa) — Liegt die Corona-Sommer­wel­le bald hinter uns? Das RKI konsta­tiert ein rückläu­fi­ges Infek­ti­ons­ge­sche­hen, gibt aber keine Entwar­nung. Der Gesund­heits­mi­nis­ter stellt sich Fragen zum Corona-Herbst.

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach sieht die Corona-Sommer­wel­le in Deutsch­land gebro­chen — aber keinen Grund zur Entwar­nung in der Pande­mie. «Die Sommer­wel­le fängt jetzt langsam an zurück­zu­ge­hen», sagte der SPD-Politi­ker am Freitag in Berlin. Es gebe einen «robus­ten Rückgang der Fallzah­len». Auch die Sterb­lich­keit gehe zurück. «Das gibt erst einmal Grund zur Freude. Das ist trotz­dem kein Grund für eine Entwar­nung.» Es sei zu erwar­ten, dass die Fallzah­len im Herbst wieder stark stiegen.

Man müsse außer­dem beden­ken, dass der Anteil der nicht regis­trier­ten Corona-Erkran­kun­gen gestie­gen sei, sagte Lauter­bach in der Bundes­pres­se­kon­fe­renz. «Die Dunkel­zif­fer steigt.» Das zeigten Daten des Robert Koch-Instituts.

Laut Lauter­bach gibt es «sehr gute Nachrich­ten» bei den Impfstof­fen. Es sei davon auszu­ge­hen, dass angepass­te Impfstof­fe bereits am 2. bezie­hungs­wei­se 28. Septem­ber ausge­lie­fert werden könnten. «Die Bundes­re­gie­rung hat beide Impfstof­fe in auskömm­li­cher Welle besorgt. Wir werden daher relativ früh auch belie­fert werden.» Die Impfkam­pa­gne könne dann zeitnah stattfinden.

Der Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter wies Kritik an der zusam­men mit Justiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) erarbei­te­ten Neufas­sung des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes zurück. Ab dem 1. Oktober könnten die Länder danach unabhän­gig von Inziden­zen in Innen­räu­men eine Masken­pflicht einfüh­ren. Sie müssten dies aber nicht, erläu­ter­te Lauter­bach. Aber: «Ich glaube, dass die Länder das alle machen werden, weil wir zum 1.10. wieder höhere Fallzah­len haben werden.»

Es sei auch nicht so, dass eine Impfung künftig nur noch drei Monate gelten werde, und dass man sich alle drei Monate impfen lassen müsse, beton­te Lauter­bach. Diese Frist für Ausnah­men von der Masken­pflicht in Innen­räu­men sei gewählt worden, weil Impfun­gen in diesem Zeitraum nach bestehen­der Auffas­sung gegen Anste­ckung schüt­zen. Gegen schwe­re Infek­ti­ons­ver­läu­fe schütz­ten sie viel länger. Sich alle drei Monate impfen zu lassen, wäre auch «medizi­nisch völlig unsinnig».

RKI sieht Zenit der Corona-Sommer­wel­le überschritten

Weil das Corona-Infek­ti­ons­ge­sche­hen zuletzt abgeflacht ist, sehen auch die Exper­ten des Robert Koch-Insti­tuts (RKI) den Zenit der Corona-Sommer­wel­le überschritten.

Die bundes­wei­te Sieben-Tage-Inzidenz sei in der vergan­ge­nen Woche nach dem bereits deutli­chen Rückgang in der Vorwo­che erneut um insge­samt 27 Prozent gesun­ken und in allen Bundes­län­dern und Alters­grup­pen rückläu­fig, geht aus dem RKI-Wochen­be­richt zu Covid-19 hervor. Zudem seien die Anzahl Sars-CoV-2-Infizier­ter mit Sympto­men einer akuten Atemwegs­in­fek­ti­on in Deutsch­land und die Zahl der Arztbe­su­che Infizier­ter gesun­ken, «so dass der aktuel­le Wellen­gip­fel überschrit­ten zu sein scheint». Dennoch: Für Entwar­nung ist es aus RKI-Sicht zu früh.

Außer­dem hätten Ausbrü­che in Pflege­hei­men tenden­zi­ell abgenom­men. Die Zahl der Kranken­haus­auf­nah­men von Menschen, die eine schwe­re akute Atemwegs­in­fek­ti­on und eine Covid-19-Diagno­se hatten, sei in der vergan­ge­nen Woche ebenso gesun­ken wie die Zahl der Patien­ten mit Covid-19-Diagno­se auf Inten­siv­sta­tio­nen, schrei­ben die Exper­ten. Auch bei den Todes­fäl­len in Verbin­dung mit dem Virus spricht das RKI zuletzt von einem Rückgang — in der vergan­ge­nen Woche mit 372 übermit­tel­ten Todes­fäl­len im Vergleich zu 444 in der Vorwoche.

Risiko für ältere Menschen am größten

Die Daten zeigten, dass auch bei schwer verlau­fen­den Erkran­kun­gen der Höhepunkt der aktuel­len Welle überschrit­ten schei­ne. Dabei seien Menschen im Alter von über 80 Jahren weiter­hin am stärks­ten von schwe­ren Krank­heits­ver­läu­fen betrof­fen, mahnen die RKI-Exper­ten. Der Rückgang der schwe­ren Erkran­kun­gen verlau­fe aktuell deutlich langsa­mer als dies bei den Gesamt­zah­len beobach­tet werde. Trotz der verbes­ser­ten Situa­ti­on in der vergan­ge­nen Woche bleibt der Infek­ti­ons­druck dem RKI zufol­ge in allen Alters­grup­pen hoch — und auch die Belas­tung des Gesundheitssystems.

Mit Blick auf die nächs­ten Wochen rechnet das Insti­tut mit einer «weiter­hin hohen Zahl an Hospi­ta­li­sie­run­gen, inten­siv­me­di­zi­nisch zu betreu­en­den Covid-19-Patien­tin­nen und ‑Patien­ten und Todes­fäl­len, insbe­son­de­re in höheren Alters­grup­pen». Entspre­chend ruft das RKI weiter dazu auf, die Empfeh­lun­gen zum Vermei­den von Anste­ckun­gen «unbedingt» einzu­hal­ten — und stellt erneut die große Wichtig­keit der Corona-Impfung heraus.

Mutatio­nen werden beobachtet

Die Omikron-Subli­nie BA.5 hat derweil dem Wochen­be­richt zufol­ge auf hohem Niveau noch etwas zugelegt und ist nach den aktuells­ten Daten in etwa 94 Prozent der positi­ven Proben gefun­den worden. Eine Ausbrei­tung der Omikron-Subli­nie BA.2.75, über deren Mutatio­nen sich manche Forscher zuletzt besorgt gezeigt hatten, wird laut RKI haupt­säch­lich in Indien und verschie­de­nen anderen Regio­nen weltweit beobach­tet. Hierzu­lan­de seien insge­samt fünf Nachwei­se bekannt.