Corona bestimmt auch am Wochen­en­de die Tages­po­li­tik. Shutdowns erschei­nen wieder möglich, Merkels drama­ti­scher Appell findet nicht nur Unter­stüt­zer. Und: Was sagen die Bürger zum Corona-Management?

«Es wird darauf ankom­men, wie sich die Bevöl­ke­rung verhält. Das ist wichti­ger als einzel­ne Maßnah­men. Viele Aufla­gen lassen sich ohnehin schwer überprü­fen», sagte der Medizi­ner den Zeitun­gen der Funke Mediengruppe.

Bei einer weiter­hin so schnel­len Ausbrei­tung des Corona­vi­rus rechnet Lauter­bach mit lokalen Shutdowns in Deutsch­land. «Es ist ganz simpel. Der R‑Wert liegt bei etwa 1,3. Wenn wir den nicht runter bekom­men, steigen die tägli­chen Fallzah­len inner­halb kürzes­ter Zeit so stark an, dass die Klini­ken und Gesund­heits­äm­ter überlau­fen werden. Dann kommen lokale Shutdowns.» Die auch R‑Wert genann­te Repro­duk­ti­ons­zahl gibt an, wie viele weite­re Menschen ein Infizier­ter ansteckt. Laut Lagebe­richt des Robert Koch-Insti­tuts von Samstag­abend lag der R‑Wert bei 1,4.

Am frühen Sonntag­mor­gen melde­te das Robert Koch-Insti­tut 5587 Corona-Neuin­fek­tio­nen in Deutsch­land, eine Woche zuvor waren es 3483 neue Fälle. Am Samstag war mit 7830 zum dritten Mal in Folge einen Höchst­wert erreicht worden. An Sonntag und Monta­gen sind die erfass­ten Fallzah­len meist niedri­ger, auch weil am Wochen­en­de nicht alle Gesund­heits­äm­ter Daten an das RKI übermitteln.

Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel hatte die Menschen angesichts sprung­haft gestie­ge­ner Corona-Infek­ti­ons­zah­len am Samstag aufge­for­dert, sozia­le Kontak­te zu beschrän­ken und weniger zu reisen. «Wir müssen jetzt alles tun, damit das Virus sich nicht unkon­trol­liert ausbrei­tet. Dabei zählt jetzt jeder Tag», sagte die CDU-Politi­ke­rin in ihrer wöchent­li­chen Videobotschaft.

Unter­stüt­zung für ihren Appell bekam die CDU-Politi­ke­rin von Bayerns Minis­ter­prä­si­den­ten Markus Söder. Der CSU-Chef sagte «Bild am Sonntag»: «Die Lage ist ernst. Wenn wir nicht rasch gegen­steu­ern, gerät Corona außer Kontrol­le. Wer zögert, riskiert einen zweiten Lockdown. Nie waren Umsicht, Vorsicht und Solida­ri­tät so wichtig wie jetzt.» Kritik kam hinge­gen von FDP-Chef Chris­ti­an Lindner, er sagte dem Blatt: «Wenn die Bundes­kanz­le­rin eine solche Drama­tik sieht, muss sie umgehend eine Regie­rungs­er­klä­rung abgeben. Ein Podcast ersetzt nicht die Debat­te im Bundes­tag, wenn es um Grund­rech­te geht.»

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans rief die jünge­re Genera­ti­on zu mehr Umsicht und Solida­ri­tät auf. «Da müssen wir dieser Genera­ti­on, die in unserer Gesell­schaft in vielen ethischen Fragen wie Klima­schutz oder inter­na­tio­na­le Konflik­te ein wichti­ger Mahner ist, ganz unmiss­ver­ständ­lich sagen: Es geht auch hier nicht nur um Euch, sondern Ihr gefähr­det mit Eurem Verhal­ten auch andere, beson­ders die Schwä­che­ren», sagte Walter-Borjans dem «Spiegel». Er beton­te zugleich, man solle «nicht einer ganzen Genera­ti­on schlech­ten Charak­ter unterstellen».

Sachsens Minis­ter­prä­si­dent Micha­el Kretschmer fordert im Kampf gegen das Corona­vi­rus eine stärke­re Unter­stüt­zung durch die Bundes­wehr in den Gesund­heits­äm­tern. «Wir sind in der exponen­ti­el­len Phase», sagte der CDU-Politi­ker der «Bild am Sonntag». «Wir müssen damit rechnen, dass sich die Zahl der Neuin­fek­tio­nen im Drei- oder Vier-Tages-Rhyth­mus verdop­pelt. Das bringt die Gesund­heits­äm­ter bei der Nachver­fol­gung von Kontak­ten positiv getes­te­ter Fälle an ihre Grenzen und wir können die Infek­ti­ons­ket­ten nicht mehr unterbrechen.»

Laut Kretschmer müssen die Gesund­heits­äm­ter dringend perso­nell aufge­rüs­tet werden. «Da muss die Bundes­wehr stärker einge­bun­den und Mitar­bei­ter aus den Landes­mi­nis­te­ri­en abgeord­net werden. Die Polizei muss den Ordnungs­äm­tern bei der Kontrol­le der Maßnah­men helfen.»

Mehr als zwei Drittel der Deutschen sind einer Umfra­ge zufol­ge mit dem Corona-Krisen­ma­nage­ment der Bundes­re­gie­rung tenden­zi­ell zufrie­den. 68 Prozent der Befrag­ten beurteil­ten die Führung in einer Umfra­ge des Meinungs­for­schungs­in­sti­tuts Kantar im Auftrag von «Bild am Sonntag» als «eher gut». Für 27 Prozent ist sie «eher schlecht». 4 Prozent antwor­te­ten mit «weiß nicht».

Am Samstag hatte das Bundes­prä­si­di­al­amt mitge­teilt, dass Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er sich in Quaran­tä­ne begeben habe. Einer seiner Bodyguards war positiv auf das Virus getes­tet worden. Ein erster Corona-Test bei dem Staats­ober­haupt fiel negativ aus. Stein­mei­er bleibe selbst­ver­ständ­lich weiter in Quaran­tä­ne, derzeit befin­de er sich in seiner Dienst­vil­la in Berlin-Dahlem, hieß es. In den kommen­den Tagen soll Stein­mei­er erneut getes­tet werden.