Die perso­nel­len und takti­schen Umstel­lun­gen von Joachim Löw griffen in Kroos’ 100. Länder­spiel nicht. Kai Havertz und Serge Gnabry rette­ten dem Löw-Team beim Tore-Festi­val im Geister­spiel nach einem 0:2‑Fehlstart zumin­dest noch das Remis. Der Bundes­trai­ner wird in den drei ausste­hen­den Spielen des Jahres unter noch größe­rer öffent­li­cher Beobach­tung stehen.

Mario Gavra­no­vic (5. und 57. Minute) und Remo Freuler (26.) nach einem fatalen Fehlpass von Kroos trafen für die robus­ten Gäste. Fabian Schär sah Gelb-Rot (90.+3). Timo Werner verkürz­te noch vor der Pause (28.), dann trafen Havertz (55.) und Gnabry (60.), der Bayern-Profi frech mit der Hacke. Wie vor knapp einer Woche gegen die Türkei reich­ten aber drei Tore nicht zum Sieg. Durch die 0:1‑Niederlage der Spani­er in der Ukrai­ne hat Deutsch­land als Tabel­len­zwei­ter aller­dings weiter alle Chancen auf den Gruppensieg.

«Nicht für die Kriti­ker», sondern für sich selbst sollte die DFB-Auswahl überzeu­gen, hatte Löw vor dem Anpfiff in der ARD gesagt. Nach den wenig gelun­gen Auftrit­ten zuletzt spiel­te statt einer Dreier- wieder eine Vierer­ket­te. Infol­ge der wieder folgen­schwe­ren Fehler in der Abwehr schau­te der Bundes­trai­ner zwischen­zeit­lich aber konster­niert ins fast leere Kölner Stadi­on. Nach nur knapp vier Minuten tauch­te der frühe­re Bayern-Profi Xherdan Shaqi­ri erstmals frei vor Manuel Neuer auf. Der Triple-Torhü­ter konnte zunächst stark klären, im Anschluss an die folgen­de Ecke stand die DFB-Abwehr aber wieder so unsor­tiert, dass Gavra­no­vic ohne Mühe zur Schwei­zer Führung köpfte.

Löw hatte im Vergleich zum 2:1 in der Ukrai­ne am Samstag Robin Gosens, Werner und Havertz in die Start­for­ma­ti­on beordert. Die Offen­siv­spie­ler rochi­er­ten viel, vor allem Torschüt­ze Havertz sorgte mit gelun­ge­nen Aktio­nen für Bewegung. In der Abwehr hatte das Löw-Team früh Riesen­glück, dass ein schwe­rer Patzer von Neuer nicht sofort zum zweiten Gegen­tor führte. Der Kapitän spiel­te einen Pass genau auf Haris Sefero­vic, der den Ball aber nicht perfekt weiter­lei­ten konnte (15.).

Löws Taktik mit einem zusätz­li­chen Offen­siv­spie­ler ging in der ersten Halbzeit gegen extrem aggres­siv anlau­fen­de Schwei­zer kaum auf. Joshua Kimmich, der sein 50. Länder­spiel absol­vier­te, versuch­te es aus der Distanz (22.), Werner schei­ter­te zunächst am Schwei­zer Torhü­ter Yann Sommer (25.). Der Fehlpass von Kroos leite­te den nächs­ten Schwei­zer Konter ein, den Freuler mit einem überleg­ten Lupfer über Neuer zum 2:0 der Gäste abschloss.

Die DFB-Elf hatte zwar Mühe, die wenigen Räume in der dichten, Bundes­li­ga-erprob­ten Abwehr der Schwei­zer zu finden. Dann aber erober­te der starke Havertz den Ball und leite­te direkt an Werner weiter, der die deutsche Mannschaft mit einem präzi­sen Schuss ins lange Eck im Spiel hielt. Es war das 13. DFB-Tor des Chelsea-Stürmers, das elfte in Pflicht­spie­len. «Das war jetzt ganz wichtig», kommen­tier­te Ex-Weltmeis­ter Basti­an Schwein­stei­ger am ARD-Mikrofon.

Im Anschluss kam die DFB-Elf zu weite­ren Möglich­kei­ten. Der Gladba­cher Sommer im Schwei­zer Tor war beim Fernschuss von Robin Gosens (35.) und beim Abschluss von Leon Goretz­ka (42.) zur Stelle. Kroos traf mit einem satten Links­schuss nur das Außen­netz (44.), der auffäl­li­ge Havertz zunächst den Pfosten (49.) — und dann nach starker Einzel­leis­tung ins Tor.

In der zweiten Halbzeit konnte die DFB-Elf vermehrt von der indivi­du­el­len Klasse der Offen­siv­spie­ler profi­tie­ren. Die fast unmit­tel­ba­re Antwort der Schwei­zer gegen die wieder unsor­tier­te DFB-Abwehr durch Gavra­no­vic konter­te Gnabry sehens­wert. Der einge­wech­sel­te Julian Draxler verfehl­te das Tor knapp (81.).