LONDON (dpa) — Die Krönungs­ze­re­mo­nie mit jahrhun­der­te­al­ten Tradi­tio­nen ist das Ereig­nis des Jahres im Verei­nig­ten König­reich. Zehntau­sen­de wollen in London dabei sein. Es gibt aber auch Kritik am Pomp und Glanz.

Vor der Krönung von König Charles III. und Königin Camil­la strömen Zehntau­sen­de Royal-Fans ins Zentrum von London. Sie hoffen, einen Blick auf das Königs­paar zu erhaschen, das am Vormit­tag in einer reich verzier­ten Kutsche vom Bucking­ham Palast zur Westmins­ter Abbey fahren wird. Hunder­te verbrach­ten bereits die Nacht entlang der Pracht­stra­ße The Mall, um gute Plätze zu ergat­tern. Einige Hartge­sot­te­ne campier­ten dort bereits seit Tagen. Viele trugen Hüte, Brillen, Perücken oder Kleidung in den Farben der briti­schen Flagge.

Charles ist bereits seit dem Tod seiner Mutter am 8. Septem­ber 2022 König. Die Krönung symbo­li­siert ledig­lich seine Amtsüber­nah­me. Es ist die erste Krönung eines briti­schen Monar­chen seit 70 und die erste eines Königs seit 86 Jahren.

Gäste aus mehr als 200 Ländern

Bei der Prozes­si­on, die um 11.20 Uhr (MESZ) am Bucking­ham-Palast starten soll, wird das Königs­paar in der moder­nen «Diamond Jubilee State Coach» kutschiert. Sie soll um 11.53 Uhr (MESZ) an der Kirche ankom­men, in der Charles und Camil­la dann gekrönt werden. Mehr als 2300 Gäste werden den Gottes­dienst in der Kirche verfol­gen, dazu Millio­nen an den Bildschir­men. Erwar­tet werden Vertre­ter aus 203 Ländern, davon etwa 100 Staats­chefs. Für Deutsch­land nimmt Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er teil.

Die berühm­te Kirche, in der im Septem­ber das Staats­be­gräb­nis für Charles’ Mutter Queen Eliza­beth II. statt­fand, öffnet ihre Türen bereits Stunden vor Beginn der Zeremo­nie. Dort nimmt der Erzbi­schof von Canter­bu­ry, Justin Welby, den 74-jähri­gen Charles und die 75-jähri­ge Camil­la später in Empfang.

Vertre­ter anderer Religio­nen in Krönung eingebunden

Das geist­li­che Oberhaupt der Angli­ka­ni­schen Kirche würdig­te die bevor­ste­hen­de Krönung als Symbol des moder­nen Großbri­tan­ni­en. Sie diene als «kraft­vol­le Refle­xi­on und Feier dessen, wer wir heute sind, in all unserer wunder­ba­ren Vielfalt», sagte Welby einer Mittei­lung zufol­ge. Erstmals werden auch Vertre­ter anderer Religio­nen bei der Krönung eine wichti­ge Rolle spielen. Premier­mi­nis­ter Rishi Sunak sagte, die Zeremo­nie sei nicht nur ein Spekta­kel, sondern «stolzer Ausdruck» der briti­schen Geschich­te und «Moment außer­ge­wöhn­li­chen natio­na­len Stolzes».

Der Gottes­dienst folgt jahrhun­der­te­al­ten Tradi­tio­nen. Höhepunk­te sind die Salbung des Königs mit geweih­tem Öl, die wegen ihrer sakra­len Bedeu­tung als einzi­ger Moment nicht von Kameras erfasst wird, und bald darauf die Krönung selbst. Dabei setzt der Erzbi­schof dem Monar­chen die schwe­re, golde­ne Edwards­kro­ne aufs Haupt. Anschlie­ßend schwö­ren der Geist­li­che sowie Thron­fol­ger Prinz William Charles die Treue. Dass die Church of England auch die Bevöl­ke­rung zu einem lautstar­ken Treue­schwur ermun­ter­te, stieß aller­dings auf Spott. Nach Charles wird in einer kürze­ren Zeremo­nie auch Camil­la gekrönt.

Jubel vor dem Balkon

Mit großem Pomp und beglei­tet von Tausen­den Militär­an­ge­hö­ri­gen kehrt das Paar anschlie­ßend in einer weite­ren, der Golde­nen Staats­kut­sche, zum Bucking­ham-Palast zurück. Dort zeigen sich die beiden gemein­sam mit dem engsten Famili­en­kreis vom Balkon aus dem Volk. Charles’ jünge­rer Sohn Prinz Harry und sein Bruder Prinz Andrew, die an der Krönung teilneh­men, werden dann nicht dabei sein. Sie haben vor Jahren ihre royalen Pflich­ten abgelegt. Harry will zudem rasch zu seinem Sohn Prinz Archie in die USA zurück­keh­ren, der am Samstag seinen vierten Geburts­tag feiert.

Ob ein geplan­ter Überflug von Kunst­flie­gern der briti­schen Luftwaf­fe statt­fin­det, war noch offen. Mögli­cher­wei­se verhin­dert schlech­tes Wetter das Manöver.

Kritik an den Kosten

Im Vergleich zur Krönung seiner Mutter Queen Eliza­beth II. vor 70 Jahren gibt es bei Charles einige Änderun­gen. So waren 1953 etwa mit gut 8000 Gästen deutlich mehr Menschen dabei. Die Prozes­si­ons­rou­te von der Kirche zurück zum Bucking­ham-Palast war damals zudem viel länger. Charles will die Monar­chie verschlanken.

Aller­dings gibt es Kritik, die Kosten aus der Staats­kas­se von rund 250 Millio­nen Pfund (286 Millio­nen Euro) für Sicher­heit und Zeremo­nie seien angesichts steigen­der Preise für Energie und Lebens­mit­tel viel zu hoch. Umfra­gen zufol­ge inter­es­siert sich zudem eine Mehrheit der Menschen im Verei­nig­ten König­reich nicht für die Krönung. Unter den Warten­den im Londo­ner Stadt­zen­trum versam­mel­te sich am Morgen auch eine kleine Gruppe von antimon­ar­chis­ti­schen Demons­tran­ten. Einige trugen ein großes Trans­pa­rent, auf dem «Schafft die Monar­chie ab» stand.

Die letzte Nacht vor der Zeremo­nie verbrach­ten Charles und Camil­la nicht im Bucking­ham-Palast. Das Paar habe im Clarence House zu Abend geges­sen, der offizi­el­len Residenz des briti­schen Thron­fol­gers, verlau­te­te in der Nacht zum Samstag aus dem Palast. Am Morgen wollten Camil­la und Charles in ihr Londo­ner Stadt­schloss zurückkehren.