FRANKFURT/MAIN (dpa) — Wegen des Warnstreiks am Boden fallen am Mittwoch nahezu alle Lufthan­sa-Flüge in Deutsch­land aus. Der Ausstand werde noch länge­re Auswir­kun­gen haben, warnt die Airline.

Die Lufthan­sa streicht wegen des Verdi-Warnstreiks am Mittwoch nahezu das gesam­te Programm an ihren deutschen Drehkreu­zen Frank­furt und München. Zu Flugab­sa­gen werde es bereits an diesem Diens­tag sowie am Donners­tag und Freitag kommen, teilte das Unter­neh­men in Frank­furt mit. Insge­samt sollen mehr als 1000 Flüge ausfal­len mit 134.000 betrof­fe­nen Passagieren.

Die Gewerk­schaft Verdi hat die rund 20.000 Boden­be­schäf­tig­ten zu flächen­de­cken­den Arbeits­nie­der­le­gun­gen aufge­ru­fen, um Druck in den laufen­den Gehalts­ver­hand­lun­gen aufzu­bau­en. Lufthan­sa-Perso­nal­vor­stand Micha­el Nigge­mann kriti­sier­te das Vorge­hen: «Die frühe Eskala­ti­on nach nur zwei Verhand­lungs­ta­gen in einer bislang konstruk­tiv verlau­fen­den Tarif­run­de richtet enorme Schäden an. Das betrifft vor allem unsere Fluggäs­te in der Haupt­rei­se­zeit. Und es belas­tet unsere Mitar­bei­ten­den in einer ohnehin schwie­ri­gen Phase des Luftver­kehrs zusätz­lich stark.»

Betrof­fen sind neben den Drehkreu­zen Frank­furt und München auch Düssel­dorf, Hamburg, Berlin, Bremen, Hanno­ver, Stutt­gart und Köln. Der Lufthan­sa-Konzern unter­hält dort meist kleine­re Einhei­ten, die ihre Dienst­leis­tun­gen auch anderen Airlines anbie­ten. In Bayern ist am Freitag der letzte Schul­tag vor den Sommerferien.

Passa­gie­re ohne Umbuchun­gen sollten nicht zu den Flughä­fen kommen, weil dort «nur wenige oder gar keine» Service­schal­ter geöff­net sein werden, warnte das Unternehmen.

Im Netz beschwer­ten sich Passa­gie­re über kurzfris­ti­ge Absagen von Inter­kon­ti­nen­tal­flü­gen in die USA oder nach Hongkong. Das sind in aller Regel die letzten Flüge, die Lufthan­sa im Streik­fall streicht. Lufthan­sa warnte Umstei­ger davor, ohne Anschluss­flug an die deutschen Drehkreu­ze zu fliegen. Es bestehe die Gefahr, dass die Gäste dort für mehre­re Stunden oder Tage nicht weiter­rei­sen könnten.

Der ganztä­gi­ge Ausstand soll am Mittwoch­mor­gen um 03.45 Uhr begin­nen, wie Verdi bekannt­ge­ge­ben hat. Aufge­ru­fen sind ganz unter­schied­li­che Beschäf­tig­ten­grup­pen wie das Schal­ter­per­so­nal, Flugzeug­tech­ni­ker oder die Fahrer der riesi­gen Schlep­per, die Flugzeu­ge am Flugha­fen auf die richti­gen Positio­nen schie­ben. Ohne diese Dienst­leis­tun­gen können die Jets ebenso wenig abheben wie ohne Piloten oder Kabinenpersonal.

Der erste Streik bei Lufthan­sa nach dem Corona-Schock kommt vor dem Hinter­grund eines teilwei­se chaotisch verlau­fe­nen Neustarts der Branche. Perso­nal­eng­päs­se und eine starke Urlaubs­nach­fra­ge haben schon ohne Streiks zu erheb­li­chen Abfer­ti­gungs­pro­ble­men in diesem Sommer geführt. Verdi macht dafür vor allem Missma­nage­ment bei Flughä­fen und Airlines verant­wort­lich. Der Lufthan­sa-Airline-Chef Jens Ritter sieht hinge­gen die erreich­ten Fortschrit­te durch die Streik­an­kün­di­gung in Frage gestellt. Der Ausstand werde Kunden und Perso­nal über den Streik­tag hinaus belas­ten, sagte Ritter auf der Platt­form LinkedIn.

Lufthan­sa hat nach eigenen Angaben bei einer Laufzeit von 18 Monaten eine zweistu­fi­ge pauscha­le Gehalts­er­hö­hung um zusam­men 250 Euro angebo­ten, zu der ab Juli kommen­den Jahres noch eine gewin­n­ab­hän­gi­ge Steige­rung um 2 Prozent käme. Bei einem monat­li­chen Grund­ge­halt von 3000 Euro ergäbe sich daraus eine Steige­rung von 9 bis 11 Prozent, rechne­te das Unter­neh­men vor. Verdi-Verhand­lungs­füh­re­rin Chris­ti­ne Behle bezeich­ne­te das Beispiel als «schön­ge­rech­net». Für andere Gehalts­be­rei­che betra­ge die Steige­rung nur rund vier Prozent und bringe damit für die Beschäf­tig­ten Reallohn­ver­lus­te, sagte sie «Stutt­gar­ter Zeitung» und «Stutt­gar­ter Nachrich­ten» (Diens­tag). Die Gewerk­schaft fordert bei 12 Monaten Laufzeit 9,5 Prozent mehr Geld in den Lohnta­bel­len, mindes­tens aber 350 Euro.