BERLIN (dpa) — Liefer­eng­päs­se kommen nicht nur bei Blutdruck­sen­kern und Krebs­me­di­ka­men­ten vor, auch Antibio­ti­ka-Säfte für Kinder sind betrof­fen. Apothe­ker sprechen von einer katastro­pha­len Situation.

Wegen eines Versor­gungs­man­gels bei antibio­ti­ka­hal­ti­gen Säften für Kinder sind dafür vorerst flexi­ble­re Vorga­ben möglich. Mit der Bekannt­ma­chung des Mangels im Bundes­an­zei­ger am vergan­ge­nen Diens­tag werde es Landes­be­hör­den ermög­licht, flexi­bler auf Liefer­eng­päs­se zu reagie­ren, teilte das Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um am Donners­tag in Berlin mit. Dieser Mecha­nis­mus habe in Kraft gesetzt werden können, weil beim Bundes­in­sti­tut für Arznei­mit­tel und Medizin­pro­duk­te eine Art Frühwarn­sys­tem einge­rich­tet sei.

Die Feststel­lung eines Versor­gungs­man­gels durch das Minis­te­ri­um ist Voraus­set­zung dafür, dass Landes­be­hör­den im Einzel­fall und befris­te­tet von Vorga­ben des Arznei­mit­tel­ge­set­zes abwei­chen dürfen, wie es in einer generel­len Erläu­te­rung des Bundes­in­sti­tuts heißt. Zum Beispiel dürften Behör­den Chargen von Arznei­mit­teln freige­ben, auch wenn sie nicht die letzt­ge­neh­mig­te Versi­on der Packungs­bei­la­ge haben. Der Deutsche Apothe­ker­ver­band sprach von einem überfäl­li­gen Schritt und forder­te von den Behör­den möglichst wenig Bürokratie.

Oft keine Alter­na­ti­ve verfügbar

In der Bekannt­ma­chung des Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums vom 25. April heißt es, bei den antibio­ti­ka­hal­ti­gen Säften hande­le es sich um Arznei­mit­tel, die zur Vorbeu­gung oder Behand­lung lebens­be­droh­li­cher Erkran­kun­gen einge­setzt würden. Für diese Arznei­mit­tel stehe oftmals keine alter­na­ti­ve gleich­wer­ti­ge Arznei­mit­tel­the­ra­pie zur Verfü­gung. Das Minis­te­ri­um will bekannt machen, wenn der Versor­gungs­man­gel nicht mehr vorliegt.

Das Frühwarn­sys­tem soll mit einem Gesetz­ent­wurf ausge­baut werden, den das Kabinett Anfang April auf den Weg gebracht hat, erläu­ter­te das Minis­te­ri­um. Ressort­chef Karl Lauter­bach (SPD) hatte dazu deutlich gemacht, dass damit Reakti­ons­me­cha­nis­men verbes­sert werden sollen. Liefer­eng­päs­se wie im jüngs­ten Winter sollten so vermie­den werden.

«Antibio­ti­ka sind lebens­wich­ti­ge Arznei­mit­tel, aber die Liefer­si­tua­ti­on ist derzeit katastro­phal», kriti­sier­te der Vorsit­zen­de des Deutschen Apothe­ker­ver­ban­des, Hans-Peter Hubmann. Trotz großen Aufwands werde es für die Apothe­ken immer schwie­ri­ger, ihre Patien­tin­nen und Patien­ten in akuten Situa­tio­nen zu versor­gen. «Bei behan­del­ba­ren Krank­hei­ten wie Schar­lach muss teilwei­se auf Reser­ve-Antibio­ti­ka zurück­ge­grif­fen werden, die eigent­lich nur in bestimm­ten Ausnah­me­fäl­len einge­setzt werden sollten, wenn Resis­ten­zen gegen Standard-Antibio­ti­ka auftreten.»

Das Feststel­len des Versor­gungs­eng­pas­ses für Antibio­ti­ka-Säfte für Kinder sei längst überfäl­lig, sagte Hubmann. «Die Länder­be­hör­den müssen nun schnell und entschlos­sen handeln – und ihren gesetz­li­chen Ermes­sens­spiel­raum nutzen.» Es komme darauf an, zusätz­li­chen bürokra­ti­schen Aufwand zu vermei­den, wenn man auf Ersatz­prä­pa­ra­te auswei­chen könne – etwa durch Einzel­im­por­te aus anderen Ländern.