STUTTGART (dpa/lsw) — Von der Couch aus einen neuen Perso­nal­aus­weis beantra­gen, das Auto zulas­sen oder sogar von zu Hause aus wählen — was in anderen Ländern schon längst Alltag ist, steckt in Deutsch­land noch immer in den Kinder­schu­hen. Die Landkrei­se wollen schnel­ler vorankommen.

Die Landkrei­se in Baden-Württem­berg fordern mehr Tempo bei der Digita­li­sie­rung der Verwal­tung. «Wir müssen jetzt richtig Gas geben», sagte der Präsi­dent des Landkreis­tags, Joachim Walter (CDU), der Deutschen Presse-Agentur in Stutt­gart. Vor allem im inter­na­tio­na­len Vergleich komme Deutsch­land deutlich zu langsam voran. Er pocht darauf, dass sich Land und Kommu­nen auf ein verbind­li­ches Zielbild festle­gen. Wichtig sei vor allem, sich die komplet­te Digita­li­sie­rung des Verwal­tungs­pro­zes­ses zum Ziel zu setzen. «Es ist doch ein Armuts­zeug­nis, wenn Anträ­ge, die online einge­reicht werden, erst einmal ausge­druckt werden müssen, bevor sie weiter­be­ar­bei­tet werden können», sagte Walter, der Landrat des Landkrei­ses Tübin­gen ist.

Aus Sicht der Landkrei­se braucht es digita­li­sier­te Verfah­ren, um als Verwal­tun­gen effizi­en­ter zu werden — «was angesichts des massi­ven Fachkräf­te­man­gels dringend erfor­der­lich ist», sagte Walter. Und es gehe auch ums Geld. Es müssen zwischen Land und Kommu­nen geregelt werden, wie die Digita­li­sie­rung der Verwal­tung flächen­de­ckend ausge­rollt und nachhal­tig finan­ziert werden könne. «Wir brauchen dringend eine aktua­li­sier­te E‑Govern­ment-Verein­ba­rung zwischen Land und Kommu­nen», forder­te Walter.

Digita­li­sie­rung müsse als langfris­ti­ges Projekt gedacht werden — auch finan­zi­ell, heißt es in einem Positi­ons­pa­pier des Landkreis­tags. «Die Mittel müssen langfris­tig zur Verfü­gung gestellt werden», schrei­ben die Landrä­tin­nen und Landräte.

Ein Sprecher des Innen­mi­nis­te­ri­ums vertei­dig­te den 2019 geschlos­se­nen E‑Govern­ment-Pakt. «In anderen Ländern müssen die Kommu­nen die Digita­li­sie­rung ihrer Verwal­tungs­leis­tun­gen allei­ne bewäl­ti­gen», sagte er. Man werde «Hand in Hand mit unseren kommu­na­len Partnern» die anste­hen­den Aufga­ben lösen. «Es ist unser gemein­sa­mes Inter­es­se, in dem Bereich noch schnel­ler voranzukommen.»

Ein Beispiel für gelun­ge­ne Digita­li­sie­rung sei etwa ein Modell­pro­jekt zur Kfz-Zulas­sung im Landkreis Heilbronn. Dort können Bürge­rin­nen und Bürger und Unter­neh­men ab Septem­ber ihre Fahrzeu­ge komplett digital zulas­sen — und auch sofort losfah­ren. Bislang müssen die Halter ihr Auto so lange stehen lassen, bis ihnen Fahrzeug­brief und Fahrzeug­schein per Post zugesandt wurden. Ab Septem­ber soll eine digita­le Beschei­ni­gung die Zeit überbrü­cken, bis die Unter­la­gen angekom­men sind. Nach Angaben des Innen­mi­nis­te­ri­ums werden auch andere Zulas­sungs­be­hör­den dem Heilbron­ner Vorbild folgen.