HAMBURG/FRANKFURT (dpa) — Gutes darf auch teuer sein: Unter Millio­nä­ren beflü­gelt die Corona-Pande­mie die Sehnsucht nach dem kusche­li­gen Luxus­heim — gern als Zweitwohnsitz.

Die Corona-Pande­mie hat das Geschäft mit teuren Luxus­wohn­sit­zen in Europa beflü­gelt. Immobi­li­en­mak­ler und ‑fachleu­te melden stark gestie­ge­nes Inter­es­se der finanz­kräf­ti­gen Kundschaft. So berich­tet das in gut 30 Ländern tätige Hambur­ger Makler­un­ter­neh­men Engel & Völkers, dass es 2021 im Vergleich zum ersten Krisen­jahr 2020 fast doppelt so viele Anwesen (plus 97 Prozent) im Preis­seg­ment zwischen 5 und 10 Millio­nen Euro vermittelte.

«Vor allem bei Premi­um­im­mo­bi­li­en ab zwei Millio­nen Euro haben wir eine deutlich höhere Nachfra­ge», sagt Ralph Kunz, Direk­tor Premi­um Manage­ment bei von Poll Immobi­li­en in Frank­furt. Bei Spitzen­prei­sen komme es insbe­son­de­re auf die Lage und das Maß an Privat­sphä­re an. «Hier gehen die Preise auch schon mal in den zweistel­li­gen Millio­nen­be­reich für frei stehen­de Häuser und Villen in den Toplagen.»

Das bestä­tigt ein Fachmann, der selbst keine Immobi­li­en vermit­telt: «Wir haben einen sehr, sehr starken Markt bei Luxus­im­mo­bi­li­en», sagt Stephan Kippes, der Markt­for­scher des Immobi­li­en­ver­bands IVD Süd in München. Kippes sieht maßgeb­lich einen Faktor am Werk, der den Immobi­li­en­markt seit Jahren beflü­gelt: Dauer­tief- und Straf­zin­sen machen viele andere Kapital­an­la­gen nicht sehr rentier­lich. «Dieses Geld wabert durch den Markt», sagt Kippes.

Dabei sind teure Wohnsit­ze häufig nicht als reine Kapital­an­la­ge gedacht: «Ferien­woh­nun­gen und Luxus­im­mo­bi­li­en sind sehr häufig selbst genutzt», sagt Kippes. «Man gönnt sich das, und hat dann noch den Effekt der Wertsteigerung.»

Die Preise sind von Land zu Land sehr unter­schied­lich. «Während die Spitzen­prei­se im Premi­um­seg­ment in Hamburg beispiels­wei­se bis zu 30.000 Euro pro Quadrat­me­ter reichen und damit an das inter­na­tio­na­le Niveau von Paris mit 35.000 Euro pro Quadrat­me­ter anknüp­fen, liegen die Preise in Itali­en bei 9000 Euro in der Spitze», berich­tet Engel & Völkers-Vorstands­chef Sven Odia.

Auf dem deutschen Markt für Zweit­wohn­sit­ze und Ferien­woh­nun­gen spielen auslän­di­sche Käufer demnach keine dominan­te Rolle, anders als häufig angenom­men bezie­hungs­wei­se von vielen Altein­ge­ses­se­nen befürch­tet. In Wahrheit verhält sich dies demnach eher anders­her­um: Reiche Deutsche, Schwei­zer und Öster­rei­cher gehen in Ferien­re­gio­nen außer­halb der eigenen Grenzen auf die Suche, beson­ders im Mittelmeerraum.

«In Griechen­land stammen die meisten Käufer aus der DACH-Region, gefolgt von Inter­es­sen­ten aus Frank­reich und UK», sagt Odia. Auf Mallor­ca kommt demnach die Mehrheit der auslän­di­schen «Suchkun­den» aus Deutsch­land — 66 Prozent. In weitem Abstand folgen Briten mit 9 Prozent.

Corona lässt mittler­wei­le auch die Grenze zwischen Erst- und Zweit­wohn­sitz verschwim­men: «Immobi­li­en in Zweit­wohn­sitz­märk­ten sind gefragt wie nie zuvor», sagt Odia. «Beson­ders im Luxus­seg­ment beobach­ten wir infol­ge der Corona-Pande­mie den Trend zum Homeof­fice im Zweitwohnsitz.»

Viele Kunden verbräch­ten nun mehr Zeit in ihren Zweit­wohn­sit­zen und betrach­te­ten diese nicht mehr nur als Rendi­te­ob­jekt, oder als zweites Zuhau­se für wenige Wochen im Jahr. «Somit werden klassi­sche Zweit­wohn­sitz­märk­te und mediter­ra­ne Ferien­de­sti­na­tio­nen zuneh­mend zu Erstwohnsitzmärkten.»

Voraus­set­zun­gen sind eine gute Infra­struk­tur und schnel­les Inter­net, wie Exper­te Kunz berich­tet. Die hohe Infla­ti­on spiele ebenfalls eine Rolle. «Vor allem Kapital­an­le­ger und auch vermö­gen­de Kunden betrei­ben Infla­ti­ons­si­che­rung durch Immobi­li­en­er­werb», sagt Kunz. Der Markt­preis der Immobi­lie steige mit der Infla­ti­on, der Kredit­be­trag nehme aber ab und sinke prozen­tu­al gesehen zum Markt­preis. «Immobi­li­en sind gegen­über Aktien immer häufi­ger als stabi­le und krisen­si­che­re Anlage­mög­lich­keit bevorzugt.»

Beliebt ist aber keines­wegs nur die Finca auf Mallor­ca. «Zweit­wohn­sit­ze in belieb­ten Ferien­re­gio­nen in Deutsch­land sind bereits seit Anfang 2021 ein Dauer­the­ma», sagt Kunze. Das hat nachvoll­zieh­ba­re Gründe, wie Markt­for­scher Kippes erläu­tert: «Da kann man auch in Corona-Zeiten noch relativ problem­los hinfinden.»

Dabei sind Zweit- und Ferien­wohn­sitz­käu­fer in vielen deutschen Ferien­or­ten nicht sehr willkom­men, eben so wie es in Tirol und Salzburg Vorbe­hal­te gegen deutsche Käufer gibt. Denn einer­seits steigen die Preise. Gleich­zei­tig geht Wohnraum für die weniger zahlungs­kräf­ti­ge einhei­mi­sche Bevöl­ke­rung verloren.

Ein Beispiel sind die Bayeri­schen Alpen. Sehr viele Gemein­den entlang des Alpen­rands erheben inzwi­schen Zweit­woh­nungs­steu­er, wie ein Sprecher des Bayeri­schen Gemein­de­tags sagt. Die Verwal­tun­gen weisen wenig Bauland aus, und wenn, dann oft nur für Einhei­mi­sche. Beson­ders deutlich wird das in Berch­tes­ga­den: Wer dort Wohnun­gen oder Hotel- und Pensi­ons­zim­mer als Zweit­wohn­sitz nutzen will, muss sich das eigens geneh­mi­gen lassen, sofern die Räume mehr als die Hälfte des Jahres leer stehen.

Von Carsten Hoefer und Alexan­der Sturm, dpa