LIBOURNE (dpa) — Die Tour-Etappe war präde­sti­niert für ein Sprint-Finale, doch eine Ausrei­ßer­grup­pe springt davon. Für Merckx-Jäger Caven­dish bleibt damit nur eine Chance in Paris.

André Greipel war auch an seinem Geburts­tag in der Zuschau­er­rol­le, Rekord­jä­ger Mark Caven­dish muss mindes­tens bis Sonntag auf die ersehn­te Nummer 35 warten: Die Sprint-Routi­niers sind bei der 19. Etappe der Tour de France leer ausge­gan­gen und müssen nun all ihre Hoffnun­gen auf das große Finale in Paris setzen.

Auf den 207 Kilome­tern von Mourenx nach Libourne siegte am Freitag statt­des­sen der Slowe­ne Matej Mohoric aus einer 20-köpfi­gen Flucht­grup­pe heraus, die sich über 100 Kilome­ter vor dem Ziel gebil­det und vom Haupt­feld am Ende um die 20 Minuten abgesetzt hatte.

Sprint-Routi­niers gehen leer aus

«King Cav», der im Laufe dieser Tour mit Rad-Legen­de Eddy Merckx gleich­ge­zo­gen hatte, bekam nach Fougè­res, Château­roux, Valence und Carcas­son­ne keine fünfte Chance in einem Massen­fi­na­le, die er zuvor allesamt für sich entschie­den hatte. Der fünfma­li­ge Gesamt­sie­ger Merckx hatte vorab bereits relati­viert: «Man kann das nicht verglei­chen. Ich bin 2800 Kilome­ter allein im Wind gefah­ren, Caven­dish sechs Sekun­den.» Vor dem Start der 19. Etappe hatten sich die Beiden aber herzlich umarmt.

Auch der seit diesem Freitag 39 Jahre alte Greipel, dessen Team den Sprung in die Flucht­grup­pe verschlief, muss bis zur 21. und letzten Etappe warten. Das Geburts­tags­kind hat bisher noch keinen Podest­platz bei der laufen­den Tour eingefahren.

Mohoric siegt nach mutiger Attacke

Am Freitag schlug aber die Stunde der Ausrei­ßer. Nach tagelan­ger Pyrenä­en-Qual war es diesmal Mohoric, der sich mit einer mutigen Attacke aus der Gruppe durch­setz­te. Chris­to­phe Lapor­te aus Frank­reich und der Däne Casper Peder­sen schaff­ten es aufs Tages­po­dest. Trotz der schwe­ren Woche rausch­te das Feld mit hoher Geschwin­dig­keit durch Frank­reich und kam deutlich früher ins Ziel als von den Organi­sa­to­ren erwar­tet. Mohoric gewann seine zweite Etappe bei dieser Tour, sein Lands­mann Tadej Pogacar hat drei weite­re Teilstü­cke gewonnen.

Die diesjäh­ri­ge Tour ist zudem weiter geprägt von vorzei­ti­gen Ausstie­gen zuguns­ten der Olympi­schen Spiele in Tokio. Nach dem Nieder­län­der Mathieu van der Poel, der nach dem Verlust des Gelben Trikots in den Alpen bereits ein Ende setzte, und dem Italie­ner Vincen­zo Nibali am zweiten Ruhetag verlie­ßen nun auch Miguel Angel Lopez und Micha­el Woods das Rennen. Der Kolum­bia­ner und der Kanadi­er wollen vor der Japan-Reise regene­rie­ren und sahen nach Abschluss der Pyrenä­en-Qual keinen Sinn mehr darin, zwei Flach­etap­pen und ein Zeitfah­ren zu bestreiten.

Defini­tiv bis Paris durch­zie­hen wird Gelb-Träger Pogacar, der mit einem großen Vorsprung ins Zeitfah­ren am Samstag geht. Passiert dem starken Slowe­nen am Final­wo­chen­en­de nichts mehr, wird er wie 2020 neben dem Sieger­tri­kot auch das Weiße Trikot des besten Jungpro­fis und das gepunk­te­te Trikot des besten Bergfah­rers erobern. Im Kampf gegen die Uhr geht es nur noch darum, wer Pogacar am Sonntag im Zentrum von Paris aufs Podium beglei­ten darf.

Auf dem Schluss­stück bis Paris dürfte es dann wieder maßgeb­lich um die Rekord­jagd von Routi­nier Caven­dish gehen. Gewinnt der Brite auf den legen­dä­ren Champs-Élysées, gehört ihm nicht nur das Grüne Trikot des besten Sprin­ters, sondern mit dann 35 Tages­er­fol­gen auch der Etappen­re­kord der Tour, den zuvor mehre­re Jahrzehn­te Belgi­ens Legen­de Eddy Merckx mit 34 Siegen hielt. Auch auf Deutsch­lands Routi­nier Greipel wartet dann die letzte Chance.

Von Patrick Reichardt und Tom Bachmann, dpa