Ein Kuss und eine Umarmung zum Abschied — das war der letzte Kontakt der Mutter des vor einem Jahr unter grausi­gen Umstän­den getöte­ten Mädchens in Baden-Baden. Vor dem Landge­richt hat sie eine bewegen­de Aussa­ge gemacht. Per Video­über­tra­gung, damit sie nicht mit dem Angeklag­ten konfron­tiert werden musste, schil­der­te die 35-jähri­ge Pflege­kraft am Donners­tag vor dem Landge­richt den letzten Tag mit ihrer Tochter.

Vor Gericht muss sich der Vater vom Spiel­platz­freund des Mädchens unter anderem wegen Mordes verant­wor­ten. Der 34-Jähri­ge soll die Sechs­jäh­ri­ge in der Nacht zum 19. Dezem­ber vergan­ge­nen Jahres mit einem Messer getötet und sich an der Leiche vergan­gen haben. Das Plädoy­er der Staats­an­walt­schaft fand am Donners­tag unter Ausschluss der Öffent­lich­keit statt, wie große Teile des Prozesses.

Die Sechs­jäh­ri­ge hatte schon zweimal davor mit anderen Kindern bei dem Spiel­platz­freund übernach­tet. Die Kinder mochten sich, die Mutter kannte den Vater vom Spiel­platz. Der Angeklag­te sei durch sein nettes Verhält­nis zum Sohn aufge­fal­len, er galt als zuver­läs­sig und: «Alle Kinder haben ihn geliebt», erinner­te sich die Mutter des Mädchens.

Die Übernach­tung beim Spiel­platz­freund sei nicht geplant gewesen. Aber als sich die Kinder auf dem India­ner-Spiel­platz trafen, hätten sie so gebet­telt, dass die Sechs­jäh­ri­ge beim gleich­alt­ri­gen Freund übernach­ten dürfe. «Ich habe mich überre­den lassen», so die Mutter.

«Ich habe ihr einen letzten Kuss gegeben», sagte sie unter Tränen. «Ich habe sie umarmt und ihr gesagt, dass wir uns morgen wieder­se­hen.» Sie sah ihr Kind nicht lebend wieder. Die Mutter wollte am nächs­ten Tag ihre Tochter abholen, weil der Vater des Jungen diese nicht wie verab­re­det nach Hause gebracht hatte.

Weil sie den angeklag­ten Gastva­ter schon am Abend zuvor weder per Whats­app noch telefo­nisch erreicht hatte, habe sie sich Sorgen gemacht. Als sie von einer Nachba­rin am Morgen hörte, dass es in dem Haus gebrannt hatte und davor eine große Blutla­che sah, habe sie einen «Black­out» bekom­men. Dass ihre Tochter tot war und auf grausa­me Weise starb, erfuhr sie erst später. An sich, so erzähl­te die Mutter, hätte die Tochter an dem Wochen­en­de zum getrennt von ihr leben­den Vater kommen sollen. Der habe aber was anderes vorgehabt.

Der Angeklag­te soll das Mädchen erst getötet, im Intim­be­reich verstüm­melt und sich dann an der Kinder­lei­che sexuell vergan­gen haben. Danach soll er Feuer im Haus gelegt haben, um die Tat zu vertu­schen — obwohl vier Verwand­te im Haus schlie­fen. Der nicht vorbe­straf­te angeklag­te Deutsche schwieg den ganzen Prozess über zu den Vorwür­fen. Die Aussa­ge der Mutter verfolg­te der gelern­te Straßen­bau­er mit unbeweg­ter Miene.

Die Staats­an­walt­schaft legte dem Angeklag­ten zum Prozess­auf­takt unter anderem Mord, Störung der Toten­ru­he sowie versuch­ten Mord in vier Fällen in Tatein­heit mit versuch­tem Herbei­füh­ren einer Spreng­stoff­ex­plo­si­on mit Todes­fol­ge zur Last.

Die Tat vor Weihnach­ten hatte weit über die Region hinaus Aufse­hen erregt, zumal nach und nach schwer erträg­li­che Details bekannt wurden. Das Urteil wird für den 29. Novem­ber erwartet.