LEIPZIG (dpa) — Seit Anfang Mai kann mit dem 49-Euro-Ticket quer durchs Land gefah­ren werden. Viele Fahrgäs­te genie­ßen dieses Angebot — andere haben Kritik. Die Verkehrs­un­ter­neh­men fordern den Ausbau des ÖPNV.

Der Schwung des Deutsch­land-Tickets muss nach Ansicht des Verban­des Deutscher Verkehrs­un­ter­neh­men (VDV) für einen hochwer­ti­gen Ausbau des ÖPNV genutzt werden. Mit der bundes­wei­ten Nutzung des Tickets gehe auch eine Erwar­tungs­hal­tung einher, die nicht immer adäquat einge­löst werden könne, sagte VDV-Präsi­dent Ingo Wortmann bei der Jahres­ta­gung in Leipzig. «Die Fahrgäs­te kaufen dieses Ticket nicht nur, weil es günstig ist, sondern auch weil sie es überall in Deutsch­land nutzen wollen.»

Angebots­dich­te und Quali­tät des ÖPNV sind bundes­weit demnach sehr unter­schied­lich. «In den Ballungs­räu­men brauchen wir bei gutem Angebot dringend zusätz­li­che Kapazi­tä­ten. Und in vielen ländli­chen Räumen brauchen wir ebenso dringend insge­samt ein besse­res Angebot», beton­te Wortmann.

Bis zu elf Millio­nen Ticket-Abos verkauft

Gut sieben Wochen nach dem Start seien bis zu elf Millio­nen Ticket-Abos verkauft worden, wie der VDV auf seiner Jahres­ta­gung in Leipzig mitteil­te. Nach aktuel­lem Stand haben im Juni etwa 9,6 Millio­nen Fahrgäs­te das Deutsch­land-Ticket genutzt, im Mai waren es etwa 9 Millionen.

Für die kommen­den Jahre sei eine verläss­li­che Zusage der Politik zur weite­ren Finan­zie­rung vonnö­ten, allei­ne für den Ausbau des ÖPNV bis 2030 etwa 48 Milli­ar­den Euro, sagte Wortmann. «Sonst kann die Branche ihren Anteil zur Klima­wen­de nicht leisten.»

Knapp die Hälfte der Ticket-Abos (46 Prozent) haben laut VDV Fahrgäs­te abonniert, die bereits Stamm­kun­den waren. Darüber hinaus gibt es rund 44 Prozent Neuabon­nen­tin­nen und ‑abonnen­ten, die in der Vergan­gen­heit den ÖPNV bereits hin und wieder oder regel­mä­ßi­ger genutzt haben. Die Quote an Neukun­din­nen und Neukun­den, die bisher so gut wie nie Bus und Bahn gefah­ren sind, ist leicht gestie­gen und liegt aktuell bei rund acht Prozent. Den Ticket­preis in Höhe von 49 Euro empfin­den elf Prozent der Nicht­käu­fer als zu teuer, sechs Prozent gaben an, dass sie sich den Preis nicht leisten könnten.

Nachfol­ger des 9‑Euro-Tickets

Das für 49 Euro erhält­li­che Deutsch­land­ti­cket war nach zähem Ringen zwischen Bund und Ländern Anfang Mai als Nachfol­ger des in der Corona-Zeit stark genutz­ten 9‑Euro-Tickets einge­führt worden.

VDV-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Oliver Wolff beton­te, das es sich bei den 49 Euro um einen Einfüh­rungs­preis hande­le, der nicht «auf ewig haltbar ist». «Zwei Jahre lang sollte der Preis aber stabil bleiben.»

Kritik an den Vertriebs­mög­lich­kei­ten des Tickets kommt derweil vom Fahrgast­ver­band Pro Bahn. Beson­ders ältere Menschen wünsch­ten sich eine unbüro­kra­ti­sche­re Alter­na­ti­ve. «Das war beim 9‑Euro-Ticket besser. Man konnte das einfach am Fahrkar­ten­au­to­ma­ten als Papier­ver­si­on kaufen», sagte Andre­as Schrö­der vom Verband Pro Bahn der Deutschen Presse-Agentur. Dass das Ticket nur online, über Reise­zen­tren oder mit Hilfe des Aboser­vices zu erwer­ben sei, stelle viele vor Heraus­for­de­run­gen und sei zu kompli­ziert, was viele Inter­es­sen­ten vom Kauf abhalte.

Die Digita­li­sie­rung sei eine klare Vorga­be des Bundes gewesen, auch um Kosten zu senken, sagte VDV-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Oliver Wolff dazu. Der Papier­ver­kauf sei nicht die Zukunft und alle Vertriebs­mög­lich­kei­ten offen zu halten, schlicht zu teuer.