BRÜSSEL (dpa) — Die Nato rüstet in Reakti­on auf Russlands Krieg gegen die Ukrai­ne massiv auf. Sicht­bar wird dies vor allem an der Ostflanke.

Die Nato kommt mit ihren Bemühun­gen um eine Verstär­kung der Ostflan­ke voran.

Wie eine Spreche­rin des Militär­bünd­nis­ses der Deutschen Presse-Agentur bestä­tig­te, haben die vier neuen multi­na­tio­na­len Gefechts­ver­bän­de in Ungarn, Rumäni­en, Bulga­ri­en und der Slowa­kei die erste Stufe der Einsatz­be­reit­schaft erreicht. Ihr Aufbau war erst vor einigen Wochen angekün­digt worden.

Zur genau­en Zusam­men­stel­lung und Größe der sogenann­ten Battle­groups äußer­te sich die Nato zunächst nicht. Nach einer Aufstel­lung vom 21. März waren aller­dings schon damals 2100 Solda­ten aus Ländern wie Deutsch­land, den Nieder­lan­den, Tsche­chi­en und den USA in der Slowa­kei präsent. In Ungarn waren es 800 Solda­ten aus Kroati­en, in Bulga­ri­en 900 aus den USA und in Rumäni­en 3300 aus Ländern wie Frank­reich, Belgi­en, Itali­en und den USA.

Abschre­ckung und Verteidigung

Die neuen Gefechts­ver­bän­de sollen angesichts des russi­schen Kriegs gegen die Ukrai­ne die Abschre­ckung und die Vertei­di­gungs­fä­hig­kei­ten weiter erhöhen. Bislang hatte die Nato nur in den balti­schen Staaten Estland, Lettland und Litau­en sowie in Polen dauer­haft multi­na­tio­na­le Verbän­de statio­niert. Norma­ler­wei­se sind diese Battle­groups etwa 1000 bis 1200 Solda­ten stark, sie wurden aller­dings zuletzt wegen des Ukrai­ne-Kriegs deutlich verstärkt.

Deutsch­land führt derzeit einen rund 1600 Solda­ten starken Gefechts­ver­band in Litau­en. In die Slowa­kei wurden im März zudem Solda­tin­nen und Solda­ten der Luftwaf­fe mit dem Flugab­wehr­ra­ke­ten­sys­tem Patri­ot verlegt.

Wann die neuen Gefechts­ver­bän­de in der Slowa­kei, Ungarn, Rumäni­en und Bulga­ri­en nach der sogenann­ten Anfangs­be­fä­hi­gung (Initi­al Opera­tio­nal Capabi­li­ty) auch die sogenann­te Vollbe­fä­hi­gung (Full Opera­tio­nal Capabi­li­ty) zerti­fi­ziert bekom­men, blieb zunächst unklar. Ebenfalls ist noch offen, wie die langfris­ti­ge Nato-Präsenz an der Ostflan­ke ausse­hen soll.

Als Option gilt, erstmals Briga­den im östli­chen Bündnis­ge­biet zu statio­nie­ren. Sie könnten jeweils rund 5000 Solda­ten stark sein und zum Beispiel durch Elemen­te der Luft- und Seestreit­kräf­te oder Spezi­al­kräf­te ergänzt werden.

Erhöh­te Spannun­gen mit Russland

Ein solcher Schritt dürfte aller­dings die Spannun­gen mit Russland weiter verstär­ken. Moskau würde vermut­lich argumen­tie­ren, dass die langfris­ti­ge Statio­nie­rung solcher Briga­den nicht mit der Nato-Russland-Grund­ak­te verein­bar sei. Darin hat sich die Nato verpflich­tet, auf die dauer­haf­te Statio­nie­rung «substan­zi­el­ler Kampf­trup­pen» im östli­chen Bündnis­ge­biet zu verzichten.

Die bislang statio­nie­ren Battle­groups in Batail­lons­grö­ße fallen nach Nato-Inter­pre­ta­ti­on nicht in diese Katego­rie. Zugleich gilt als unwahr­schein­lich, dass die Nato wegen der Grund­ak­te auf die Statio­nie­rung von Briga­den verzich­tet. So hat General­se­kre­tär Jens Stolten­berg bereits deutlich gemacht, dass Russland nicht erwar­ten kann, dass sich die Nato noch an alle Verein­ba­run­gen aus dem Jahr 1997 hält. Die Grund­ak­te habe einen klaren Bezug zum Sicher­heits­um­feld im Jahr 1997, als man Russland noch als strate­gi­schen Partner gesehen habe, sagte er jüngst. Heute befin­de man sich in einem völlig anderen Sicher­heits­um­feld, und die Nato werde tun, «was nötig ist».