RUST (dpa) — Dieses Jahr war vieles anders bei der Wahl zur «Miss Germa­ny»: Neues Auswahl­ver­fah­ren, Live-Übertra­gung im Inter­net und die «Missio­nen» der Kandi­da­tin­nen standen noch mehr im Fokus. Es gewinnt eine Frau, die auf Trend­the­men setzt und in einer Favela groß gewor­den ist.

Sie wuchs in einer brasi­lia­ni­schen Favela namens «Schuss­li­nie» auf und brach­te Straßen­kin­dern dort das Lesen und Schrei­ben bei: Heute setzt sich Domiti­la Barros für Nachhal­tig­keit, Umwelt­schutz und sozia­le Gerech­tig­keit ein — und ist auch wegen dieses Engage­ments die neue «Miss Germa­ny». Die 37-jähri­ge Wahlber­li­ne­rin setzte sich am Samstag­abend gegen zehn Konkur­ren­tin­nen durch.

«Wir alle leben auf der Mutter Erde. Und die braucht uns ganz doll im Moment», sagte Barros auf der Bühne im Europa-Park im badischen Rust. Ihre Themen wolle sie «cooler, vielleicht sogar ein bisschen sexier machen». Dafür nutze sie vor allem sozia­le Medien. «Die Leute, die ich errei­chen möchte, lesen nicht alle Zeitungs­ar­ti­kel — aber die scrol­len», sagte Barros, die sich als Sozial­un­ter­neh­me­rin, Schau­spie­le­rin, Model und «Social Media Green­fluen­ce­rin» beschreibt.

Nach der Kür fiel sie auf der Bühne auf die Knie. Die anderen Kandi­da­tin­nen eilten zu ihr und halfen ihr wieder auf die Beine.

«Miss Germa­ny» hat vor wenigen Jahren das Konzept geändert: Statt um Bikini-Auftrit­te vor männlich dominier­ten Jurys geht es jetzt um die «Missio­nen» der Bewer­be­rin­nen. Das Motto lautet «Schär­pe trägt, wer bewegt» — die Schär­pe gibt es weiter­hin. Aus alten Zeiten sind auch Outfit­wech­sel und das Auf- und Ablau­fen über den Laufsteg geblieben.

Dass der Wandel aber erkenn­bar vollzo­gen wurde, attes­tier­te Jurorin, TV-Modera­to­rin und «Miss Germany»-Wegbegleiterin Laura Wontor­ra (32). So hatten es unter die Finalis­tin­nen zum Beispiel mehre­re schwar­ze Frauen geschafft, von denen eine in der Black-Lives-Matter-Bewegung aktiv ist und eine zweite als erste Trans­frau im Finale der Misswahl stand. Eine andere Kandi­da­tin wollte nach eigenen Erfah­run­gen Opfern sexuel­len Kindes­miss­brauchs eine Stimme geben. Eine weite­re rief vor allem Frauen dazu auf, sich selbst um ihre Finan­zen zu kümmern.

Ihre Anlie­gen trugen die Titel­an­wär­te­rin­nen in drei Runden mehr oder weniger monothe­ma­tisch vor. Die Jury aus Promi­nen­ten sowie das Publi­kum bei einer mehrstün­di­gen Online-Übertra­gung über das Live-Strea­ming-Video­por­tal stimm­ten dann über die Siege­rin ab.

Juror Uwe Ochsen­knecht huldig­te den Frauen ganz allge­mein. Er sei bei vier Gebur­ten dabei gewesen, sagte der 66-jähri­ge Schau­spie­ler. «Spätes­tens dann weiß man, wer das starke Geschlecht wirklich ist.»

Die Staffel 2021/22 bot eine weite­re elemen­ta­re Neuerung auf: So schick­ten nicht mehr die Bundes­län­der ihre jewei­li­ge «Miss» ins Rennen um den Bundes­ti­tel. Statt­des­sen war es mit einer deutsch­land­wei­ten Top 160 losge­gan­gen. Ebenso neu in seiner Rolle debütier­te Nicolas Pusch­mann (30, «Prince Charming») als Moderator.