FUKUSHIMA (dpa) — Wieder eine Tsuna­mi-Warnung in Fukushi­ma. Fast genau elf Jahre nach der verhee­ren­den Katastro­phe und dem Atomun­fall wird die Region im Nordos­ten Japans erneut von starken Beben heimgesucht.

Ein starkes Erdbe­ben hat die Region um die Atomrui­ne von Fukushi­ma erschüt­tert. Japans Meteo­ro­lo­gi­sche Behör­de gab eine Warnung vor einem Tsuna­mi von bis zu einem Meter Höhe für die Pazifik­küs­te der Präfek­tu­ren Fukushi­ma und Miyagi aus.

Nach Angaben des Betrei­bers kam es in dem frühe­ren Atomkraft­werk zu keinen weite­ren Unregel­mä­ßig­kei­ten. Auch im 250 Kilome­ter entfern­ten Großraum Tokio gerie­ten Gebäu­de beängs­ti­gend lang anhal­tend ins Schwanken.

Viele Menschen in Kliniken

Berich­te über größe­re Schäden liegen bisher nicht vor, laut der Nachrich­ten­agen­tur Kyodo mussten in der Region Fukushi­ma aber zahlrei­che Menschen in Kranken­häu­ser gebracht werden. In zwei Millio­nen Haushal­ten fiel vorüber­ge­hend der Strom aus. Der Betrieb von Hochge­schwin­dig­keits­zü­gen wurde — wie in solchen Fällen üblich — automa­tisch gestoppt, Straßen im Nordos­ten gesperrt.

Das lang anhal­ten­de Beben der Stärke 7,3 ereig­ne­te sich fast auf den Tag genau elf Jahre, nachdem die Region im Nordos­ten des asiati­schen Insel­rei­ches von einem verhee­ren­den Erdbe­ben der Stärke 9 und einem dadurch ausge­lös­ten gewal­ti­gen Tsuna­mi verwüs­tet wurde und es im Atomkraft­werk Fukushi­ma Daiichi zu Kernschmel­zen kam. Eine solche Katastro­phe blieb den Insel­be­woh­nern diesmal erspart.

Beben 50 Kilome­ter tief im Meer

Viele Japaner waren bereits schla­fen gegan­gen, als kurz vor Mitter­nacht plötz­lich die Wände schwank­ten. Kurz darauf erfolg­te die Tsuna­mi-Warnung. Die Regie­rung in Tokio richte­te sofort einen Notfall­stab ein. Nach ersten Infor­ma­tio­nen des Deutschen Geofor­schungs­zen­trums GFZ lag das Erdbe­ben in einer Tiefe von 50 Kilome­tern im Meer.

Das neue Beben zeigte den Insel­be­woh­nern erneut, welche Gefah­ren auf sie lauern. Starke Erdbe­ben können jeder­zeit kommen. Irgend­wann, das fürch­ten viele, wird ein schwe­res Erdbe­ben auch Tokio treffen. Japan ist eines der am stärks­ten von Erdbe­ben bedroh­ten Länder der Welt.

Am 11. März 2011 hatte sich eine gigan­ti­sche Flutwel­le an der Pazifik­küs­te aufge­bäumt und alles nieder­ge­walzt: Städte, Dörfer und riesi­ge Anbau­flä­chen versan­ken in den Wasser- und Schlamm­mas­sen. Rund 20.000 Menschen riss die Flut damals in den Tod.

In Fukushi­ma kam es damals in der Folge des Bebens und Tsuna­mis im Atomkraft­werk Fukushi­ma Daiichi zu einem Super-GAU. Er wurde in aller Welt zum Sinnbild der «3/11» genann­ten Dreifach-Katastro­phe — auch wenn keiner der Todes­fäl­le auf die Strah­lung zurück­ge­führt wird.

Panik kam unter der Bevöke­rung auch diesmal nicht auf. Was im Westen gelegent­lich als Gleich­mut missver­stan­den wird, ist tatsäch­lich Gefasst­heit und Durch­hal­te­wil­len, mit der Japaner Natur­ge­wal­ten wie dieser begeg­nen. Die Erkennt­nis, dass man sich letzt­lich nur damit abfin­den kann, auf einem Pulver­fass zu leben, hat bei den Insel­be­woh­nern zu außer­ge­wöhn­li­cher Ausdau­er in Krisen geführt.

Von Lars Nicolay­sen, dpa