WIEN (dpa) — Es war ein Neustart nach zweima­li­ger Corona-Absage. 5000 fein betuch­te Gäste tanzten auf dem Wiener Opern­ball weitge­hend unbeschwert von den Mühen des Lebens. Draußen gab es auch Protest.

«Alles Walzer!» — alles wie früher? Nicht ganz. 5000 Gäste feier­ten am Donners­tag­abend auf dem Wiener Opern­ball ein rauschen­des Fest im Walzer-Takt. Zwei Mal war das gesell­schaft­li­che Top-Event der Alpen­re­pu­blik wegen der Corona-Pande­mie ausge­fal­len. Nun dräng­ten sich promi­nen­te und weniger promi­nen­te Besucher wieder in der zum Ballsaal umgebau­ten Staatsoper.

Neu war, dass dieses Mal ein Teil der Einnah­men für sozia­le Zwecken gespen­det wird. Die Staats­oper rechnet mit mehre­ren Hundert­tau­send Euro für Menschen in Not. Das hielt die Kommu­nis­ti­sche Jugend Öster­reich aber nicht davon ab, im Umfeld der Staats­oper unter dem kämpfe­ri­schen Motto «Eat the Rich!» zu demons­trie­ren. Es blieb aber alles friedlich.

Holly­wood-Star Jane Fonda zu Gast

Unter den Gästen war wie immer der öster­rei­chi­sche Unter­neh­mer und Gesell­schafts­lö­we Richard «Mörtel» Lugner mit seinem Stargast Jane Fonda. Die 85-jähri­ge zweifa­che Oscar-Gewin­ne­rin — sie erhielt für ihren insge­samt einein­halb­tä­gi­gen Auftritt an der Seite von Lugner eine unbekann­te, aber stolze Summe — trug bei ihrem Gastspiel in der Loge des 90-Jähri­gen ein langär­me­li­ges weißes Kleid mit creme­far­be­nen Blumenornamenten.

Nach anfäng­li­cher Skepsis zeigte sie sich beein­druckt von dem Gesche­hen auf dem Parkett. «Diese Art des Tanzens gibt es in meinem Land nicht», sagte sie. «Ich liebe es», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Im ORF erzähl­te sie, dass sie eigent­lich vor hatte, in Hosen zu erschei­nen, weil sie einen Opern- statt einen Ballabend erwar­tet hatte. Deshalb musste sie ihre weiße Robe auslei­hen. «Ich bin Aschen­put­tel», scherz­te sie. «Um Mitter­nacht ist dann alles weg: mein Kleid, mein Schmuck».

Protest­ban­ner: «Ihr tanzt, wir brennen»

Nach dem festli­chen Einzug von 144 jungen Paaren zu einer Polonai­se von Frédé­ric Chopin klatsch­te die US-Ameri­ka­ne­rin, offen­kun­dig ganz begeis­tert von dem opulen­ten Bild, das an alte Kaiser-Zeiten erinnert. Später umarm­te die Holly­wood-Ikone herzlich ein junges Paar mit Down-Syndrom, das beim Einzug mitge­macht hatte. Nach rund drei Stunden in der Oper war dann Schluss. Im Blitz­licht­ge­wit­ter der Fotogra­fen verließ die 85-Jähri­ge unmit­tel­bar nach Ende ihres Vertrags mit Lugner gegen Mitter­nacht die Loge.

Die Klima­ak­ti­vis­tin Fonda hatte schon am Vortag deutlich zu erken­nen gegeben, dass sie alle Protes­te der jungen Genera­ti­on sehr gut verste­he. Eine Gesin­nungs­ge­nos­sin — die öster­rei­chi­sche Klima­ak­ti­vis­tin Lena Schil­ling — nutzte jeden­falls den roten Teppich vor der Oper für ein politi­sches State­ment. In Abend­ro­be und Frack geklei­det hielten sie und ein Beglei­ter ein Banner mit der Aufschrift «Ihr tanzt, wir brennen» in die Kameras.

Linder verzich­tet beim Ball auf Alkohol

Das Event gilt als gesell­schaft­li­cher Höhepunkt der Ball-Saison in Wien. Für Bundes­prä­si­dent Alexan­der Van der Bellen und Kanzler Karl Neham­mer war der Termin Pflicht, die Kanzler­gat­tin Katha­ri­na zog aber nach den Worten ihres Mannes einen Termin zum Baube­ginn einer von ihr unter­stütz­ten Wasser-Pipeline in Tansa­nia vor.

Zu den promi­nen­ten Gästen zählte der deutsche Finanz­mi­nis­ter Chris­ti­an Lindner (FDP). Er war von seinem öster­rei­chi­schen Kolle­gen Magnus Brunner einge­la­den worden. «Die Leute haben Spaß. Und gerade nach der Pande­mie ist doch das, was zählt: Man kommt zusam­men und feiert die Freiheit», sagte Lindner im ORF. Der FDP-Politi­ker trank nach eigenen Angaben auf dem Ball keinen Alkohol, weil er faste. «Ich bin also für den öster­rei­chi­schen Finanz­mi­nis­ter der günstig möglichs­te Gast.»

Wiener Opern­ball auch als Charity-Event

Mit dabei war auch der US-Schau­spie­ler Chris Noth («Sex and the City») und der öster­rei­chi­sche Schau­spie­ler Felix Kamme­rer, Haupt­dar­stel­ler im Oscar-nominier­ten Weltkriegs­dra­ma «Im Westen nichts Neues». Physik-Nobel­preis­trä­ger Anton Zeilin­ger verfolg­te die Eröff­nung von der Loge des Bundes­prä­si­den­ten aus.

23.600 Euro kostet die teuers­te Loge am Opern­ball, sechs bis acht Gäste finden darin Platz. Für den 65. Wiener Opern­ball wurden die Eintritts­prei­se für die norma­le Laufkar­te von 315 auf 350 Euro erhöht. Die Diffe­renz — sowie ein Teil der Preise für Essen und Geträn­ke — sollen gespen­det werden. Obendrein hat der Maler Georg Baselitz zu diesem karita­ti­ven Zweck im Auftrag der Staats­oper ein Werk geschaf­fen, das für mindes­tens 150.000 Euro am 22. Febru­ar verstei­gert werden soll.

Wien ist eine Ball-Hochburg. Die Wirtschafts­kam­mer rechne­te für die etwa 450 Bälle in dieser Saison mit einem neuen Rekord von 550.000 verkauf­ten Tickets. Der Umsatz dürfte bei bis zu 170 Millio­nen Euro liegen.

Von Albert Otti und Matthi­as Röder, dpa