INNSBRUCK (dpa) — Nicht in Bestbe­set­zung steht die Natio­nal­mann­schaft gegen Dänemark lange sicher und geht auch in Führung. Doch eine Unacht­sam­keit führt wieder zu einem Gegen­tor. EM-Eupho­rie entfacht der Test in Innsbruck nur sehr bedingt.

Joachim Löw verharr­te nach dem Abpfiff grübelnd am Spiel­feld­rand. Beim Comeback von Thomas Müller und Mats Hummels im Fußball-Natio­nal­team trat der Leipzi­ger Yussuf Poulsen beim 1:1 (0:0) gegen Dänemark als Spiel­ver­der­ber auf.

13 Tage vor dem EM-Ernst­fall gegen Weltmeis­ter Frank­reich konnte der vorletz­te Probe­lauf in Innsbruck keine Eupho­rie für Löws letztes Turnier wecken.

«Es war schon Licht und Schat­ten», sagte der Bundes­trai­ner bei RTL und zupfte an seiner weißen Corona-Maske. «Einige Ansät­ze waren sicher­lich gut», auch «verbes­sert». In der Abwehr führte aber eine «Unacht­sam­keit» zum nächs­ten Gegen­tor. «Dass manche Dinge nicht perfekt laufen, war klar», sagte Löw.

Nicht der Rückkeh­rer und Offen­siv-Chef Müller hatte die deutsche Mannschaft in Führung gebracht, sondern Flori­an Neuhaus. Der Gladba­cher nutzte in der 48. Spiel­mi­nu­te eine Konfu­si­on in der dänischen Abwehr. Beim Ausgleich von Poulsen konnte auch Hummels den RB-Angrei­fer nicht am Torschuss hindern (71.). Die DFB-Auswahl war einem Sieg aller­dings näher: Serge Gnabry traf die Latte (44.), Joshua Kimmich den Pfosten (77.). «Da haben wir nicht viel falsch gemacht», sagte Müller. Am Ende sei das Remis auch deshalb «ärger­lich».

Der Test «war inten­siv», sagte Müller. «Ich habe viel Gutes gesehen, aber natür­lich hatten wir auch eine Phase in der zweiten Halbzeit, in der wir nicht mehr so in die Zweikämp­fe gekom­men sind. Es ist schwer, das jetzt zu bewer­ten.» Er habe «schon gesehen, nicht nur, dass wir wollen, sondern, dass wir Dinge auch umset­zen können». Frank­reich gewann seinen Testlauf zeitgleich mit 3:0 gegen Wales.

In Abwesen­heit von gleich sieben wichti­gen Feldspie­lern probte Löw für die Partie gegen den Gruppen­fa­vo­ri­ten in der Abwehr mit einer Dreier­ket­te um Hummels. «In der letzten Reihe möchte ich Kompakt­heit, Stärke und Präsenz. Wir spielen gegen Top-Mannschaf­ten», begrün­de­te Löw. Bis zum Sonntag trainiert die DFB-Auswahl noch in Tirol. Am Montag findet dann in Düssel­dorf die Turnier-General­pro­be gegen Lettland statt.

Dann sollen auch die Champi­ons-League-Sieger vom FC Chelsea — Kai Havertz, Timo Werner und Antonio Rüdiger — sowie Final­ver­lie­rer Ilkay Gündo­gan wieder dabei sein, die jetzt erst ins Training kommen. Toni Kroos nach einer Corona-Infek­ti­on und Leon Goretz­ka nach einer Muskel­ver­let­zung waren in Innsbruck noch nicht einsatz­fä­hig. Emre Can fehlte dort kurzfris­tig wegen einer Muskel­ver­här­tung. «Die Mannschaft wird sicher­lich anders ausse­hen als heute», kündig­te Löw an.

Gegen die physisch starken Dänen mit viel Bundes­li­ga-Erfah­rung ging es dem Bundes­trai­ner erkenn­bar um die Schär­fung defen­si­ver Abläu­fe. Niklas Süle vertei­dig­te zentral zwischen Matthi­as Ginter und Hummels, der seine Stärken einbrach­te. Der Dortmun­der strahl­te zu Beginn Ruhe aus, antizi­pier­te gut, war immer anspiel­bar. Die Dänen um den Leipzi­ger Poulsen und Inter-Regis­seur Chris­ti­an Eriksen erspiel­ten sich bis zum Ausgleich keine gefähr­li­che Chance vor dem Tor von DFB-Kapitän Manuel Neuer. Die eine reich­te allerdings.

Offen­siv steiger­te sich die DFB-Auswahl in ihrem Findungs­pro­zess mit zuneh­men­der Spiel­dau­er, ohne dabei zu einer Vielzahl an Möglich­kei­ten zu kommen. Das Bayern-Trio mit Leroy Sané, Serge Gnabry und Müller setzte die Dänen früh in deren Hälfte unter Druck, aus dem Mittel­feld rückten Kimmich und Neuhaus nach, der auch den ersten Schuss abgab (12.). Einen Kopfball von Müller, der viele Wege ging, nach gutem Kimmich-Pass hielt Dänemarks Torwart Kasper Schmei­chel sicher. Sané setzte seine Direkt­ab­nah­me etwas zu hoch an (28.).

Löw pendel­te an der Seiten­li­nie zwischen Trainer­bank und dem äußeren Rand seiner Coaching Zone. Seine Profis trieben sich auf dem Platz lautstark an, insbe­son­de­re Müller. Aus der stabi­len Defen­si­ve heraus erarbei­te­te sich die DFB-Auswahl zunächst eine klare Überle­gen­heit, die Gnabry fast schon mit der Pausen­füh­rung belohnt hätte. Der Bayern-Profi brach­te sich am Straf­raum gekonnt in Positi­on — sein Links­schuss ging aber nur an die Latte.

Der in der ersten Halbzeit noch unauf­fäl­li­ge Itali­en-Legio­när Robin Gosens berei­te­te das deutsche Führungs­tor mit einer starken Aktion auf der linken Seite vor. Seine Flanke bekam die dänische Abwehr nicht geklärt — der Gladba­cher Neuhaus hatte aus kurzer Distanz keine Mühe und erziel­te sein zweites Tor im sechs­ten Länder­spiel. Der Turnier-Neuling nutzte seine selte­ne Chance im DFB-Mittel­feld, in dem Löw ein Überan­ge­bot starker Spieler zur Verfü­gung hat.

Gosens verpass­te das 2:0, weil Schmei­chel in der 54. Minute gut reagier­te. Dann spiel­te Eriksen einen seiner gefürch­te­ten Pässe in die Tiefe genau zwischen Süle und Hummels auf Poulsen, der zum Ausgleich traf. Wenige Minuten später ging der Schuss von Kimmich nur an den Pfosten.

Von Klaus Bergmann, Jens Mende und Jan Mies, dpa