Das Minis­te­ri­um beton­te, die von Bordell­be­trei­bern ausge­ar­bei­te­ten Hygie­ne­kon­zep­te könnten womög­lich dazu beitra­gen, Anste­ckungs­ri­si­ken in gewis­sem Maße zu senken. Sie reich­ten jedoch aktuell nicht aus, um die Gefähr­dung ausrei­chend einzu­däm­men. Ressort­chef Manne Lucha (Grüne) sieht sich darin auch vom Verwal­tungs­ge­richts­hof Baden-Württem­berg bestätigt.

Dieser hatte mit Verweis auf erhöh­te Atemak­ti­vi­tät und damit erhöh­tes Infek­ti­ons­ri­si­ko bei engem Körper­kon­takt für die weite­re Schlie­ßung plädiert. Damit hatte er den Eilan­trag zweier Betrei­be­rin­nen von Bordel­len in Konstanz, Baden-Baden und Heidel­berg, unter schar­fen Hygie­ne­re­geln sexuel­le Massa­gen zuzulas­sen, abgewiesen.

Nach Angaben des Bundes­ver­ban­des Sexuel­le Dienst­leis­tun­gen (BSD) gehört Baden-Württem­berg zu der Minder­heit der Bundes­län­der, in denen Bordel­le noch geschlos­sen sind. Dazu zählten auch Mecklen­burg-Vorpom­mern, Hessen und Rhein­land-Pfalz. Neben Bordel­len sind im Südwes­ten noch Clubs und Disko­the­ken dicht.

Die SPD-Landtags­ab­ge­ord­ne­te Sabine Wölfle sagte: «Die weite­re Schlie­ßung der Bordel­le schafft die Prosti­tu­ti­on im Land leider nicht ab, sondern verschiebt sie in die Illega­li­tät, in der die betrof­fe­nen Frauen noch schlech­ter gestellt sind als sonst.»

Sie befür­wor­te das Nordi­sche Modell mit einem Sexkauf­ver­bot für die poten­zi­el­len Freier. Denn dazu gehör­ten nicht nur Verbo­te, sondern auch Ausstiegs­an­ge­bo­te für die Frauen. «Im Moment sollten wir verhin­dern, die Lage der Frauen noch weiter zu verschlim­mern», sagte sie. «Wer meint, er könne die Prosti­tu­ti­on jetzt mal schnell über den Infek­ti­ons­schutz abschaf­fen, liegt falsch.» Nach der Pande­mie sollte sich die Politik ausgie­big mit dem skandi­na­vi­schen Modell befassen.

Auch nach Auffas­sung von Minis­ter Lucha ist die Corona-Pande­mie nicht der geeig­ne­te Moment, um ein generel­les Verbot der Prosti­tu­ti­on einzu­füh­ren. Dieses Thema müsse auf breiter Ebene bundes­weit disku­tiert werden. Nach Überzeu­gung des BSD würden dadurch allen in der Prosti­tu­ti­on Tätigen entschei­den­de Grund- und Menschen­rech­te entzogen.

Der BSD warf Lucha nach einem Round Table Gespräch mit Vertre­tern von Minis­te­ri­en, Kommu­nen, Verbän­den von Prosti­tu­ti­ons­be­für­wor­tern und ‑kriti­kern Untätig­keit vor. Er habe sich auf das VGH-Urteil zurück­ge­zo­gen, anstatt selbst gestal­tend tätig zu werden. «Das war eine Enttäu­schung hoch zehn», sagte Verbands­che­fin Stefa­nie Klee zu dem Ergeb­nis des Treffens Mitte der Woche.

Das weite­re Verbot gewerbs­mä­ßi­ger Prosti­tu­ti­on sei mit epide­mio­lo­gi­schen Gründen nicht zu recht­fer­ti­gen. Klee wies Vorwür­fe zurück, die Betrie­be könnten die üblichen Corona-Hygie­ne­maß­nah­men nicht umset­zen. Die Branche habe vielfäl­ti­ge Prakti­ken entwi­ckelt, die mit den Hygie­ne- und Abstands­re­geln zu verein­ba­ren seien. Klee: «Sexua­li­tät ist nicht nur die Missionarsstellung.»

In der Corona Verord­nung Baden-Württem­berg ist die Prosti­tu­ti­on einer einzel­nen Frau, ohne dass ein Dritter wie ein Zuhäl­ter daraus wirtschaft­li­chen Nutzen zieht, vom Verbot nicht erfasst. Dies führt laut BDS dazu, dass Frauen die bislang in Bordel­len arbei­te­ten, jetzt den Straßen­strich bedien­ten, wo sie großen Gefah­ren ausge­setzt seien. In Karls­ru­he, Stutt­gart und Heilbronn sei auch dies durch Allge­mein­ver­fü­gung unter­sagt. Dagegen seien Wider­sprü­che einge­legt worden.