MÜNCHEN (dpa) — Angesichts der erwar­te­ten Corona-Welle blicken Münch­ner derzeit gezielt auf das Abwas­ser des Oktober­fests. Sie hoffen, damit frühzei­tig einen Anstieg der Infek­tio­nen erken­nen zu können.

Münch­ner Wissen­schaft­ler unter­su­chen das Abwas­ser des Oktober­fests laufend auf Bestand­tei­le des Corona­vi­rus. Es gebe dort derzeit eine ähnli­che Viren­kon­zen­tra­ti­on wie im Stadt­ge­biet, sagte Andre­as Wieser von der Abtei­lung für Infek­ti­ons-und Tropen­me­di­zin am LMU Klini­kum München der Deutschen Presse-Agentur. Für die Dauer des Festes würden täglich Proben vor und hinter der Wiesn dem Abwas­ser entnommen.

«Wir sehen schon, dass da ordent­lich etwas los ist», sagte der Leiter des Sars-CoV-2-Labors weiter. Ob sich schon eine Wiesn-Welle anbah­ne, sei aber am Abwas­ser noch nicht abzule­sen. «Wir könne dazu noch keine Aussa­ge treffen», sagte Wieser. «Wir haben eine Inkuba­ti­ons­zeit von fünf Tagen. Es ist nicht zu erwar­ten, dass man da jetzt schon große Sprün­ge sieht.»

Hinzu komme, dass das Abwas­ser von der Wiesn im Vergleich zum sonsti­gen städti­schen Abwas­ser stark verdünnt sei — das könne das Ergeb­nis beein­flus­sen. Grund für die andere Konzen­tra­ti­on seien sehr viel Spülwas­ser und eine vorwie­gen­de Abgabe von Urin — und nicht Stuhl. Auch der starke Regen vor einigen Tagen mache die Bestim­mung konkre­ter Werte schwierig.

Dass es überhaupt gelun­gen sei, das Virus spezi­ell in den stark verdünn­ten Abwäs­sern des Volks­fes­tes nachzu­wei­sen, sei jedoch ein gutes Zeichen für die Metho­de an sich. Eine solche Bepro­bung bei einem großen Volks­fest wie der Wiesn habe noch nicht stattgefunden.

Die Bewer­tung der Ergeb­nis­se erschwe­re auch, dass die Wiesn­gäs­te in ganz München unter­wegs seien. «Die meisten Gäste sind ja auch in Hotels oder wohnen in München oder Umland, so dass sie auch hier dann als Infek­ti­ons­fäl­le Viren ins Wasser einbrin­gen können. Daher überwa­chen wir auch das Stadt­ab­was­ser zum Vergleich.»

Neben der Viren­last führten die Wissen­schaft­ler Sequen­zie­run­gen durch, um die geneti­sche Zusam­men­set­zung der Viren zu beobach­ten — und auch mögli­che neue Varian­ten schnell zu entdecken.

Bayerns Gesund­heits­mi­nis­ter Klaus Holet­schek (CSU) sagte, die Corona-Entwick­lung auch im Zusam­men­hang mit dem Oktober­fest werde genau beobach­tet. Das Abwas­ser-Monito­ring sei ein weite­rer Ansatz, um Erkennt­nis­se darüber zu gewin­nen. Mit der Wiesn sei ein Anstieg der Infek­ti­ons­zah­len in München zu erwar­ten. «Entschei­dend ist und bleibt die Lage in den Kranken­häu­sern.» Es gebe dort bereits Perso­nal­aus­fäl­le, die aber noch weitge­hend kompen­sier­bar seien.

Nach bishe­ri­gen Erfah­run­gen dauert es einein­halb bis zwei Wochen nach dem Start eines Volks­fes­tes, bis sich etwaige Infek­ti­ons­wel­len in der Inzidenz zeigen. Die Wiesn läuft seit etwa einer Woche.