BERLIN (dpa) — Eine Studie beschei­nigt Saison­ar­beits­kräf­ten im Spargel­an­bau teilwei­se prekä­re Arbeits­be­din­gun­gen. Der Verband der Spargel­bau­ern tritt diesem Vorwurf entschie­den entgegen.

Die Arbeits­be­din­gun­gen für Saison­ar­beits­kräf­te im Spargel­an­bau sind in Deutsch­land laut einer Studie der Entwick­lungs­or­ga­ni­sa­ti­on Oxfam teilwei­se «unhalt­bar». «Löhne werden syste­ma­tisch gedrückt, viele Arbei­ter sind mit einer kaum durch­schau­ba­ren Kombi­na­ti­on aus Stunden- und Akkord­löh­nen konfron­tiert und berich­ten von schwer oder gar nicht erreich­ba­ren Zielvor­ga­ben», sagte eine Oxfam-Spreche­rin. Zuvor hatte der RBB über die Oxfam-Studie berichtet.

«Das sind keine Einzel­fäl­le», sagte Benja­min Luig von der Initia­ti­ve Faire Landar­beit, die an der Studie betei­ligt war. Beschäf­tig­te klagten regel­mä­ßig über falsche Angaben bei der Arbeits­zeit­er­fas­sung, wodurch sie mehr arbei­ten müssten, aber nicht mehr bezahlt bekämen.

Hinzu kommt laut der Oxfam-Spreche­rin das Problem hoher Lohnab­zü­ge durch überhöh­te Mieten für Gemein­schafts­un­ter­künf­te. «Für eine Baracke ohne Küche verlangt einer der Betrie­be 40 Euro pro Quadrat­me­ter. Die durch­schnitt­li­che Kaltmie­te in der Münch­ner Innen­stadt liegt bei 23 Euro», sagte Steffen Vogel, Oxfam-Referent für globa­le Liefer­ket­ten und Menschen­rech­te im Agrar­sek­tor. Einen Betrieb in Branden­burg bezeich­ne­te Oxfam als «skanda­lös». Die Unter­künf­te glichen Baracken, in den Zimmern wachse Schimmel.

Reakti­on auf die Vorwürfe:

Der Darstel­lung von Oxfam wider­sprach der Verband der Ostdeut­schen Spargel- und Beeren­obst­an­bau­er (Vosba) entschie­den. Die Studie spiege­le Einzel­fäl­le wider, sagte Geschäfts­füh­rer Frank Saalfeld. Sie bezie­he sich in ihren Aussa­gen häufig auf einen Betrieb aus dem Spree­wald, der bereits in den Vorjah­ren negativ aufge­fal­len war und schon vor der Pande­mie aus dem Verband ausge­schlos­sen wurde. Oxfam habe dieses «schwar­ze Schaf» beson­ders stark gewichtet.

Mindest­lohn­zah­lun­gen und eine Kranken­ver­si­che­run­gen für die Saison­kräf­te seien für die Betrie­be verpflich­tend, führte Saalfeld aus. Und der überwie­gen­de Großteil halte sich auch dran. Saalfeld beton­te, dass viele der Arbei­ter über eine Gruppen­ver­si­che­rung letzt­lich wie Privat­ver­si­cher­te bei Krank­heit versorgt würden. Hier sehe er keine Proble­me. Die Standards seien um Welten besser als in Spani­en und Itali­en, beton­te Saalfeld.

Bezug nahm Saalfeld auch auf die in der Branche üblichen kurzen Kündi­gungs­fris­ten. Es sei nicht so, dass Leute vor die Tür gesetzt würden, wenn sie beispiels­wei­se durch Krank­heit arbeits­un­fä­hig sind. Meistens würden in solchen Fällen Lösun­gen im gegen­sei­ti­gen Einver­neh­men gefun­den. Nichts­des­to­trotz sei es so, dass beispiels­wei­se bei verein­bar­ten zehn Arbeits­ta­gen eine Kündi­gungs­frist von vier Wochen völlig an der Reali­tät vorbei­gin­ge. Entspre­chend ließe auch der Gesetz­ge­ber die schnel­le­re Auflö­sung eines Arbeits­ver­hält­nis­ses zu.

Oxfam sieht die Verant­wor­tung für die Arbeits­be­din­gun­gen auch bei den deutschen Super­märk­ten, die für Spargel «ruinös niedri­ge Preise» zahlten. «Den Preis­druck geben die Betrie­be nach unten weiter: an die Arbei­ter auf den Feldern», sagte ein Oxfam-Referent. Oxfam fordert deshalb, dass der Einkauf unter Produk­ti­ons­kos­ten verbo­ten wird.

Das Bundes­ar­beits­mi­nis­te­ri­um prüft aktuell nach eigener Aussa­ge, ob die Vorfäl­le syste­ma­ti­scher Natur sind und gegebe­nen­falls eine Verschär­fung der gesetz­li­chen Regelun­gen erfor­der­lich ist.

Grund­la­ge der Oxfam-Studie sind nach Angaben der Entwick­lungs­or­ga­ni­sa­ti­on eigene Recher­chen und ein Bericht des PECO-Insti­tuts, für den Arbei­ter bei vier Betrie­ben inter­viewt wurden.