BUDAPEST (dpa) — Am letzten Tag seines Ungarn-Besuchs feiert Papst Franzis­kus eine Heili­ge Messe in Budapest. Zehntau­sen­de hören zu. Das Kirchen­ober­haupt wirbt für Solida­ri­tät mit den Ausge­grenz­ten. Kritik an Regie­rungs­chef Orban?

Am letzten Tag seines dreitä­gi­gen Ungarn-Besuchs hat Papst Franzis­kus erneut deutli­che Worte mit Blick auf Migra­ti­on und Flücht­lin­ge sowie Europa gefun­den. Das Oberhaupt der katho­li­schen Kirche feier­te vor Tausen­den Gläubi­gen und Vertre­tern der ungari­schen Staats­spit­ze sowie weite­ren hochran­gi­gen Gästen die Heili­ge Messe. Beim Höhepunkt seiner 41. Auslands­rei­se forder­te er die Gläubi­gen zur Offen­heit auf und sagte mit Blick auf Fremde und Migran­ten: «Bitte: Öffnen wir die Türen!».

Es sei traurig und tue weh, «verschlos­se­ne Türen gegen­über Menschen zu sehen», sagte das Oberhaupt der katho­li­schen Kirche am Sonntag­mor­gen während der Messe auf dem Kossuth-Platz. Er kriti­sier­te vor allem die «verschlos­se­nen Türen gegen­über Fremden, den Anderen, den Migran­ten, den Armen» an. «Bitte: Öffnen wir die Türen», sagte er vor Tausen­den Gläubigen.

Er erinner­te auch an dieje­ni­gen, die in Leid und in Armut leben oder «aus der Reihe tanzen». «Fürein­an­der offen und integrie­rend sein, um Ungarn zu helfen, in der Geschwis­ter­lich­keit zu wachsen, die der Weg des Friedens ist», sei das Gebot der Stunde. Der Appell, die Türen zu öffnen, könnte als Kritik an der Abschot­tungs­po­li­tik des ungari­schen Minis­ter­prä­si­den­ten, Viktor Orban, gegen­über Schutz­su­chen­den gedeu­tet werden.

In seiner ersten Rede am Freitag hatte Franzis­kus für den «Traum des geein­ten Europa» gewor­ben und einen menschen­wür­di­gen Umgang mit Migran­ten und Flücht­lin­gen gefor­dert. Er rief dazu auf, Wege und Mittel zu finden, um die vor Konflik­ten, Armut und Klima­wan­del Fliehen­den in Europa aufzu­neh­men. Das Thema Migra­ti­on und Flucht werde sich früher oder später auf alle auswirken.

«Deshalb ist es dring­lich, dass wir als Europa an siche­ren und legalen Wegen arbei­ten, an gemein­sa­men Mecha­nis­men angesichts einer epocha­len Heraus­for­de­rung, die nicht durch Zurück­wei­sung einge­dämmt werden kann, sondern angenom­men werden muss.» Er warnte, dass «Natio­na­lis­men wieder neu aufbran­den» — er habe oft gar den Eindruck, die Politik erhit­ze eher die Gemüter statt Proble­me zu lösen.

Papst: «Wo sind die schöp­fe­ri­schen Friedensbemühungen?»

Auch Russlands Krieg gegen die Ukrai­ne spiel­te während seiner Pilger­rei­se eine Rolle. Der Ponti­fex forder­te etwa konkre­te Anstren­gun­gen für den Frieden. «Ich frage mich, auch mit Blick auf die gequäl­te Ukrai­ne: Wo sind die schöp­fe­ri­schen Friedens­be­mü­hun­gen? Wo sind sie?», fragte er am Freitag. Auch am Sonntag erinner­te er an das «gepei­nig­te ukrai­ni­sche Nachbar­volk und das russi­sche Volk» und plädier­te für eine «Zukunft der Hoffnung und nicht des Krieges» und eine «Welt der Geschwis­ter­lich­keit und nicht der Mauern».

Am Rande seiner offizi­ell angekün­dig­ten Termi­ne kam es in Budapest außer­dem zu unerwar­te­ten Treffen. So traf sich der Ponti­fex am Samstag mit einem Vertre­ter der russisch-ortho­do­xen Kirche — mit dem Metro­po­li­ten Hilari­on von Budapest und Ungarn. Inhal­te des Gesprä­ches zwischen Franzis­kus und Hilari­on wurden jedoch nicht öffent­lich. Später empfing er den grün-libera­len Budapes­ter Oberbür­ger­meis­ter Gerge­ly Karac­so­ny, der ein wichti­ger politi­scher Gegen­spie­ler von Orban ist.

Begeg­nung mit Armen und Flüchtlingen

Der Ponti­fex absol­vier­te während seines Besuchs in Ungarn ein straf­fes Programm. Neben den zentra­len großen Anspra­chen und Begeg­nun­gen besuch­te er etwa am Samstag eine Sozial­ein­rich­tung für sehbe­hin­der­te Kinder und die griechisch-katho­li­sche Gemein­schaft in Ungarn. Auch ein Treffen mit jungen Menschen in einer Budapes­ter Sport­are­na stand an. Junge Ungarn führten dort einen tradi­tio­nel­len Tanz vor und verla­sen persön­li­che Texte. Es kam auch zu einer Begeg­nung mit Armen und Flücht­lin­gen. Unter ihnen war auch ein Ukrai­ner, der im Mai 2022 mit Frau und fünf Kindern vor dem russi­schen Angriffs­krieg geflüch­tet war.

Der Ungarn-Besuch ist Franzis­kus’ erste Reise seit dem Angriff Russlands auf die Ukrai­ne in ein Land, das direkt an das Kriegs­ge­biet angrenzt. Daher wurden seine öffent­li­chen Auftrit­te mit großer Spannung erwartet.