BERLIN (dpa) — Deutsch­lands neuer Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Pisto­ri­us muss einen Blitz­start hinle­gen. Am Morgen erhält er die Ernen­nungs­ur­kun­de, kurz darauf steht bereits ein Gespräch mit dem wichtigs­ten Verbün­de­ten an.

Der neue Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Boris Pisto­ri­us (SPD) will die Bundes­wehr schnell für die verschärf­te Sicher­heits­la­ge nach dem Angriff Russlands auf die Ukrai­ne stark machen. «Es geht um Abschre­ckung, Wirksam­keit und Einsatz­fä­hig­keit», sagte er nach seiner Begrü­ßung mit militä­ri­schen Ehren im Bendler­block, dem Sitz des Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums in Berlin. «Deutsch­land ist nicht Kriegs­par­tei. Trotz­dem sind wir von diesem Krieg betroffen.»

Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er hatte dem neuen Minis­ter am Morgen im Schloss Belle­vue die Ernen­nungs­ur­kun­de überreicht. Kurz darauf wurde Pisto­ri­us im Bundes­tag verei­digt. Stein­mei­er wünsch­te ihm «Durch­hal­te­ver­mö­gen, gutes Gelin­gen und eine glück­li­che Hand». Er überneh­me das Minis­ter­amt in einer Bedro­hungs- und Gefähr­dungs­la­ge, die Deutsch­land lange nicht mehr gekannt habe. «Deutsch­land ist nicht im Krieg», beton­te auch der Bundes­prä­si­dent. Für das Land begin­ne aber eine Epoche im Gegen­wind. «Wir müssen auf Bedro­hun­gen reagie­ren, die auch auf uns zielen.»

Es komme jetzt darauf an, die Bundes­wehr abschre­ckungs­fä­hig und vertei­di­gungs­be­reit zu machen, sagte Stein­mei­er. «Und dafür braucht es eine moder­ne­re und umfas­sen­de­re Ausrüs­tung, eine effizi­en­te­re Beschaf­fung, eine solide­re Perso­nal­de­cke und Aufmerk­sam­keit und Respekt für die Truppe.» Es sei keine Zeit zu verlie­ren. «Als starkes Land in der Mitte Europas haben wir eine Verant­wor­tung nicht nur für uns, sondern auch für andere.» Deutsch­land stehe nicht allein, sondern im Bündnis mit Partnern. «Und diese Partner müssen und werden sich auf uns verlas­sen können.»

Der zurück­ge­tre­te­nen Vertei­di­gungs­mi­nis­te­rin Chris­ti­ne Lambrecht überreich­te der Bundes­prä­si­dent die Entlas­sungs­ur­kun­de. Er dankte ihr für all das, was sie in 23 Jahren als Abgeord­ne­te geleis­tet und als Bundes­mi­nis­te­rin in verschie­de­nen Positio­nen auf den Weg gebracht habe. Er würdig­te ihre Bereit­schaft, «über so viele Jahre für unser Land, für unsere Demokra­tie einzu­ste­hen, sie zu vertei­di­gen, wo sie angegrif­fen wird, ihre Proble­me nicht nur zu bekla­gen, sondern auch lösen zu wollen».

«Truppe brauche jetzt volle Unterstützung»

Pisto­ri­us kriti­sier­te im Bendler­block, die Streit­kräf­te seien in den vergan­ge­nen Jahrzehn­ten oft vernach­läs­sigt worden. Die Truppe brauche jetzt volle Unter­stüt­zung, er wieder­um brauche für seine Arbeit die Unter­stüt­zung aller in der Bundes­wehr, im Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um und in den dazuge­hö­ren­den Behör­den. «Ich brauche jeden Einzel­nen. Ich brauche die Unter­stüt­zung aller. Und ich werde sie auch einfor­dern», sagte Pisto­ri­us, der mahnte: «Der größte Teil der Zeiten­wen­de liegt noch vor uns.»

Pisto­ri­us telefo­nier­te laut Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um unmit­tel­bar nach seiner Verei­di­gung mit seinem franzö­si­schen Amtskol­le­gen Sébas­tien Lecor­nu. «Frank­reich ist unser engster Verbün­de­ter und ältes­ter Freund in der Europäi­schen Union. Paris und Berlin arbei­ten seit Jahrzehn­ten auch in der Sicher­heits­po­li­tik eng zusam­men», sagte Pisto­ri­us. Deshalb sei es ihm beson­ders wichtig gewesen, möglichst schnell mit Lecor­nu ins Gespräch zu kommen.

Pisto­ri­us empfängt US-Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Austin

Noch am Vormit­tag wollte Pisto­ri­us dann US-Vertei­di­gungs­mi­nis­ter Lloyd Austin empfan­gen. Zentra­les Thema dürfte der Krieg in der Ukrai­ne und die weite­re Unter­stüt­zung des von Russland angegrif­fe­nen Landes sein. In den vergan­ge­nen Tagen ist der Druck auf Deutsch­land stark gewach­sen, der Ukrai­ne auch Kampf­pan­zer vom Typ Leopard zur Verfü­gung zu stellen. Kanzler Scholz ist dazu nach überein­stim­men­den Medien­be­rich­ten nun unter Bedin­gun­gen bereit. Laut «Süddeut­scher Zeitung» und «Bild»-Zeitung stell­te er in einem Telefo­nat mit US-Präsi­dent Joe Biden klar, Deutsch­land könne nur liefern, wenn die USA ihrer­seits der Ukrai­ne eigene Abrams-Kampf­pan­zer zur Verfü­gung stellen.

Der Bundes­tag disku­tier­te zeitgleich über einen Antrag der CDU/C­SU-Frakti­on zur Liefe­rung schwe­rer Waffen an die Ukrai­ne. «Die schwe­re Waffe schlecht­hin sind Panzer», beton­te der stell­ver­tre­ten­de Unions-Frakti­ons­vor­sit­zen­de Johann Wadephul (CDU). Es sei jetzt die Zeit, dass Deutsch­land grünes Licht für die Liefe­rung von Kampf­pan­zern gebe. «Wir sind jetzt gefor­dert», sagte Wadephul.