RAVENSBURG/MANNHEIM (dpa/lsw) — Attacke statt Katz-und-Maus-Spiel — Polizis­ten bekla­gen mehr Aggres­sio­nen bei Corona-Demos. Wird die Polizei verstärkt zum Feindbild?

Bei Protes­ten gegen die Corona-Politik regis­trie­ren Polizis­ten eine zuneh­men­de Aggres­si­ons­be­reit­schaft. Nach einer Protest­ak­ti­on mit 1200 Teilneh­mern am Montag­abend in Ravens­burg sagte eine Polizei­spre­che­rin am Diens­tag: «So etwas gab es noch nicht. Dieses Aggres­si­ons­po­ten­zi­al war bislang nicht vorhan­den.» Ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei habe es auch schon bei vorhe­ri­gen Demos gegeben. Nun hätten die Beamten aber das Gefühl, als Gegner gesehen zu werden. «Die Hemmschwel­le ist gesunken.»

Bei Protes­ten gegen die Corona-Politik mit Tausen­den Teilneh­mern war es am Montag­abend in Baden-Württem­berg in mehre­ren Städten zu Zwischen­fäl­len und Angrif­fen auf Beamte gekom­men. «Insbe­son­de­re in Ravens­burg und in gerin­ge­rem Umfang auch in Fried­richs­ha­fen kam es zu gewalt­sa­men Übergrif­fen auf Polizei­be­am­te», hieß es in einer Mittei­lung. In Ravens­burg durch­bra­chen Demons­tran­ten trotz des Einsat­zes von Schlag­stö­cken und Pfeffer­spray eine Polizei­ket­te, attackier­ten mehre­re Beamte sowie einen Einsatz­wa­gen und zünde­ten Feuer­werks­kör­per. Mehre­re Perso­nen hätten zudem ein Fahrzeug, das wegen einer Ansamm­lung halten musste, mit Schlä­gen und Tritten demoliert.

Es wurden laut Polizei die Perso­na­li­en «etlicher Perso­nen» erhoben, die mit einem Bußgeld zwischen 250 und 500 Euro rechnen müssen. Auch seien Perso­na­li­en der mutmaß­li­chen Anfüh­rer festge­stellt worden. Sie seien auf freiem Fuß. Eine Demons­tran­tin wurde der Polizei zufol­ge vom Rettungs­dienst wegen einer Panik­at­ta­cke versorgt.

In Fried­richs­ha­fen wurde am Montag­abend gleich­falls bei einer Anti-Corona-Maßnah­men-Demo mit rund 700 Teilneh­mern ein Beamter angegrif­fen: Ein 34-Jähri­ger schlug auf ihn ein, als der Beamte ihn auf Abstand halten wollte, hieß es. «Auch dort hatte man das Gefühl: Man will die Polizei provo­zie­ren», so die Spreche­rin. Mit einer Straf­an­zei­ge muss ein 59-Jähri­ger rechnen, der in Wangen als mutmaß­li­cher Leiter einer nicht angemel­de­ten Versamm­lung mit etwa 300 Teilneh­mern ermit­telt werden konnte.

In Mannheim leiste­ten nach Polizei­an­ga­ben einige der 800 Demons­tran­ten am Montag­abend Wider­stand gegen die Einsatz­kräf­te. Sie sollen versucht haben, gewalt­sam Absper­run­gen der Polizei zu durch­bre­chen. Gegen zwei von ihnen sollte es noch im Laufe des Diens­tags beschleu­nig­te Verfah­ren geben. Gegen mehr als 300 Teilneh­mer der Aufzü­ge an mehre­ren Orten der Stadt seien zudem Anzei­gen wegen Versto­ßes gegen das Versamm­lungs­ge­setz aufge­nom­men und Platz­ver­wei­se erteilt worden. Viele der Demons­tran­ten hielten sich nicht an die Abstands­re­geln und trugen keine Masken, weshalb auch gegen sie Anzei­ge erstat­tet wurde.

Insge­samt hatten sich laut Polizei am Montag­abend über 1300 Perso­nen in Mannheim, Heidel­berg und mehre­ren Kommu­nen des Rhein-Neckar-Kreises zu sogenann­ten Montags­spa­zier­gän­gen versam­melt. «Die Versamm­lun­gen waren erneut im Vorfeld geplant und im Inter­net bewor­ben, jedoch nicht bei den jeweils zustän­di­gen Versamm­lungs­be­hör­den angemel­det worden», hieß es in einer Mittei­lung. Im Gegen­satz zu vergan­ge­ner Woche — da wurden in Mannheim 15 Beamte verletzt — gab es diesmal keine Blessu­ren. Auch ein Mannhei­mer Polizei­spre­cher beklag­te mehr Aggres­si­on bei Corona-Demos. Von manchen werde die Polizei als Feind gesehen.

SPD-Landes­chef Andre­as Stoch meinte, es sei für die überwäl­ti­gen­de Mehrheit der Menschen schwer erträg­lich, wenn Weihnachts­märk­te oder Sport­ver­an­stal­tun­gen unter­sagt würden, während sich Frustrier­te ohne Maske, Abstand und Inhalt durch die Stadt­mit­te schöben. «Wir dürfen nicht zulas­sen, dass sich eine Minder­heit in den Vorder­grund drängelt.»