ERKELENZ (dpa) — Noch immer harren Gegner der Braun­koh­le­ver­stro­mung in Lützer­ath aus. Bei einer Anti-Kohle-Demo gab es bei Zusam­men­stö­ßen zwischen Polizei und Teilneh­mern Verletz­te. Die Räumung geht weiter.

Die Polizei hat die Räumung des von Aktivis­ten besetz­ten Braun­koh­le­or­tes Lützer­ath Morgen fortge­setzt. Höhen­ret­ter der Polizei, die an einem Kran befes­tigt waren, versuch­ten, zu Aktivis­ten in Bäumen zu gelan­gen, wie ein Sprecher sagte.

Nach Polizei­an­ga­ben halten sich nur noch wenige Aktivis­ten in Lützer­ath auf. Die Zahl der Menschen liege schät­zungs­wei­se im einstel­li­gen Bereich, sagte der Sprecher. In einem Tunnel sollen zwei Perso­nen aushar­ren. Nach Aussa­ge eines Aktivis­ten vor Ort sind noch etwa 20 Menschen auf dem Gelände.

Weite Teile des Gelän­des waren am frühen Morgen mit Flutlicht ausge­leuch­tet, wie dpa-Repor­ter berich­te­ten. Bagger fuhren auf das Gelän­de, um weite­re Gebäu­de abzureißen.

Der Energie­kon­zern RWE hatte am Samstag von Vorbe­rei­tun­gen gespro­chen, um die beiden Aktivis­ten aus dem Tunnel zu holen. «Es wird an einem Rettungs­kon­zept gearbei­tet», sagte ein Unter­neh­mens­spre­cher. Man sei dabei auch mit exter­nen Exper­ten und dem Techni­schen Hilfs­werk in Kontakt. «Die beiden, die da unten sitzen, sind nach eigenen Angaben wohlauf.» Sie hätten etwa keine Proble­me mit Frischluft.

Das Dorf Lützer­ath, ein Ortsteil von Erkel­enz westlich von Köln, ist seit Tagen von der Polizei abgerie­gelt und mit einem doppel­ten Zaun umgeben. Die wenigen Gebäu­de der Siedlung werden abgeris­sen, um es dem Energie­kon­zern RWE zu ermög­li­chen, die darun­ter liegen­de Braun­koh­le abzubag­gern. Dagegen hatten am Samstag viele Tausend Menschen im benach­bar­ten Ortsteil Keyen­berg demons­triert. Die Polizei sprach von 15.000 Teilneh­mern, die Veran­stal­ter schätz­ten die Zahl auf 35.000.

Verletz­te auf beiden bei Zusammenstößen

Am Rand der Demons­tra­ti­on kam es zu Zusam­men­stö­ßen zwischen Demons­tran­ten und der Polizei. Insge­samt seien mehr als 70 Polizis­ten verletzt worden. Die meisten davon seien am Samstag bei den Protest­ak­tio­nen der Kohle-Gegner verletzt worden, so ein Polizei­spre­cher. Die Verlet­zun­gen gingen aber nur zum Teil auf Gewalt durch Demons­tran­ten zurück. Teilwei­se seien die Beamten zum Beispiel auch im schlam­mi­gen Boden umgeknickt. Auch Demons­tran­ten seien verletzt worden. Wie viele es seien, wisse man nicht. Seit Beginn der Räumung von Lützer­ath am Mittwoch seien etwa 150 Straf­ver­fah­ren etwa wegen Wider­stands gegen Polizei­be­am­te, Körper­ver­let­zung und Landfrie­dens­bruchs einge­lei­tet worden.

Eine Spreche­rin der Aktivis­ten­grup­pe «Lützer­ath lebt» erhob schwe­re Vorwür­fe gegen die Polizei. Bei der Demo am Samstag habe es «ein unglaub­li­ches Maß an Polizei­ge­walt» gegeben, sagte sie. Eine Person aus den Reihen der Demons­tran­ten sei in lebens­be­droh­li­chem Zustand ins Kranken­haus gebracht worden. Das Vorge­hen bei der Räumung von Lützer­ath selbst sei rabiat und rücksichts­los. «Es ist ein Wunder, dass es hier noch keine Toten gegeben hat», sagte die Spreche­rin. Die Polizei weist diesen Vorwurf zurück und versi­chert, mit äußers­ter Vorsicht vorzugehen.

Der Energie­kon­zern RWE teilte am Abend mit, man sei «entsetzt über die Aggres­sio­nen und die Gewalt, die von Teilen der Aktivis­ten ausgin­gen». Dies habe mit der ansons­ten fried­li­chen Demons­tra­ti­on nichts mehr zu tun. «Wer völlig enthemmt Steine und Feuer­werks­kör­per auf Polizis­ten wirft und versucht Absper­run­gen zu durch­bre­chen, kriti­siert nicht die Energie­po­li­tik, sondern attackiert das gesell­schaft­li­che Funda­ment unseres Rechtsstaats.»

Haupt­red­ne­rin bei der Kundge­bung war die schwe­di­sche Klima­ak­ti­vis­tin Greta Thunberg. «Lützer­ath ist noch da, und solan­ge die Kohle noch in der Erde ist, ist dieser Kampf nicht zu Ende», sagte die 20-Jähri­ge unter dem Jubel der Zuhörer.