Ist Donald Trump der «Anstiftung zum Aufruhr» schuldig? Vor dem erwarteten Ende des Impeachment-Verfahrens im US-Senat wollen die Ankläger in dieser Frage plötzlich Zeugen vorladen. Im Senat herrscht zunächst Verwirrung über den weiteren Zeitplan.
WASHINGTON (dpa) — Kurz vor dem erwarteten Abschluss des Amtsenthebungsverfahrens gegen Ex-Präsident Donald Trump hat sich die Aufmerksamkeit im US-Senat auf einen brisanten Telefonanruf gerichtet.
Ankläger des Repräsentantenhauses setzten überraschend die Anhörung einer Zeugin durch. Der demokratische Chefankläger Jamie Raskin forderte, die republikanische Abgeordnete Jaime Herrera Beutler eine Stunde lang per Videoschalte anzuhören. Trumps Verteidigern lehnten ab, doch stimmte eine Mehrheit der demokratischen Senatoren und eine Hand voll Republikaner im Grundsatz für die Anhörung — wodurch sich das Verfahren verzögern dürfte.
Die Abgeordnete Beutler hatte in der Nacht über ein Telefonat zwischen Trump und dem republikanischen Minderheitsführer in der Kongresskammer, Kevin McCarthy, während der Erstürmung des Kapitols berichtet und damit den Ex-Präsidenten erneut belastet. Während McCarthy der Schilderung zufolge Trump in dem Gespräch mit Nachdruck aufforderte, einzuschreiten und seine Anhänger sofort zur Umkehr aufzufordern, soll Trump sich gleichgültig gezeigt haben.
Es blieb zunächst unklar, ob der Senat neben der Republikanerin noch weitere Zeugen anhören würde. Nach der unerwarteten Abstimmung über die Anhörung von Zeugen herrschte zunächst auch bei Senatoren Unklarheit, wie es weitergehen würde. Am Freitagabend (Ortszeit) hatte es noch danach ausgesehen, dass das Verfahren gegen Trump im Senat vermutlich schon am Samstag, nach nur fünf Verhandlungstagen, abgeschlossen werden könnte.
Am 6. Januar hatten Anhänger des abgewählten Präsidenten gewaltsam das Kapitol gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Wahlsieg von Trumps Nachfolger Joe Biden offiziell zu bestätigen. Bei den Krawallen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. Trump hatte seine Anhänger unmittelbar zuvor damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei. Er sagte unter anderem: «Wenn Ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet Ihr kein Land mehr haben.»
Die Demokraten werfen ihm daher «Anstiftung zum Aufruhr» vor und haben im Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Sie wollen damit auch erreichen, dass der Ex-Präsident für künftige politische Ämter auf Bundesebene gesperrt wird. Geführt und entschieden wird das Impeachment-Verfahren im Senat. Die Kongresskammer nimmt dabei die Rolle eines Gerichts ein. Bisher sieht es aber nach einem Freispruch für den Republikaner Trump aus: Für eine Verurteilung müssten sich den 50 Demokraten im Senat 17 Republikaner anschließen, was derzeit nicht absehbar ist.
Trumps Verteidiger Michael van der Veen sagte am Samstag, falls Zeugen vorgeladen würden, würde er «mehr als 100 Aussagen» brauchen, «nicht nur eine». Van der Veen drohte, auch die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sowie Vizepräsidentin Kamala Harris vorladen zu wollen. Seine Forderung nach einer Aussage der Demokratinnen zielte wohl vor allem darauf ab, die Ankläger davon abzubringen, die Tür für die Anhörung weiterer Zeugen zu öffnen.
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