MOSKAU (dpa) — Russlands Ankün­di­gung, Gas nur noch gegen Rubel-Zahlun­gen zu liefern, hat im Westen Sorgen vor mögli­chen Engpäs­sen ausge­löst. Nun will Kreml­chef Wladi­mir Putin mit Gazprom und Zentral­bank beraten.

Vor einer Woche kündig­te Kreml­chef Wladi­mir Putin an, russi­sches Gas an westli­che Staaten künftig nur noch gegen Rubel zu verkau­fen — nun will Putin sich mit Vertre­tern des Gasrie­sen Gazprom und der Zentral­bank über konkre­te Schrit­te beraten.

Putin hatte zuvor angewie­sen, bis zu diesem Donners­tag die Modali­tä­ten zur Umstel­lung der Zahlun­gen von Euro und Dollar auf Rubel für Kunden aus «unfreund­li­chen Staaten» auszuarbeiten.

Kreml­spre­cher Dmitri Peskow beton­te, dass das neue Zahlungs­sys­tem aber nicht direkt am Donners­tag in Kraft treten werde. Die Liefe­rung von Gas und die Bezah­lung seien getrenn­te Prozes­se. Zugleich hatte er kürzlich betont, Russland sei keine Wohltä­tig­keits­or­ga­ni­sa­ti­on und gesagt: «Keiner wird Gas umsonst liefern, und bezahlt werden kann es nur in Rubeln.» Begrün­det hatte Moskau sein Vorge­hen mit einem angeb­li­chen «Wirtschafts­krieg» des Westens.

Telefo­nat zwischen Putin und Scholz

Die Gruppe der G7-Wirtschafts­mäch­te, darun­ter Deutsch­land, sowie die Europäi­sche Union insge­samt lehnen Zahlun­gen in Rubel ab. Die Bundes­re­gie­rung hatte Russland Vertrags­bruch vorge­wor­fen. Am Mittwoch­abend telefo­nier­te Putin mit Kanzler Olaf Scholz — und sicher­te dabei laut Kreml zu, dass die Umstel­lung auf Rubel­zah­lun­gen für russi­sches Gas nicht zu Nachtei­len für Deutsch­land führen solle.

Scholz (SPD) bekräf­tig­te nach dem Gespräch mit Putin, dass Deutsch­land die Gaslie­fe­run­gen aus Russland wie in den Verträ­gen vorge­se­hen weiter in Euro oder Dollar bezah­len werde. Putin hatte in dem Telefo­nat erläu­tert, dass ab dem 1. April ein Gesetz gelte, wonach die Liefe­rung von Gas in Rubel zu beglei­chen sei, wie der Sprecher der Bundes­re­gie­rung, Steffen Hebestreit, am Abend sagte.

Aller­dings würde sich für die europäi­schen Vertrags­part­ner nichts ändern: Die Zahlun­gen würden weiter­hin ausschließ­lich in Euro ergehen und wie üblich an die Gazprom-Bank überwie­sen, die nicht von den Sanktio­nen betrof­fen sei. Die Bank konver­tie­re dann das Geld in Rubel. Scholz habe diesem Verfah­ren nicht zugestimmt, sondern nur um schrift­li­che Infor­ma­tio­nen dazu gebeten, beton­te Hebestreit. Um das Gespräch habe Putin gebeten.

Angst vor Lieferstopp

Das angekün­dig­te Treffen Putins mit Zentral­bank und Gazprom sowie die Weige­rung westli­cher Staaten, auf Rubel umzustel­len, hatten dennoch Befürch­tun­gen in Europa ausge­löst, Russland könne die Gaslie­fe­run­gen zügig einstel­len. Auch in Deutsch­land sind die Sorgen gewach­sen. Die Bundes­re­gie­rung rief am Mittwoch die erste von drei Stufen eines Notfall­plans Gas aus. Damit soll die Vorsor­ge für den Fall der Fälle gestärkt werden, ein Krisen­stab wurde gebildet.

An Verbrau­cher und Unter­neh­men ging der Appell, Gas zu sparen. Die Versor­gungs­si­cher­heit sei aktuell weiter­hin gewähr­leis­tet. Die Bundes­re­gie­rung beton­te erneut, die von Russland gefor­der­te Zahlung von Gaslie­fe­run­gen in Rubel sei ein Bruch der Lieferverträge.

Steigen­de Energiepreise

Zuneh­mend zu schaf­fen machen vor allem weiter steigen­de Energie­prei­se — die Verbrau­cher­prei­se in Deutsch­land lagen im März um 7,3 Prozent über dem Niveau des Vorjah­res­mo­nats. Im Gesamt­jahr 2022 droht Verbrau­che­rin­nen und Verbrau­chern die höchs­te Infla­ti­on seit der Wieder­ver­ei­ni­gung. Die «Wirtschafts­wei­sen» warnten, Deutsch­land könnte in eine Rezes­si­on stürzen, sollte sich die Krise weiter verschärfen.

Ein mögli­cher russi­scher Gaslie­fer­stopp würde auch die Ukrai­ne treffen, die aus dem Gas-Transit wichti­ge Durch­lei­tungs­ge­büh­ren bezieht. Trotz des von Russland gestar­te­ten Angriffs­kriegs werden bislang täglich große Mengen Gas durch ukrai­ni­sche Leitun­gen gepumpt. Seit Kriegs­be­ginn am 24. Febru­ar wurden nach Angaben des staat­li­chen ukrai­ni­schen Betrei­bers für das Gastrans­port­sys­tem deutlich mehr als drei Milli­ar­den Kubik­me­ter Erdgas aus Russland nach Westen transportiert.