Am Ende wurde der Druck zu groß. Nach anhal­ten­den Vorwür­fen tritt RBB-Chefin Patri­cia Schle­sin­ger zurück. Die Aufar­bei­tung der Affären wird noch lange dauern.

Angesichts zahlrei­cher Vorwür­fe tritt RBB-Inten­dan­tin Patri­cia Schle­sin­ger zurück. «Patri­cia Schle­sin­ger legt ihr Amt als Inten­dan­tin des Rundfunk Berlin-Branden­burg (RBB) mit sofor­ti­ger Wirkung nieder und tritt als Chefin des Senders zurück», teilte der öffent­lich-recht­li­che Sender am Sonntag mit, zuvor berich­te­te «Bild». Bereits am Donners­tag war die 61-Jähri­ge als Vorsit­zen­de der gesam­ten ARD-Gemein­schaft zurück­ge­tre­ten, der Druck wuchs seither jedoch weiter.

Schle­sin­ger war seit 2016 Inten­dan­tin des RBB, der im ARD-Sender­ver­bund eine der kleine­ren Anstal­ten ist. Ihre zweite Amtszeit begann im vergan­ge­nen Jahr und hätte eigent­lich fünf Jahre bis 2026 gedauert.

Schle­sin­ger sagte in der Mittei­lung: Ihre Verant­wor­tung gelte dem RBB und seinen Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­tern. «Aktuell steht nicht mehr die journa­lis­ti­sche und publi­zis­ti­sche Leistung des Senders im Vorder­grund, sondern es geht nur um mögli­che und angeb­li­che Verfeh­lun­gen der Inten­dan­tin. Das bedaue­re ich sehr und ich entschul­di­ge mich bei den Beschäf­tig­ten des RBB für diese Entwicklung.»

Rücktritts­for­de­run­gen kamen aus der Politik

Aus der Politik hatte es zuvor Rücktritts­for­de­run­gen gegen sie als RBB-Chefin gegeben. Der RBB-Perso­nal­rat äußer­te im Intra­net seinen Unmut über den Verlauf der Aufklä­rung. Zudem kamen am Sonntag in mehre­ren Medien­be­rich­ten neue Details zu den Vorwür­fen auf. Am Montag will sich der Rundfunk­rat zu einer Sonder­sit­zung treffen. Diese war bereits vor dem Rücktritt angekün­digt worden. Die Leitung des RBB übernimmt ab sofort der stell­ver­tre­ten­de Inten­dant Hagen Brandstäter.

RBB-Rundfunk­rats­vor­sit­zen­de Friede­ri­ke von Kirch­bach sagte in der RBB-Mittei­lung: «Wenn Patri­cia Schle­sin­ger ihr Amt aufgibt, ist das in der aktuel­len Situa­ti­on der richti­ge Schritt, weil die umfang­rei­chen Vorwür­fe nun unabhän­gig vom Alltags­ge­schäft im RBB geklärt werden können.» Sie danke ihr für die «weitrei­chen­de Entscheidung».

«Bild» führte ein Schrei­ben Schle­sin­gers an den RBB-Rundfunk­rat an, wonach ihr Verzicht vertrags­ge­mäß unter Beach­tung der Ankün­di­gungs­frist erfol­ge. Die Zeitung speku­lier­te zudem über die Frage einer mögli­chen Abfin­dung und zitier­te aus dem Dokument, dass Schle­sin­ger bereit sei, diese Frist zu verkür­zen, wenn es sich um einen «vertrags­mä­ßi­gen Verzicht» handle.

Anschul­di­gun­gen zurückgewiesen

Die Sender­che­fin hatte die Anschul­di­gun­gen der vergan­ge­nen Wochen gegen sie zurück­ge­wie­sen. In der Mittei­lung vom Sonntag sprach sie von «persön­li­chen Anwür­fen und Diffa­mie­run­gen». Es gilt die Unschulds­ver­mu­tung, derzeit läuft die exter­ne Unter­su­chung. Dafür wurde auch ein Whist­le­b­lower-System im Sender einge­rich­tet. Ergeb­nis­se werden aber erst in einigen Wochen erwartet.

Ende Juni hatte «Business Insider» das Ganze ins Rollen gebracht. Die bislang ungeklär­ten Vorwür­fe reichen von fragwür­di­gen Berater­ver­trä­gen zu einem inzwi­schen auf Eis geleg­ten RBB-Baupro­jekt, einer großen Gehalts­er­hö­hung für Schle­sin­ger auf gut 300 000 Euro bis zu einem zusätz­li­chen, zuvor öffent­lich nicht bekann­ten Boni-System. Außer­dem geht es um angeb­li­che Essen mit «Multi­pli­ka­to­ren» auf RBB-Kosten in ihrer Privat­woh­nung und einen luxuriö­sen Dienst­wa­gen mit Massa­ge­sit­zen, für den es einen sehr hohen Rabatt gegeben haben soll.

«Business Insider», «Bild» und «B.Z.» berich­te­ten am Sonntag jeweils über weite­re Details. In den Berich­ten ging es etwa um eine Liste von Teilneh­mern, die bei den Treffen in Schle­sin­gers Privat­woh­nung dabei gewesen sein sollen, und um eine Menüab­fol­ge. Zudem drehte es sich erneut um angeb­li­che Rechnungs­abän­de­run­gen zu den Essen. «Bild» brach­te auch eine veran­schlag­te Summe von mehr als 650 000 Euro für einen Umbau der Chefeta­ge im RBB für den ARD-Vorsitz ins Spiel. Das Geld soll unter anderem für einen Massa­ge­ses­sel und teure Möbel ausge­ge­ben worden sein.

Von Anna Ringle, dpa