MÜNCHEN (dpa) — Roman­cier, Drama­ti­ker, Dichter, Filme­ma­cher, Maler und Schau­spie­ler: Herbert Achtern­busch ist gestor­ben. Vom Ärger­nis zum Klassi­ker — so ließe sich seine Laufbahn beschreiben.

Er war mehr als ein Filme­ma­cher. Er schrieb, dichte­te, malte, war Schau­spie­ler. Herbert Achtern­busch ist tot. Er starb im Alter von 83 Jahren. Die Stadt München bestä­tig­te am Donners­tag einen entspre­chen­den Bericht der «Süddeut­schen Zeitung».

Sein Werk ist umfang­reich: Fast 30 Filme listet seine Filmo­thek auf, 20 Theater­stü­cke, 40 Buchpu­bli­ka­tio­nen und Hunder­te von großflä­chi­gen Bildern. «Gemalt hab ich immer», sagte er 2013 im dpa-Inter­view. Und was er immer am liebs­ten gemacht hatte, offen­bar­te er einmal der «Münch­ner Abend­zei­tung»: «Gemalt».

Hasslie­be zur Heimat

In der Öffent­lich­keit ist er aller­dings weniger als Maler denn als Schöp­fer skurril-subver­si­ver Filme in Erinne­rung geblie­ben. Einer dieser Strei­fen heißt «Die Atlan­tik­schwim­mer» und zeigt zwei ziemlich normal gebau­te Männer, nur mit Badeho­se und lächer­li­chen Schwimm­bril­len beklei­det, wie sie in den oberbaye­ri­schen Walchen­see hüpfen, um von dort aus Ameri­ka zu errei­chen. Getreu dem Motto: Du hast keine Chance, aber nutze sie! Ein echter Achtern­busch eben. Nonsens mit Hinter­sinn und Boden­haf­tung. Irgend­wo zwischen Karl Valen­tin, Gerhard Polt und Thomas Bernhard.

Mit dem öster­rei­chi­schen Drama­ti­ker verband ihn vor allem seine unbeding­te Hasslie­be zur Heimat. «In Bayern mag ich nicht mal gestor­ben sein», schrieb er 1977. Trotz­dem hätten ihn wohl keine zehn Pferde wegge­bracht. Wie auch Thomas Bernhard außer­halb von Öster­reich einge­gan­gen wäre wie eine selte­ne Hochge­birgs­blu­me, die man ins Flach­land verpflanzt.

Herbert Achtern­busch kam als unehe­li­cher Sohn einer Sport­leh­re­rin und eines Zahntech­ni­kers in München zur Welt und wuchs im Bayeri­schen Wald auf. Nach dem Abitur in Cham studier­te er ein wenig an den Kunst­aka­de­mien in München und Nürnberg und schlug sich mit Gelegen­heits­jobs durch, bevor er mit dem Schrei­ben begann.

Schon mit seinem ersten Roman «Alexan­der­schlacht» sicher­te er sich einen festen Platz in der Litera­tur-Avant­gar­de der siebzi­ger und achtzi­ger Jahre. Mit seinen in rascher Folge entstan­de­nen Theater­stü­cken errang er zweimal den Mülhei­mer Drama­ti­ker­preis. Sein Zwei-Perso­nen-Stück «Gust» (1986) mit Sepp Bierbich­ler als aus der Zeit gefal­le­nem Bauern, der im Begriff ist, seine Frau zu verlie­ren, lief jahre­lang erfolg­reich an den Münch­ner Kammer­spie­len. 2017 wurde am Münch­ner Volks­thea­ter «Dogtown Munich» urauf­ge­führt, abermals ein Bekennt­nis zu seiner Heimat­stadt und vielleicht so etwas wie ein Vermächtnis.

Lieblings­feind Franz Josef Strauß

Schon in den siebzi­ger Jahren kam Achtern­busch in Kontakt zur Szene der deutschen Autoren­fil­mer um Werner Herzog, Volker Schlön­dorff und Marga­re­the von Trotta. Seine oft mit gerin­gem Aufwand gedreh­ten Strei­fen nahmen regel­mä­ßig die so unange­passt-subver­si­ve wie obrig­keits­hö­ri­ge und bigot­te bayeri­sche Volks­see­le aufs Korn. In «Der Depp» (1983) ließ er seinen Lieblings­feind Franz Josef Strauß vergif­ten, im halbdo­ku­men­ta­ri­schen «Bierkampf» rechnet er mit einem bayeri­schen Heilig­tum ab: dem Oktoberfest.

Als er in «Das Gespenst» Jesus Chris­tus vom Kreuz herab­stei­gen lässt, um mit Maria eine Kneipe zu eröff­nen, war für den damali­gen CSU-Innen­mi­nis­ter Fried­rich Zimmer­mann das Maß voll. Er verwei­ger­te dem unbot­mä­ßi­gen Regis­seur die Auszah­lung der letzten Förder­ra­te, weil dieser das «religiö­se Empfin­den großer Teile der Bevöl­ke­rung» verletzt habe. Länge­re Zeit bekam Achtern­busch darauf­hin im Fernse­hen kein Bein mehr auf den Boden.

Doch die Zeiten haben sich geändert, Achtern­busch zählte zum Inven­tar des bundes­re­pu­bli­ka­nisch-bayeri­schen Kurio­si­tä­ten­ka­bi­netts. Zu seinem 80. Geburts­tag hatte ihm das Münch­ner Filmmu­se­um eine Hommage mit acht seiner Spiel­fil­me sowie einem Filmpor­trät gewidmet.

Von Georg Etscheit und Kathrin Zeilmann, dpa