Trotz des bundes­wei­ten Lockdowns sind die Corona-Fallzah­len in Deutsch­land weiter hoch. Zum ersten Mal im neuen Jahr hat sich das Robert Koch-Insti­tut nun wieder mit Einschät­zun­gen zu Wort gemeldet.

Das Robert Koch-Insti­tut (RKI) hält auch wegen noch unkla­rer Folgen von Corona-Mutatio­nen eine massi­ve Verrin­ge­rung der Fallzah­len für geboten.

RKI-Chef Lothar Wieler rief am Donners­tag in Berlin dazu auf, dass mehr Menschen zum Schutz vor Anste­ckun­gen im Homeof­fice arbei­ten sollten. «Jetzt schützt die Heimar­beit die Gesund­heit von uns allen — dazu brauchen wir noch mehr verant­wor­tungs­vol­le Arbeit­ge­ber», sagte Wieler. Wegen der Gefahr, dass mutier­te und anste­cken­de­re Corona-Varian­ten einge­schleppt werden, appel­lier­te er zum Verzicht auf nicht notwen­di­ge Reisen.

Zurzeit müssten die Maßnah­men zur Kontakt­re­duk­ti­on «mit aller Konse­quenz» genutzt werden, um die Infek­ti­ons­zah­len zu drücken, mahnte der Mikro­bio­lo­ge und Tierme­di­zi­ner. Danach müssten die Zahlen auf einem niedri­gen Niveau gehal­ten werden — es gebe keinen anderen Weg. «Am Ende dieses Jahres werden wir diese Pande­mie kontrol­liert haben», stell­te Wieler in Aussicht.

Neben vorbild­li­chen Arbeit­ge­bern, die Homeof­fice ermög­licht hätten, gebe es noch Betrie­be, deren Mitar­bei­ter noch ins Büro fahren oder in denen sogar persön­li­che Treffen mit mehre­ren Teilneh­mern abgehal­ten werden, obwohl Arbeit von Zuhau­se dort grund­sätz­lich möglich wäre.

Wieler beton­te, jede Infek­ti­on sei eine zu viel. «Bitte bleiben Sie Zuhau­se, wenn immer möglich.» Es gelte, sich immer und überall an die Regeln zu Abstand, Hygie­ne, Alltags­mas­ke und Lüften zu halten. Dass die Maßnah­men wirkten, sehe man anhand der sehr niedri­gen Fallzah­len anderer Atemwegs­in­fek­tio­nen im Vergleich zu den Vorjah­ren. Wichtig sei aber, dass die Menschen die Maßnah­men auch konse­quent umsetzen.

«Wer nicht unbedingt muss, sollte im Moment nicht verrei­sen», sagte Wieler mit Blick auf die starke Verbrei­tung neuer Corona-Varian­ten in anderen Ländern. Mit Stand Mittwoch seien alle aktuell bekann­ten Nachwei­se dieser Varian­ten in Deutsch­land von Reisen­den mitge­bracht worden. Bisher könne man noch nicht abschät­zen, wie sich die Varian­ten auf die Situa­ti­on hierzu­lan­de auswirk­ten. «Sie könnten sich aber auch hier durch­set­zen und zu noch mehr Fällen in kürze­rer Zeit führen.» Es bestehe die Möglich­keit, dass sich die Lage noch verschlimmere.

Anhalts­punk­te sprechen Wieler zufol­ge aber nicht dafür, dass die Varian­ten hierzu­lan­de bereits stark verbrei­tet seien. Er räumte aller­dings ein: «Wir haben keinen vollen Überblick über die Varian­ten.» Nach einem «Handelsblatt»-Bericht unter Berufung auf das RKI sind in Deutsch­land im Dezem­ber etwa 200 bis 250 Genome auf Mutatio­nen unter­sucht worden — das sei viel weniger als etwa in Großbri­tan­ni­en und Dänemark. Aber auch in Deutsch­land soll jetzt mehr nach Varian­ten gesucht werden. In Großbri­tan­ni­en hatte sich zuletzt eine Corona-Varian­te sehr rasch ausge­brei­tet. Auch eine in Südafri­ka entdeck­te Varian­te steht derzeit im Fokus.

Der RKI-Chef verwies auf die hohe Arbeits­be­las­tung im Gesund­heits­we­sen, insbe­son­de­re auf den Inten­siv­sta­tio­nen. «Die inten­siv­me­di­zi­ni­sche Versor­gung in Deutsch­land war wahrschein­lich noch nie so ausge­las­tet wie heute.» Auf den Inten­siv­sta­tio­nen liege das Durch­schnitts­al­ter der Patien­ten teilwei­se unter 60 Jahren. Wegen der hohen Infek­ti­ons­zah­len seien immer mehr Jünge­re betrof­fen. Die bestmög­li­che Versor­gung der Erkrank­ten könne aber nicht mehr flächen­de­ckend gewähr­leis­tet werden.