Ein famoses deutsches Skiteam bejubelt in Corti­na d’Ampez­zo einen weite­ren Vize-Weltmeis­ter. In der Abfahrt rast Andre­as Sander zu Silber — nur 0,01 Sekun­den hinter einem Öster­rei­cher. Die Emotio­nen lässt der Sport­ler aus Ennepe­tal nur langsam an sich heran.

Corti­na d’Ampez­zo (dpa) — Als Andre­as Sander im Sonnen­schein der Dolomi­ten die Sensa­ti­ons-Silber­me­dail­le in die Höhe reckte, konnte er seinen histo­ri­schen Abfahrts-Coup noch nicht ganz fassen.

Im völlig verblüff­ten deutschen Ski-Team gehen derweil langsam die Super­la­ti­ve für das Winter­mär­chen in Corti­na d’Ampez­zo aus. Nach Jahren der vergeb­li­chen Podest­jagd im Weltcup raste der Sport­ler aus Ennepe­tal ausge­rech­net bei der Weltmeis­ter­schaft in der Königs­dis­zi­plin auf das Trepp­chen. «Wahnsinn, absolut!», sagte er. «Das hätte ich mir nicht erträu­men können. Das war ein perfek­ter Tag.»

Dass Sander dabei Gold nur um die Winzig­keit einer Hunderts­tel­se­kun­de hinter dem Öster­rei­cher Vincent Kriech­mayr verpass­te, minder­te die Eupho­rie und die Freude kein bisschen. «Für uns ist das gleich­zu­set­zen mit einer Goldme­dail­le», sagte der deutsche Alpin­chef Wolfgang Maier, der nach so vielen Jahren im Skirenn­sport schon lange nicht mehr derart erleich­tert wirkte. «Für unser Team ist das ein absolu­tes Sensationsergebnis.»

Silber im Super‑G durch Romed Baumann, Silber in der Abfahrt durch Kira Weidle — die famose Fahrt der Starn­ber­ge­rin am Samstag hatte Sander im Livestream auf seinem Handy mit den Teamkol­le­gen kurz vor dem Abfahrts­trai­ning angeguckt. 24 Stunden später raste auch er am Fuße des mächti­gen Tofane-Massivs zu Silber.

Fast alle Favori­ten patzten auf der kniffe­li­gen Verti­gi­ne-Strecke, gelang dem 31-Jähri­gen ein fast fehler­lo­ser Lauf. «Ich hatte heute einen sensa­tio­nel­len Tag und ein Mega-Gefühl am Start», berich­te­te er. Er ließ den dritt­plat­zier­ten Beat Feuz aus der Schweiz ebenso hinter sich wie Favorit Dominik Paris, der Vierter wurde.

Auch die anderen deutschen Starter wurden abgehängt. Thomas Dreßen verpatz­te beim Comeback den entschei­den­den Strecken­teil und wurde 18. (+1,68). «Ich habe mir vorge­nom­men, das Beste zu probie­ren», sagte er und erinner­te daran, dass der Sonntag erst sein elfter Skitag nach einer Hüft-OP im Novem­ber und der folgen­den Reha war. Wenn nun irgend­wer meine, er könne klug daher­re­den, «dann sag ich ihm, fahre doch selbst mal mit zehn Skita­gen da runter».

Baumann lande­te auf Platz 14 (+1,30). Er rutsch­te nach der Zieldurch­fahrt weg, schlit­ter­te unter die Abgren­zung und erlitt Schnitt­ver­let­zun­gen an Mund und Nase. Laut einer ersten Unter­su­chung verletz­te er sich nicht schwer. Dominik Schwai­ger wurde 22. (+2,11).

Mann des Tages im DSV-Team war aber Sander. In 147 Weltcups, drei Olympia-Rennen und acht Weltmeis­ter­schafts-Events hatte er es nie auf ein Podest geschafft. Drei fünfte Plätze — unter anderem in diesem Winter beim Super‑G in Gröden und der Abfahrt in Kitzbü­hel — waren seine besten Resul­ta­te. Und nun gelang das Happy End von Cortina.

Dabei war er hinter Kriech­mayr mit der Start­num­mer zwei ins Rennen gegan­gen und musste dann lange zittern, ehe der Triumph perfekt war. Er habe zwar nach fünf Fahrern schon dran gedacht, dass es klappen könnte mit Edelme­tall. «Aber das waren die Emotio­nen, die habe ich unter­drückt», erzähl­te er in der ARD. Die weite­ren Spitzen­fah­rer beobach­te­te Sander dann aufge­regt und mit Sonnen­bril­le im Ziel von Corti­na, bis ihm der Erfolg nicht mehr zu nehmen war.

Der Sport­ler aus dem Sauer­land, der inzwi­schen im Allgäu lebt, schrieb auch ein kleines Kapitel deutscher Skige­schich­te: Die bislang letzte deutsche Männer-Medail­le in einer WM-Abfahrt hatte Flori­an Eckert 2001 mit Bronze gewon­nen; Hansjörg Tauscher war 1989 Weltmeis­ter gewor­den. Dreimal Edelme­tall bei den ersten vier Rennen einer WM war einem deutschen Team letzt­mals vor 43 Jahren bei den Heim-Titel­kämp­fen 1978 in Garmisch-Parten­kir­chen gelungen.