Der schlech­tes­te Bundes­li­ga-Start der Geschich­te war ein Negativ­re­kord zu viel: Schal­ke 04 hat sich von Trainer David Wagner getrennt. Die Gerüch­te über seine Nachfol­ge sind schnell entbrannt.

Rangnick saß gerade im Sky-Studio und schloss eine spekta­ku­lä­re Rückkehr nach Gelsen­kir­chen nicht aus, als plötz­lich Manuel Baum von dem Fernseh­sen­der als aussichts­reichs­ter Kandi­dat gehan­delt wurde. Die Freistel­lung Wagners kam am Morgen nach dem 1:3 in der Fußball-Bundes­li­ga gegen Werder Bremen derweil nicht mehr überra­schend. Und ging offen­bar schnell über die Bühne.

Laut «Bild» kam Wagner um neun Uhr zum Vereins­ge­län­de, schon vor zehn fuhr er mit gepack­ten Sachen vom Hof. «Wir alle hatten gehofft, dass wir die sport­li­che Wende zusam­men mit David Wagner schaf­fen können», erklär­te Schal­kes Sport­vor­stand Jochen Schnei­der. «Leider haben die ersten beiden Spiel­ta­ge der neuen Saison nicht die dafür notwen­di­gen Leistun­gen und Resul­ta­te erbracht.»

Der ehema­li­ge Augsbur­ger Bundes­li­ga-Coach und aktuel­le U20-Natio­nal­trai­ner Baum soll die besten Chancen haben, der hochge­schätz­te Schal­ker Talen­te-Schlei­fer Norbert Elgert könnte das Team am Samstag in Leipzig auf Interims­ba­sis vor der Länder­spiel-Pause betreu­en. Marc Wilmots, als Spieler 1997 Teil der legen­dä­ren «Eurofigh­ter», wollte sich zu den Gerüch­ten um seine Person nicht äußern.

Rangnick käme wenn überhaupt wohl als neuer starker Mann mit weitrei­chen­den Kompe­ten­zen infra­ge. «Wenn ich jetzt sagen würde, Schal­ke inter­es­siert mich überhaupt nicht, würde ich lügen», sagte Rangnick: «Im Moment halte ich es nicht für wahrschein­lich, noch mal eine Funkti­on dort zu überneh­men. Aber es total auszu­schlie­ßen, wäre unseri­ös.» Grund­sätz­lich, so ließ Rangnick, der Schal­ke von 2004 bis 2005 und noch einmal 2011 trainier­te, durch­bli­cken, «kann mehr entste­hen, wenn ich mehr bin als nur Trainer».

Die mögli­che Lösung mit Elgert, der auf Schal­ke unter anderem späte­re Weltmeis­ter wie Manuel Neuer oder Mesut Özil ausge­bil­de­te, und Baum klingt für den 62-Jähri­gen aber auch sinnvoll. «Norbert ist nachweis­lich der beste Ausbil­der Deutsch­lands», sagte Rangnick: «Nach allem, was ich weiß, sieht er sich mittel- oder langfris­tig nicht im Profi­be­reich. Aber ihn jetzt einzu­set­zen, weil man Manuel Baum nicht in drei Tagen vom DFB löslo­sen kann, ist vorstellbar.»

Wagner dürfte gewusst haben, was kommt. Von den Verant­wort­li­chen da schon allei­ne gelas­sen, musste der 48-Jähri­ge am späten Samstag­abend noch einen Inter­view-Marathon absol­vie­ren. Er sagte, er wolle «Teil der Lösung» sein — und wurde am Sonntag als (Teil-)Ursache der Proble­me eingestuft.

Im Sommer hatte Schnei­der nach der schlech­tes­ten Rückrun­de der Vereins­ge­schich­te noch an Wagner festge­hal­ten. Es folgten der Ausbau der Negativ­se­rie auf 18 Spiele ohne Sieg inklu­si­ve der zweit­höchs­ten Nieder­la­ge der Clubge­schich­te beim 0:8 beim FC Bayern in der Vorwo­che. Mit Wagner müssen auch seine Assis­ten­ten Chris­toph Bühler und Frank Fröhling gehen.

Wagner, der von 1995 bis 1997 Profi auf Schal­ke war, hatte im vorigen Sommer bis 2022 unter­schrie­ben. Mitte Januar hatten sie dem Trauzeu­gen von Jürgen Klopp noch zugeju­belt. Schal­ke war Fünfter, Wagner schien den eigen­wil­li­gen Club verstan­den und wieder­be­lebt zu haben. Seitdem haben die Königs­blau­en kein Spiel mehr gewonnen.

Zuletzt schien dem Trainer und auch Schnei­der vieles zu entglei­ten, hinzu kam eine Menge Pech. Lange konnten die finan­zi­ell geplag­ten Schal­ker keine Neuzu­gän­ge präsen­tie­ren. Im Trainings­la­ger wurde ein Profi positiv auf Corona getes­tet, es folgten das fatale 0:8, ein weite­rer Corona-Fall und gegen Bremen auch noch der Ausset­zer von Ozan Kabak. Der türki­sche Abwehr­spie­ler, der einen Elfme­ter verur­sach­te und am Ende Gelb-Rot sah, hatte in Richtung des Bremers Ludwig Augus­t­ins­son gespuckt. Was Wagner über Gebühr vertei­dig­te: «Ich bin der festen Überzeu­gung, dass das keine Absicht war. Auch wenn die Bilder das nicht hergeben.»

Obwohl sich Wagner fast immer so bedin­gungs­los vor seine Spieler stell­te, äußer­te Rekord­na­tio­nal­spie­ler Lothar Matthä­us als Sky-Exper­te «das Gefühl, dass zwischen Trainer und Mannschaft die Chemie nicht stimmt». Eine schwie­ri­ge Voraus­set­zung war sicher, dass Torschüt­ze Mark Uth (90.+2), Natio­nal­spie­ler Sebas­ti­an Rudy, Torhü­ter Ralf Fährmann und Nabil Bentaleb nun zu Wagners Rettern werden sollten, nachdem er im Vorjahr nichts mit ihnen anfan­gen konnte. «Ich sehe keine klare Hierar­chie, weil viele Spieler durch das Verlei­hen im Vorjahr entei­ert wurden», sagte Matthäus.