STEPHENVILLE (dpa) — Zwei deutsche Politi­ker fliegen nach Kanada, an Bord sind auch Journa­lis­ten — man sitzt eng beiein­an­der, ohne Masken. Auf kommer­zi­el­len Flügen gilt derweil die Masken­pflicht. Ein Fall von Doppelmoral?

Nach der Aufre­gung um einen Regie­rungs­flug mit Passa­gie­ren ohne Corona-Masken hat Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) auf «klare Regeln» verwie­sen. Bei einer Presse­kon­fe­renz in Neufund­land beton­te Scholz, man habe eindeu­ti­ge Vorschrif­ten, was die Flugbe­reit­schaft betref­fe. Der Kanzler äußer­te sich auch mit Blick auf eine heute bevor­ste­hen­de Kabinetts­sit­zung unter anderem zum Infek­ti­ons­schutz­ge­setz in Berlin: Er sei froh über die sehr inten­si­ve und sehr recht­zei­ti­ge Vorbe­rei­tung der notwen­di­gen Gesetz­ge­bung, damit im Herbst die richti­gen Entschei­dun­gen getrof­fen werden könnten.

Das Bundes­ka­bi­nett will dann die Weichen für die geplan­ten Corona-Aufla­gen für diesen Herbst und Winter stellen. Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) und Justiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) hatten ihre Vorschlä­ge für die Regeln im Infek­ti­ons­schutz­ge­setz Anfang August vorge­legt. Im Kern sehen die Pläne vor, dass zum Schutz vor einer Corona-Herbst­wel­le ab Oktober wieder Masken­pflich­ten in öffent­lich zugäng­li­chen Innen­räu­men möglich sein sollen. Zudem soll es weiter­hin eine Masken­pflicht in Flugzeu­gen und Fernzü­gen geben.

Kubicki: «Eindruck elitä­rer Doppelmoral»

FDP-Frakti­ons­chef Chris­ti­an Dürr kündig­te an, die Masken­pflicht in Flugzeu­gen auf den Prüfstand zu stellen. «Sobald das Kabinett die endgül­ti­ge Fassung des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes verab­schie­det hat, werden wir uns mit unseren Koali­ti­ons­part­nern abspre­chen und prüfen, wo Nachbes­se­rungs­be­darf besteht», sagte Dürr dem «Spiegel». «Die Debat­te um die Masken­pflicht in Flugzeu­gen ist ein Beispiel, wo wir noch Prüfungs­be­darf sehen.»

Er erläu­ter­te: «Sollte es nicht beispiels­wei­se auch auf kommer­zi­el­len Flügen Testaus­nah­men geben? Und wie sieht es eigent­lich mit der europäi­schen Einheit­lich­keit aus?» Zu diesen und anderen Fragen werden man sich auch mit Sachver­stän­di­gen beraten.

Der stell­ver­tre­ten­de FDP-Partei­vor­sit­zen­de Wolfgang Kubicki kriti­sier­te: «Die Bilder aus dem Regie­rungs­flug­zeug hinter­las­sen für viele Menschen im Land den Eindruck der elitä­ren Doppel­mo­ral». Er sagte dem «Spiegel» weiter, er halte es für dringend angezeigt, die Masken­pflicht im Flugzeug und in der Bahn zu beenden — «wir sind in Europa auf diesem Weg mittler­wei­le allei­ne unterwegs».

Ein Video und Fotos vom Hinflug des Kanzlers und seines Stell­ver­tre­ters Robert Habeck (Grüne) von Berlin nach Montre­al in Kanada am Sonntag hatten für Aufse­hen gesorgt. Darauf waren Wirtschafts­mi­nis­ter Habeck und eng beiein­an­der sitzen­de Journa­lis­ten ohne Masken zu sehen. Ein Regie­rungs­spre­cher erklär­te anschlie­ßend, auf den Flügen der Luftwaf­fe gebe es keine Masken­pflicht. «Alle Teilneh­mer der Reise müssen vor Antritt einen aktuel­len negati­ven PCR-Test vorle­gen. Damit ist ein hohes Schutz­ni­veau gewähr­leis­tet.» Alle Passa­gie­re mussten sich höchs­tens 24 Stunden vor Abflug testen lassen.

In Deutsch­land löste dies eine Debat­te über die staat­li­chen Schutz­auf­la­gen für alle Flugrei­sen aus. Generell gilt für Flugzeu­ge — wie auch für Fernzü­ge — bundes­weit eine Masken­pflicht für Passa­gie­re und Personal.

Auf dem Weiter­flug der Regie­rungs­ma­schi­ne nach Neufund­land gab es wieder keine Pflicht zum Tragen einer Maske, aber eine entspre­chen­de Empfeh­lung. Für den Rückflug nach Berlin war ebenfalls keine Änderung der Regeln vorgesehen.