ÜBERLINGEN/MARBACH (dpa) — Schrift­stel­ler, deren gesam­mel­te Werke vom Deutschen Litera­tur­ar­chiv in Marbach aufge­nom­men werden, können sich des Ruhms und des Nachruhms gewiss sein. Nun gehört Martin Walser auch offizi­ell und schon zu Lebzei­ten dazu.

Die Werke von Martin Walser werden künftig im Deutschen Litera­tur­ar­chiv (DLA) in Marbach aufbe­wahrt, erschlos­sen und erforscht. Der 95 Jahre alte Schrift­stel­ler («Ein fliehen­des Pferd», «Ein sterben­der Mann») hat der Insti­tu­ti­on auf der Schil­ler­hö­he am Neckar­ufer am Sonntag auch offizi­ell seinen sogenann­ten Vorlass überlas­sen. Neben den nahezu lücken­los überlie­fer­ten Entwür­fen und Manuskrip­ten seiner erzäh­le­ri­schen, drama­ti­schen und essay­is­ti­schen Werke und Überset­zun­gen sind nach DLA-Angaben auch 75 Tagebü­cher mit dabei, die Walser seit den 1950er Jahren führt. Diese sind bisher nur in Teilen ediert worden, sie gelten als wesent­li­che Quelle für Leben und Werk.

Für die DLA-Direk­to­rin Sandra Richter ist Walsers Archiv «die ganze Fülle eines über 60 Jahre währen­den Autoren­le­bens». Der Schrift­stel­ler aus Überlin­gen am Boden­see sei ein streit­ba­rer Chronist der Bundes­re­pu­blik und ihrer Gesell­schaft, seine Dokumen­te eine ganz außer­ge­wöhn­li­che Quelle für Litera­tur- und Zeitge­schich­te, sagte Richter aus Anlass der Übergabe.

Insge­samt umfasst der erwor­be­ne Vorlass laut Litera­tur­ar­chiv rund 75.000 handschrift­li­che Seiten, darun­ter sind auch Brief­wech­sel mit Alfred Andersch und Rudolf Augstein, Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll, Jürgen Haber­mas, Uwe Johnson und dem Verle­ger Siegfried Unseld. Hinzu komme Walsers Privat- und Arbeits­bi­blio­thek mit mehr als 7800 Bänden sowie Fotos und Computer-Dateien.

Von einem Vorlass wie in diesem Fall spricht man, wenn Archi­va­li­en schon zu Lebzei­ten zur Verfü­gung gestellt werden.