DÜSSELDORF (dpa) — Im Mai entging die Ruhrge­biets­stadt Essen eventu­ell nur knapp einem rechts­extre­men Terror­an­schlag. Ein 16-jähri­ger soll entschlos­sen gewesen sein, an seiner Schule ein Blutbad anzurichten.

Vor dem Prozess um einen verei­tel­ten rechts­extre­men Terror­an­schlag auf ein Gymna­si­um in Essen hat die Vertei­di­gung ein Geständ­nis angekün­digt. Angeklagt ist ein 17-Jähri­ger. Sein Mandant werde «gestän­dig sein», sagte Vertei­di­ger Andre­as Wieser in Essen auf dpa-Anfra­ge. «Mir ist wichtig, dass man bei einem so jungen Menschen genau hinguckt», sagte der Strafverteidiger.

«Puber­tät, Corona-Pande­mie, wenig sozia­le Kontak­te» — es gebe einige Fakto­ren, die zu berück­sich­ti­gen seien. Der Gymna­si­ast habe sich bereits umfas­send gegen­über dem psych­ia­tri­schen Gutach­ter geäußert. Die Radika­li­sie­rung des Jugend­li­chen habe unbemerkt von den berufs­tä­ti­gen Eltern über das Inter­net statt­ge­fun­den, sagte der Anwalt.

16 Rohrkör­per, einige präpa­riert mit Uhren und Nägeln

Der Zugriff erfolg­te am 12. Mai um 4.20 Uhr morgens: Schwer bewaff­ne­te Spezi­al­ein­hei­ten stürm­ten ins Kinder­zim­mer des damals 16-Jähri­gen in Essen-Borbeck. Die Beamten stießen nicht nur auf rassis­ti­sche, antise­mi­ti­sche und antimus­li­mi­sche Schrif­ten, sondern auch auf Materia­li­en zum Bombenbau.

16 Rohrkör­per, einige präpa­riert mit Uhren und Nägeln, wurden abtrans­por­tiert. «Mögli­cher­wei­se hat die NRW-Polizei heute einen Alptraum verhin­dert», sagte NRW-Innen­mi­nis­ter Herbert Reul (CDU) nach dem Einsatz.

Danach übernahm die Bundes­an­walt­schaft die Ermitt­lun­gen wegen der «beson­de­rer Bedeu­tung» des Falls. Nun vertritt sie auch die Ankla­ge. Sie wirft dem Schüler die Vorbe­rei­tung einer schwe­ren staats­ge­fähr­den­den Gewalt­tat, Terro­ris­mus­fi­nan­zie­rung sowie Verstö­ße gegen das Waffen- und Spreng­stoff­ge­setz vor. Dem Angeklag­ten drohen nach Jugend­straf­recht dafür bis zu fünf Jahre Haft.

Der im Mai festge­nom­me­ne Gymna­si­ast soll den rechts­extrem motivier­ten Terror­an­schlag über einen langen Zeitraum hinweg geplant haben. Der Prozess wird als Jugend­straf­ver­fah­ren an diesem Freitag begin­nen und voraus­sicht­lich weitge­hend unter Ausschluss der Öffent­lich­keit statt­fin­den, das Düssel­dor­fer Oberlan­des­ge­richt hat zehn Verhand­lungs­ta­ge vorgesehen.

Er wollte «Lehrer sowie eine größe­re Anzahl von Schülern töten»

Die Ermitt­ler gehen davon aus, dass der damals 16-Jähri­ge am 13. Mai dieses Jahres am Essener Don-Bosco-Gymna­si­um ein Blutbad anrich­ten wollte — erst einen Tag vorher wurde er nach dem Hinweis eines Mitschü­lers in seinem Eltern­haus festge­nom­men. Er habe «Lehrer sowie eine größe­re Anzahl von Schülern töten wollen», heißt es in der Anklage.

Der Bundes­ge­richts­hof hatte dem Schüler im August ungewöhn­lich deutlich in einem Beschluss eine «gefes­tig­te rassis­ti­sche Gesin­nung», «massi­ve Gewalt­be­reit­schaft» und «schäd­li­che Neigun­gen» attestiert.

Polizis­ten hatten bei dem Deutschen unter anderem Armbrüs­te, Messer, Mache­ten, Luftdruck­pis­to­len und alle wesent­li­chen Utensi­li­en für den Bau poten­zi­ell tödli­cher Rohrbom­ben gefun­den, wie eine Unter­su­chung später ergab.

«Massa­kers» in einem «Manifest» ausgearbeitet

Die Einzel­hei­ten des geplan­ten «Massa­kers» habe der Jugend­li­che in einem Tagebuch und einem «Manifest» ausge­ar­bei­tet. Für Nachah­mer habe er umfang­rei­che Handlungs­an­wei­sun­gen verfasst und Video­bot­schaf­ten aufgezeichnet.

Im Gefäng­nis habe er gegen­über Bediens­te­ten «offen von seinem Anschlags­plan, seinen Mordfan­ta­sien, seinem Auslän­der­hass» und seiner Bewun­de­rung für frühe­re rechts­extre­mis­ti­sche Atten­tä­ter gespro­chen und «hiervon bisher keinen Abstand genom­men», sondern im Gegen­teil «blinde Entschlos­sen­heit» gezeigt, hatte der Bundes­ge­richts­hof ausgeführt.

Das Essener Don-Bosco-Gymna­si­um war nach Bekannt­wer­den der Terror­plä­ne vorüber­ge­hend geschlos­sen und mit Spreng­stoff-Spürhun­den gründ­lich durch­sucht worden. Der Jugend­li­che soll seine dunklen Pläne gegen­über Mitschü­lern gegen­über angedeu­tet haben. Einer von ihnen nahm das Ernst und vertrau­te sich einer Lehre­rin an.

Von Frank Chris­ti­an­sen, dpa