Wenn Bauern Felder sprit­zen, können Spuren der Pflan­zen­schutz­mit­tel auch noch über viele Kilome­ter entfernt gefun­den werden. Das zeigt eine neue Analy­se. Nicht nur die Ökobran­che sieht das besorgt.

«Wir wissen überhaupt noch nicht, wie dieser Cocktail aus verschie­de­nen Pflan­zen­schutz­mit­teln am Ende wirkt», sagte die SPD-Politi­ke­rin am Diens­tag in Berlin anläss­lich der Vorstel­lung einer von Bio- und Umwelt­or­ga­ni­sa­tio­nen erstell­ten Studie. Dies sei besorg­nis­er­re­gend für den Ökoland­bau und die Natur. Um gegen­zu­steu­ern, solle unter anderem bei der Zulas­sung von Stoffen und einem deutlich reduzier­ten Pesti­zid-Einsatz angesetzt werden.

Laut der Studie verbrei­ten sich viele gifti­ge Pesti­zi­de bis in Städte und Natio­nal­parks hinein, wie das Bündnis für eine enkel­taug­li­che Landwirt­schaft und das Umwelt­in­sti­tut München als Auftrag­ge­ber mitteil­ten. Selbst auf der Spitze des Brockens im Harz seien zwölf Pesti­zi­de nachweis­bar gewesen. Insge­samt seien 138 Stoffe mit Bezug zur Landwirt­schaft gefun­den worden, darun­ter das umstrit­te­ne Unkraut­gift Glypho­sat. Ausge­wer­tet wurden demnach Daten zu insge­samt 163 Orten im Umkreis von weniger als 100 Metern bis zu mehr als 1000 Metern Entfer­nung zu mögli­chen Quellen.

Für die Analy­se wurden den Angaben zufol­ge von März bis Novem­ber 2019 an 116 Orten Pesti­zi­de in der Luft ermit­telt — mit Sammel­ge­rä­ten, über Filter­mat­ten in Be- und Entlüf­tungs­an­la­gen von Gebäu­den und über Funde in Bienen­stö­cken. In die Ergeb­nis­se sei zudem eine Analy­se an Baumrin­den von 2014 bis 2018 zu 47 Stand­or­ten einge­gan­gen. Schul­ze sagte, die Studie sei wichtig, weil sie Wissens­lü­cken schließe.

Das Bündnis für eine enkel­taug­li­che Landwirt­schaft, das unter anderem Bio-Anbie­ter vertritt, kriti­sier­te, immer wieder würden biolo­gisch bewirt­schaf­te­te Flächen durch Acker­gif­te konta­mi­niert. Die Produk­te könnten dann nicht mehr als «bio» verkauft werden. Nötig sei ein Fonds, der Ökoland­wir­ten Schäden ausglei­che und durch die Pesti­zid­her­stel­ler gespeist werden solle. Das Umwelt­in­sti­tut München forder­te ein umgehen­des Verbot bestimm­ter Pestizide.

Der Indus­trie­ver­band Agrar, der Pesti­zid­her­stel­ler vertritt, nannte die Studie «alarmis­tisch und wissen­schaft­lich nicht valide». Es lasse sich heute jeder belie­bi­ge Stoff im Spuren­be­reich nachwei­sen. Die Mengen seien jedoch minimal, so dass sie für Mensch und Umwelt unbedenk­lich seien.

Der Grünen-Agrar­po­li­ti­ker Harald Ebner sagte, letzt­lich könne nur eine wesent­li­che Reduk­ti­on der Pesti­zid­ein­satz­men­gen Mensch, Umwelt, Ökoland­bau und Imkerei sicher schüt­zen. Das Verbrei­ten über die Luft werde unzurei­chend unter­sucht, obwohl es auch bei Wirkstof­fen wie Glypho­sat Hinwei­se auf Einträ­ge über Boden­staub und Wind gebe. FDP-Frakti­ons­vi­ze Frak Sitta kriti­sier­te, indem Schul­ze sich der «überdreh­ten Angst­ma­che­rei dieser Studie» bedie­ne, ersti­cke sie jede sachli­che Diskus­si­on um die moder­ne Landwirt­schaft schon im Keim.