KIEW (dpa) — Am 24. Febru­ar 2022 ist Russland in die Ukrai­ne einmar­schiert. Genau ein Jahr danach gibt der ukrai­ni­sche Präsi­dent Selen­skyj einen Ausblick auf 2023 und gibt sich hoffnungsvoll.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat am ersten Jahres­tag des russi­schen Angriffs­krie­ges den Wider­stand seiner Lands­leu­te gewür­digt und sich erneut sieges­si­cher gezeigt. «Es war ein Jahr des Schmer­zes, der Sorgen, des Glaubens und der Einheit», teilte der 45-Jähri­ge heute mit.

Am 24. Febru­ar vor einem Jahr hätten viele ihre Wahl getrof­fen. «Nicht eine weiße Fahne, sondern die blau-gelbe Fahne», sagte er. «Nicht fliehen, sondern sich stellen. Wider­stand und Kampf», schrieb Selen­skyj im Kurznach­rich­ten­dienst Twitter zu einem emotio­na­len Video mit Bildern vom Kampf der Ukrai­ner. «Wir wissen, dass 2023 das Jahr unseres Sieges sein wird», so Selen­skyj weiter.

Wenige Stunden später hielt der ukrai­ni­sche Staats­chef eine Rede vor der berühm­ten Sophien­ka­the­dra­le in Kiew. In militä­risch grüner Kleidung ehrte er Solda­ten mit Orden, wie ein Repor­ter der Deutschen Presse-Agentur vom Ort der Zeremo­nie berichtete.

Mit gesenk­tem Kopf hielt Selen­skyj außer­dem eine Schwei­ge­mi­nu­te für die vielen ukrai­ni­schen Opfer des Krieges ab. Für die Veran­stal­tung, die bei Minus­gra­den abgehal­ten wurde, waren hohe Sicher­heits­vor­keh­run­gen getrof­fen worden, der Bereich war weiträu­mig abgesperrt.

Selen­skyj: «Und heute stehen wir genau ein Jahr»

In einer auf der Seite des Präsi­di­al­amts veröf­fent­lich­ten Video­bot­schaft wandte sich Selen­skyj außer­dem an alle Ukrai­ner — und erinner­te an den «längs­ten Tag unseres Lebens»: den ersten Kriegs­tag am 24. Febru­ar 2022. «Wir sind damals früh aufge­wacht und können seitdem nicht mehr einschla­fen», sagte der 45-Jähri­ge. Trotz des Schocks hätten alle sofort gespürt, was zu tun sei: «Wir haben nicht gewusst, was morgen sein wird, doch begrif­fen genau: Für jedes Morgen muss man kämpfen!» Progno­sen, dass die Ukrai­ne maximal 72 Stunden stand­hal­ten könne, hätten sich nicht bewahr­hei­tet. «Und heute stehen wir genau ein Jahr.»

Der Staats­chef zählte mit Mariu­pol, Mykola­jiw, Charkiw und Krama­torsk mehre­re von russi­schen Angrif­fen beson­ders erschüt­ter­te Städte auf. «Wir haben Butscha, Irpin und Borod­jan­ka gesehen. Der ganzen Welt ist klar gewor­den, was “russi­sche Welt” wirklich bedeu­tet», mahnte Selenskyj.

Gleich­zei­tig wandte er sich an die Ukrai­ner in den weiter russisch besetz­ten Regio­nen. «Die Ukrai­ne wird Euch nicht im Stich lassen, verges­sen und aufge­ben», sagte der Staats­chef. Alle Terri­to­ri­en würden befreit, versprach er. Und an die Millio­nen Flücht­lin­ge im Ausland gerich­tet, hob er hervor: «Wir werden alles dafür tun, dass ihr in die Ukrai­ne zurück­keh­ren könnt.»

Klitsch­ko: Werden alles überste­hen und gewinnen

Der Kiewer Bürger­meis­ter Vitali Klitsch­ko sprach von einem «tragi­schen und psychisch erschöp­fen­den» Jahr. «Aber wir kämpfen, wir glauben an uns selbst und an unser Land. Deshalb werden wir alles überste­hen und gewin­nen», schrieb er in seinem Telegram-Kanal und veröf­fent­lich­te dazu eine Videobotschaft.

Während viele Ukrai­ner nicht an einen «barba­ri­schen Krieg» Russlands geglaubt hätten, habe sich die Haupt­stadt auf den mögli­chen Angriff vorbe­rei­tet. «Freiwil­li­ge, die in die Terri­to­ri­al­ver­tei­di­gung einge­tre­ten sind, und unser Militär haben gehol­fen, die Haupt­stadt zu schüt­zen und zu halten.» Die russi­schen Truppen rückten nach dem Kriegs­be­ginn am 24. Febru­ar in die Voror­te der Haupt­stadt vor, kamen aber nicht weit.

«Kiew ist das Herz der Ukrai­ne, Kiew war und bleibt ein Ziel von Russland, der Russen und von Putin», hatte Klitsch­ko im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch gesagt. Zugleich beton­te der 51-Jähri­ge, dass er nicht glaube, dass Russland ein neuer Angriff auf die Haupt­stadt gelin­gen könne. «Ich glaube nicht, dass Russland gewinnt.»