Die Corona-Nothil­fe der Bundes­wehr ist in Portu­gal einge­trof­fen. Der Empfang am Tejo-Fluss ist herzlich. Die Solda­ten und Solda­tin­nen erwar­tet eine weitaus drama­ti­sche­re Lage als in Deutschland.

LISSABON/WUNSTORF (dpa) — Portu­gals Gesund­heits­mi­nis­te­rin Marta Temido bedank­te sich für die deutsche Hilfe nicht nur mit Worten.

Die 46-Jähri­ge strahl­te übers ganze Gesicht, als sie sagte: «Mit großer Dankbar­keit nehmen wir (…) diese Hilfe von hochqua­li­fi­zier­tem Perso­nal an.» Der Luftwaf­fen-Airbus A400M mit 26 Solda­tin­nen und Solda­ten der Bundes­wehr und mehre­ren Dutzend Beatmungs- sowie Infusi­ons­ge­rä­ten aus Deutsch­land lande­te am Mittwoch­nach­mit­tag auf dem Militär­flug­ha­fen Figo Maduro in Lissa­bon — der Haupt­stadt des im Corona-Kampf strau­cheln­den Hochri­si­ko­lands. Medien und Politi­ker des Landes sprachen von einem «Beispiel europäi­scher Solidarität».

Auch der Inspek­teur des Sanitäts­diens­tes, General­ober­stabs­arzt Ulrich Baumgärt­ner, der die Frauen und Männer beglei­tet, hatte vor dem Abflug der Trans­port­ma­schi­ne im nieder­säch­si­schen Wunstorf die europäi­sche Solida­ri­tät betont. «Die Situa­ti­on dort ist unver­gleich­lich schwie­ri­ger als sie hier bei uns ist. Die Kranken­häu­ser laufen über. Und deshalb werden wir dort eben gebraucht.»

Die acht Ärztin­nen und Ärzte sowie das Sanitäts­per­so­nal sollen drei Wochen lang im priva­ten Hospi­tal da Luz in Lissa­bon bei der Behand­lung schwer­kran­ker Covid-19-Patien­ten aushel­fen. Wie Temido erklär­te, wurde in der angese­he­nen Klinik — einer der moderns­ten und größten des Landes — eine neue Inten­siv­sta­ti­on mit acht Betten errich­tet, «die bisher die komplet­te Infra­struk­tur hatte, aber kein Perso­nal». Die Minis­te­rin beton­te: «Ständig werden in Portu­gal neue Betten geschaf­fen, auch jetzt, wo wir mitein­an­der reden.» Die 26 Solda­tin­nen und Solda­ten sollen nach Angaben der Bundes­wehr nach drei Wochen wahrschein­lich von einem weite­ren Hilfs­team abgelöst werden.

Portu­gal ist beson­ders stark von der als höher anste­ckend gelten­den Virus­va­ri­an­te betrof­fen, die zunächst in Großbri­tan­ni­en aufge­fal­len ist. Das Gesund­heits­sys­tem, das über weniger Betten auf Inten­siv­sta­tio­nen gemes­sen an der Bevöl­ke­rung verfügt als Deutsch­land, ist völlig überfor­dert. Vor Kranken­häu­sern bilde­ten sich nach nach Angaben des portu­gie­si­schen Ärzte­ver­ban­des ANMSP an den vergan­ge­nen Tagen teilwei­se Schlan­gen von bis zu 30 Kranken­wa­gen, weil das Perso­nal alle Hände voll zu tun hatte und die Kranken nicht so schnell aufge­nom­men werden konnten. Medien berich­te­ten von Patien­ten, die eine ganze Nacht im Kranken­wa­gen verbrin­gen mussten.

Die Unter­stüt­zung aus Deutsch­land ist am südwest­li­chen Rand Europas sehr willkom­men. Auch Öster­reich und Spani­en wollen helfen, aber «Die Deutschen sind die Ersten», titel­te das Renom­mier­blatt «Públi­co». Leser der Zeitung schrie­ben, sie seien bewegt und dankbar ob der Hilfe aus Berlin. «In schwie­ri­gen Stunden erkennt man die echten Freun­de», hieß es in der Kommentarspalte.

Die Nothil­fe aus Deutsch­land wurde dringend erwar­tet und kommt vermut­lich gerade noch recht­zei­tig. Kaum irgend­wo auf der Welt richtet das Virus derzeit größe­ren Schaden an. Nirgend­wo wurden zuletzt im Verhält­nis zur Bevöl­ke­rungs­zahl mehr Neuin­fek­tio­nen und mehr Todes­fäl­le im Zusam­men­hang mit Sars-CoV‑2 gemel­det, wie das von der Oxford Univer­si­ty unter­stütz­te Portal «Our World in Data» zeigt. Nach Zahlen der EU-Agentur ECDC steck­ten sich in Portu­gal zuletzt binnen 14 Tagen 1429 Menschen je 100.000 Einwoh­ner mit dem Virus an. Damit liegt Portu­gal vor Spani­en (1026) an der Spitze der 30 erfass­ten Länder. Für Deutsch­land betrug dieser Wert gut 265.

Ende Oktober waren es in Portu­gal noch knapp 350 gewesen. Für den starken Anstieg werden unter anderem die Locke­run­gen der Einschrän­kun­gen zu Weihnach­ten sowie die von Großbri­tan­ni­en ausge­hen­de, beson­ders anste­cken­de Virus­va­ri­an­te verant­wort­lich gemacht.

Das deutsche Hilfs­team war übers Wochen­en­de beim Komman­do Schnel­le Einsatz­kräf­te Sanitäts­dienst im ostfrie­si­schen Leer zusam­men­ge­zo­gen worden — 50 Beatmungs­ge­rä­te, 150 Infusi­ons­ge­rä­te und weite­res Materi­al brach­te es in dem Trans­port­flug­zeug mit nach Portu­gal. Dort werde «wahrschein­lich deutlich mehr an Kapazi­tä­ten gebraucht», sagte General­ober­stabs­arzt Baumgärt­ner. Aber die begrenz­ten Möglich­kei­ten müssten derzeit genau abgewo­gen werden. Auch in deutschen Militär­kli­ni­ken versor­gen Bundes­wehr­sol­da­ten Covid-19-Patien­ten, sie helfen in Gesund­heits­äm­tern oder Impfzen­tren aus.

Die Pande­mie könne nur durch eine gesamt­staat­li­che Anstren­gung überwun­den werden, so Baumgärt­ner. Eine Nation allein «kann das nicht bewäl­ti­gen. Wir müssen zusammenstehen».