TUTTLINGEN — Sie war keine Heili­ge, ein Vorbild für Zivil-coura­ge und Mut ist Sophie Scholl aber auf jeden Fall. 100 Jahre alt wäre sie in diesem Jahr gewor­den, und als Vorab-Veran­stal­tung von „Sommer im Park“ blick­te im Zelt am Festplatz der Pfarrer und Autor Robert Zoske auf ihr Leben zurück. Zoske veröf­fent­lich­te jüngst die Sophie-Scholl-Biogra­phie „Es reut mich nichts: Porträt einer Widerständigen.“

Das letzte Wort, das sie schrift­lich nieder­leg­te, laute­te „Frei-heit“. In kunst­vol­len Buchsta­ben schrieb sie es auf die Rücksei­te der Ladung zur Gerichts­ver­hand­lung – der Verhand­lung, an deren Ende ihre Hinrich­tung am 22. Febru­ar 1943 stehen sollte. Sophie Scholl war damals gerade 21 Jahre alt.

Das Gros der Zuhören­den am Mittwoch im Zelt war noch etwas jünger. Spezi­ell als Schul­ver­an­stal­tung war der Vortrag gemein­sam von Chris­tof „Stiefel“ Manz, IKG, Ritter­gar­ten­ver­ein und der Stadt Tuttlin­gen organi­siert worden. Wie wichtig solche Veran­stal­tun­gen sind, beton­te OB Micha­el Beck in seiner Begrü­ßung. Denn Sophie Scholl gelte einer­seits als Ikone des Wider­stan­des, gleich­zei­tig aber werde sie zuneh­mend verein­nahmt und missbraucht – zum Beispiel von der zu unfrei­wil­li­ger Inter­net­pro­mi­nenz gekom­me­nen „Querden­ke­rin“ Jana aus Kassel.

Die histo­ri­sche Persön­lich­keit Sophie Scholl mit all ihren Facet­ten darstel­len – dies hatte sich Robert Zoske zur Aufga­be gemacht. Und so zeich­ne­te er bei seinem Vortrag in Tuttlin­gen das Leben Sophie Scholls minuti­ös nach: Von der Kind-heit im evange­lisch-bildungs­bür­ger­li­chen Haushalt über Statio­nen beim Reichs­ar­beits­dienst bis zum Studi­um in München, wo sie sich dann gemein­sam mit ihrem Bruder Hans Scholl der Wider­stands­grup­pe der „Weißen Rose“ anschloss. Dabei beton­te Zoske, dass Scholls Weg in den Wider­stand nicht vorge­zeich­net war. Im Gegen­teil: Sophie Scholl folgte lange begeis­tert dem Regime und leite­te NS-Mädchen­grup­pen. In der Schule wurde sie wegen ihres masku­li­nen Auftre­tens auch als „der Soffer“ genannt und galt als 150-prozen­ti­ge NS-Anhän­ge­rin, die Briefe und Postkar­ten „mit deutschem Gruß“ unter­schrieb. Wann der Wandel kam, ist schwer zu sagen – Zoske nimmt an, dass die Eindrü­cke beim Reichs­ar­beits­dienst ebenso eine Rolle spiel­ten wie die Kriegs­ein­drü­cke, die sie aus der Korre­spon­denz mit Freun-den an der Front sammel­te. Als Scholl dann 1942 das Studi-um in München aufnahm, war ihre Haltung aber schon klar antifa­schis­tisch gewesen.

„Die gleiche Kraft, die sie zuvor für das System einsetz­te, wandte sie jetzt gegen das System an“, so Zoske. Und dass ihr Einsatz sie das Leben kosten könne, sei ihr klar gewesen. Dabei nimmt Zoske auch an, dass ihr Glaube eine zentra­le Rolle beim Weg in den Wider­stand spiel­te. Auf jeden Fall mache Scholls Leben bis heute Mut: „Sie ermutigt uns zum Wider­stand und zum Kampf für die Freiheit – und gibt uns die Zuver­sicht, dass wir dem Gewis­sen und Gott mehr gehor­chen sollen als den Menschen.“