BERLIN (dpa) — Angesichts der hohen Omikron-Infek­ti­ons­zah­len gerade unter Kindern und Jugend­li­chen sorgen sich viele Eltern vor Folgen wie der schwe­ren Entzün­dungs­re­ak­ti­on Pims. Was darüber bisher bekannt ist.

Bislang etwa rund 1000 Kinder in Deutsch­land könnten nach Exper­ten­ein­schät­zung in der Pande­mie an dem multi­sys­te­mi­schen Entzün­dungs­syn­drom Pims als Folge einer Corona-Infek­ti­on erkrankt sein.

Gemel­det worden sind seit Mai 2020 rund 660 Fälle (Stand 6. Febru­ar), wie aus einem Regis­ter der Deutschen Gesell­schaft für Pädia­tri­sche Infek­tio­lo­gie (DGPI) hervor­geht, das auf freiwil­li­gen Meldun­gen von mehr als der Hälfte der Kinder­kli­ni­ken und ‑abtei­lun­gen in Deutsch­land basiert.

«Mit der Dunkel­zif­fer dürften es insge­samt in etwa 1000 Pims-Betrof­fe­ne sein», sagte der Kinder- und Jugend­me­di­zi­ner Jakob Armann vom Univer­si­täts­kli­ni­kum Dresden der Deutschen Presse-Agentur, der die Meldun­gen ans Regis­ter verwal­tet. In Anbetracht der hohen Infizier­ten­zahl bundes­weit sei es eine selte­ne Erkrankung.

Typische Anzei­chen von Pims

Die Abkür­zung Pims steht für Pedia­tric Inflamm­a­to­ry Multi­sys­tem Syndro­me. Typische Anzei­chen sind mehre­re Tage anhal­ten­des Fieber sowie Durch­fäl­le und/oder Hautaus­schlä­ge typischer­wei­se vier bis acht Wochen nach einer Sars-CoV-2-Infek­ti­on. Auch Kinder ohne Vorer­kran­kung können betrof­fen sein.

Etwas mehr als die Hälfte der gemel­de­ten Pims-Patien­ten ist Armann zufol­ge inten­siv­me­di­zi­nisch versorgt worden. «Es ist zwar ein schwe­res Krank­heits­bild, aber es ist gut behan­del­bar. In der Regel können betrof­fe­ne Kinder nach zwei bis fünf Tagen die Inten­siv­sta­ti­on wieder verlas­sen.» Bleiben­de Schäden träten in der Regel nicht auf. «Es ist natür­lich keine schöne Erkran­kung, aber auch nichts, was die Kinder­kli­ni­ken an die Belas­tungs­gren­ze bringt.»

Sowohl im Regis­ter als auch in der Dresd­ner Klinik sei ab etwa Mitte Dezem­ber ein Anstieg der Fälle beobach­tet worden, erklär­te Armann. Dies sei sicher­lich mit den generell hohen Fallzah­len zu erklä­ren, da Pims mit einer gewis­sen Wahrschein­lich­keit nach einer Sars-CoV-2-Infek­ti­on auftre­te — und dies unabhän­gig von deren Schwe­re. Angenom­men werde ein Pims-Fall auf 4000 Infektionen.

Zwei Drittel der Betrof­fe­nen sind Jungen

Unter den im Regis­ter erfass­ten Fällen waren rund zwei Drittel Jungen. Die Fälle sind dem Exper­ten zufol­ge gleich­mä­ßig über alle Alters­grup­pen verteilt. Insbe­son­de­re zu Beginn der Pande­mie wurde die durch­ge­mach­te Corona-Infek­ti­on teils erst rückbli­ckend bei Blutun­ter­su­chun­gen anhand der Antikör­per erkannt.

Trotz des jüngst verzeich­ne­ten Anstiegs der Pims-Zahlen sei das Niveau in diesem Winter eher etwas gerin­ger als vor einem Jahr. «Das ist wahrschein­lich ein Effekt der Delta-Varian­te», erklär­te Armann. Die im Herbst und Winter 2021 vorherr­schen­de Varian­te schei­ne etwas selte­ner Pims auszu­lö­sen als die Vorgän­ger­va­ri­an­ten. Dies legten Daten aus verschie­de­nen Ländern nahe. «Es ist nicht zwangs­läu­fig so, dass sich die Krank­heit mit jeder Mutati­on des Virus verschlim­mert», sagte Armann.

Welche Auswir­kun­gen hat Omikron?

Die Auswir­kung der neuen Omikron-Varian­te könne man derzeit wegen des verzö­ger­ten Vorkom­mens von Pims noch nicht beurtei­len. Zu beden­ken sei auch, dass der Anteil der Geimpf­ten auch unter Kindern und Jugend­li­chen wachse. Laut der US-Gesund­heits­be­hör­de CDC schützt die Gabe von zwei Dosen des Biontech/P­fi­zer-Impfstoffs bei Kindern und Jugend­li­chen von 12 bis 18 Jahren in hohem Maße vor Pims.

Fälle von Kindern mit schwe­ren Entzün­dungs­re­ak­tio­nen im Zusam­men­hang mit Corona waren im Frühjahr 2020 in mehre­ren Ländern aufge­fal­len. Ähnli­che Krank­heits­bil­der bei Kindern waren auch zuvor schon bekannt — ein Beispiel ist das sogenann­te Kawasa­ki-Syndrom, dessen Ursache bis heute nicht ganz klar ist. Mutmaß­lich handelt es sich auch hier um die Folge einer Infek­ti­on, wie Armann erklär­te. «Außer­halb einer Pande­mie ist die genaue Ursache jedoch schwer zu finden. Kinder weisen schließ­lich Antikör­per gegen verschie­dens­te Erreger auf.» Vor Corona sei man in Deutsch­land von 400 bis 500 Fällen von Kawasa­ki-Syndrom bei Kindern pro Jahr ausgegangen.