BERLIN (dpa) — Die Zeit drängt: Am Mittwoch tagt ein Gremi­um, um eine Lösung im Streit ums Bürger­geld zu finden. Der Sozial­ver­band VdK warnt vor Kompro­mis­sen zulas­ten derer, die auf das Geld angewie­sen sind.

Im anhal­ten­den Streit zwischen Bundes­re­gie­rung und Union um das Bürger­geld hat der Sozial­ver­band VdK vor einer Verzö­ge­rung der Reform gewarnt.

Kurz vor der entschei­den­den Sitzung des Vermitt­lungs­aus­schus­ses von Bundes­rat und Bundes­tag an diesem Mittwoch sagte VdK-Präsi­den­tin Verena Bente­le den Zeitun­gen der Funke-Medien­grup­pe, das Bürger­geld müsse zum geplan­ten Zeitpunkt kommen. Sie mahnte zudem: «Bei allem Zeitdruck müssen trotz­dem Kompro­mis­se gefun­den werden, die für eine wirkli­che Verbes­se­rung für die Betrof­fe­nen sorgen und in der Praxis gut umsetz­bar sind.»

Auch die Gewerk­schaft Erzie­hung und Wissen­schaft (GEW) drang auf eine schnel­le Einigung. Das Gezer­re zwischen Ampel­re­gie­rung und Union sei «unwür­dig». Es werde auf dem Rücken der schwächs­ten Mitglie­der der Gesell­schaft ausge­tra­gen: Kindern und Jugend­li­chen, sagte der stell­ver­tre­ten­de GEW-Vorsit­zen­de Andre­as Keller der «Stutt­gar­ter Zeitung» und den «Stutt­gar­ter Nachrichten».

Nach den Plänen der rot-grün-gelben Bundes­re­gie­rung soll die Sozial­re­form zum Jahres­be­ginn greifen. Das Bürger­geld soll das heuti­ge Hartz-IV-System ablösen. Die Reform sieht unter anderem höhere Regel­sät­ze und eine einge­hen­de­re Betreu­ung von Arbeits­lo­sen vor. Sie war im Bundes­rat am Wider­stand von Landes­re­gie­run­gen mit Führung oder Betei­li­gung der Union geschei­tert. Aus Sicht von CDU und CSU wird Betrof­fe­nen ein zu großes Schon­ver­mö­gen zugestan­den. Zudem müssten sie zu wenige Sanktio­nen bei Pflicht­ver­let­zun­gen fürchten.

Rehlin­ger fordert Bewegung von Union

Unions­frak­ti­ons­chef Fried­rich Merz (CDU) hatte am Montag erklärt, Grund­la­ge für eine Zustim­mung der Union könnten nicht bloße Zusagen der Ampel­ko­ali­ti­on sein, sondern nur ein fertig ausfor­mu­lier­ter Gesetz­ent­wurf. Beim sogenann­ten Sonder­ver­mö­gen für die Bundes­wehr von 100 Milli­ar­den Euro habe die Union im Frühjahr mit politi­schen Zusagen der Ampel «nur schlech­te Erfah­run­gen gemacht», erläu­ter­te der CDU-Chef. Es sei von diesen Zusagen keine einzi­ge einge­hal­ten worden.

Die saarlän­di­sche Minis­ter­prä­si­den­tin Anke Rehlin­ger (SPD) appel­lier­te an die Union, sich kompro­miss­be­reit zu zeigen. «Es kann kluge Kompro­mis­se geben, ohne das Ziel aus den Augen zu verlie­ren. Dann werden sich CDU/CSU aber auch bewegen müssen», sagte Rehlin­ger dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land. Die Union müsse sich entschei­den, ob sie die Partei dauer­haft über das Land stellen wolle. «Die CDU-Minis­ter­prä­si­den­ten tragen Verant­wor­tung für Millio­nen Menschen und nicht nur für das CDU-Präsi­di­um», erklär­te Rehlinger.

Nieder­sach­sens Minis­ter­prä­si­dent Stephan Weil (SPD) sagte der «Stutt­gar­ter Zeitung» und den «Stutt­gar­ter Nachrich­ten»: «Mit gutem Willen lässt sich ein guter Kompro­miss in Sachen Bürger­geld erzie­len, für politi­sche Schein­de­bat­ten ist das Thema ungeeig­net.» Bei der Kritik der Opposi­ti­on am Bürger­geld schwin­ge «teilwei­se eine erschre­cken­de Ignoranz und sozia­le Kälte» mit, meinte er.