BERLIN (dpa) — Beim gestri­gen europa­wei­ten Einsatz gegen die kalabri­sche Mafia sind große Mengen Kokain beschlag­nahmt worden. In Deutsch­land gebe es laut eines SPD-Politi­kers «ein extre­mes Rauschgift-Problem».

Der SPD-Innen­po­li­ti­ker Sebas­ti­an Fiedler sieht die italie­ni­sche Mafia-Organi­sa­ti­on ‘Ndran­ghe­ta verant­wort­lich für eine «Kokain-Schwem­me» in Deutschland.

«Wir haben hier ein extre­mes Rausch­gift-Problem, was auf den Aktivi­tä­ten unter anderem der ‘Ndran­ghe­ta beruht», sagte der krimi­nal­po­li­ti­sche Sprecher der SPD-Bundes­tags­frak­ti­on dem «Tages­spie­gel» aus Berlin. «In Deutsch­land haben wir eine Kokain-Schwem­me, mit massi­ven negati­ven Gesund­heits­fol­gen.» Obwohl ständig große Mengen Kokain sicher­ge­stellt würden, ändere sich der Markt­preis nicht.

Gestern waren bei einer der größten Razzi­en in Europa gegen die ‘Ndran­ghe­ta rund 150 mutmaß­li­che Mafio­si in mehre­ren Ländern festge­nom­men worden. Allein in Deutsch­land wurden rund 30 Haftbe­feh­le in Nordrhein-Westfa­len, Rhein­land-Pfalz, Bayern und dem Saarland vollstreckt. Die meisten Verdäch­ti­gen wurden in Itali­en verhaftet.

Fiedler zufol­ge ist Deutsch­land für die Mafia «ein belieb­ter Ort zur Geldwä­sche». Der frühe­re Vorsit­zen­de des Bundes Deutscher Krimi­nal­be­am­ter sagte dazu: «Bargeld-inten­si­ve Klein­be­trie­be wie Restau­rants und Eisdie­len werden dazu genutzt, Gelder aus krimi­nel­len Geschäf­ten zu waschen.» Außer­dem sei Deutsch­land als Ruhe- und Rückzugs­raum für die Mafia attraktiv.

Reul: Mafia-Struk­tu­ren in NRW jahrzehn­te­lang gewachsen

Die Mafia ist in Nordrhein-Westfa­len nach Angaben des dorti­gen Innen­mi­nis­ters Herbert Reul (CDU) schon seit Jahrzehn­ten aktiv. «Das ist jahrzehn­te­lang gewach­sen, eine krimi­nel­le Struk­tur, nur cleve­rer als die Clans und im Gehei­men», sagte Reul in einem Inter­view des Nachrich­ten-Podcast «The Pioneer». «Die nutzen norma­le Wege, die kaufen Häuser, die kaufen Autos, die haben Eisdie­len. Sie erwecken den Eindruck, dass da ein Riesen-Umsatz ist, in Wirklich­keit wird da Geld gewaschen.» Deshalb sei es auch kein Wunder, dass die Mafia wirtschaft­lich starke Gebie­te wie NRW als Rückzugs­raum nutze.

Die Mafia ist nach Ansicht von Reul in Deutsch­land und NRW vor allem deshalb stark, «weil wir bargeld­ver­liebt sind». Da hierzu­lan­de viele Geschäf­te mit Bargeld getätigt würden, gebe es auch viele Möglich­kei­ten, Geld zu waschen. «Die Bargeld­ver­liebt­heit ist eines der Haupt­pro­ble­me», sagte Reul.

«Auch große Dinge wie Immobi­li­en- und Autokauf finden in Deutsch­land ja sehr oft mit Bargeld statt. Da gibt es Grenzen, aber auch da ist die Frage zu stellen, reichen die eigent­lich aus, wenn wir das in den Griff kriegen wollen.»