MADRID (dpa) — In Spani­en ist heute einer der wichtigs­ten Tage des Jahres. Millio­nen Menschen verfol­gen am Fernse­her die Ziehung der Glücks­zah­len bei der Weihnachts­lot­te­rie. Der Haupt­ge­win­ner steht schon vorher fest.

Die Kinder singen keine schönen Melodien, und doch wird ihr Gesang am Donners­tag Tausen­de Spani­er verzü­cken, wenn ihre Losnum­mer bei der spani­schen Weihnachts­lot­te­rie gezogen wird. Wie seit Genera­tio­nen werden die Gewinn­zah­len bei der ältes­ten Lotte­rie der Welt von 8 bis 14 Jahre alten Schülern und Schüle­rin­nen des altehr­wür­di­gen Inter­nats San Ildefon­so live im Fernse­hen vorgesungen.

Die Tradi­ti­on des Vorsin­gens hat im 19. Jahrhun­dert begon­nen. Schon zuvor hatten sich die Kinder aus dem damali­gen Waisen­haus einen Namen gemacht, weil sie für ein paar Münzen die Ergeb­nis­se von Lotte­rien auf den Straßen singend verbrei­te­ten oder bei Begräb­nis­sen sangen. Erst seit 1984 dürfen auch Mädchen teilneh­men. Das Training für den großen Tag beginnt für die Kleinen immer schon im Sommer. Lose konnten seit Juli gekauft werden.

Der Haupt­ge­win­ner steht bereits vorher fest

Rund vier Stunden dauert die TV-Übertra­gung, bei der jeder Schritt der Auslo­sung penibel verfolgt wird. Ein großer Gitter­ball enthält 100.000 kleine Holzku­geln mit Zahlen und ein kleine­rer Ball 1807 Kugeln mit den Preisen. Die Choreo­gra­phie ist immer gleich. Jede einzel­ne Kugel wird von einem Kind vorge­zeigt, der Wert vorge­sun­gen und dann proto­kol­liert. Im Zuschau­er­raum sitzen die treues­ten Anhän­ger der Lotte­rie, sie haben teilwei­se tagelang angestan­den, um einen Platz zu ergat­tern. Manche sind aufwen­dig verklei­det, alle halten bei jeder neuen Kugel den Atem an.

Die vor mehr als 200 Jahren ins Leben gerufe­ne Lotte­rie zeich­net sich durch beson­ders viele Preise aus, die dafür nicht so schwin­del­erre­gend groß wie bei manchen anderen Lotte­rien sind. Der Haupt­ge­winn, genannt «El Gordo» (der Dicke), beträgt vier Millio­nen Euro für ein ganzes Los. Er wird 180 Mal ausge­zahlt, da jede einzel­ne der 100.000 Losnum­mern ebenso oft verkauft wird. Den kleins­ten Gewinn gibt es immer­hin 9999 mal, da bekommt man dann aber auch nur seinen Einsatz zurück.

Da die meisten Menschen nur ein Zehntel­los für 20 Euro kaufen, stehen ihnen für den Gordo 400.000 Euro zu. Zuvor aber greift der Staat noch zu und zieht von allen Gewin­nen ab 40.000 Euro 20 Prozent Steuern ab. Von 400.000 Euro würden dann 328.000 Euro ausge­zahlt. Der Haupt­ge­win­ner der Lotte­rie, bei der rund 2,5 Milli­ar­den Euro an Gewin­nen verteilt werden, steht also schon vorher fest: Es ist der Fiskus.