MANNHEIM/TÜBINGEN (dpa/lsw) — Damit weniger Müll anfällt, wird in Tübin­gen seit Jahres­be­ginn eine Steuer auf Einweg­ge­schirr fällig. Die Klage einer McDonalds-Filia­le dagegen hat vorerst Erfolg. Doch die Stadt gibt nicht so leicht auf.

Die Stadt Tübin­gen hat mit ihrer Verpa­ckungs­steu­er vor Gericht einen empfind­li­chen Dämpfer erhal­ten: Der Verwal­tungs­ge­richts­hof Baden-Württem­berg erklär­te die Steuer am Mittwoch für unwirk­sam. Die Klage der Inhabe­rin einer Tübin­ger McDonalds-Filia­le war damit erfolg­reich, wie ein Sprecher in Mannheim mitteil­te. Die Stadt möchte an der Regelung jedoch weiter festhal­ten — mindes­tens so lange, bis die schrift­li­che Begrün­dung vorliegt.

Das soll laut Gericht noch im April der Fall sein. Das Urteil der Richter erging im Anschluss an die mündli­che Verhand­lung vor dem Gericht am Diens­tag. Es wurde Revisi­on zum Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt zugelassen.

Tübin­gens Oberbür­ger­meis­ter Boris Palmer bedau­er­te die Entschei­dung. Man habe gezeigt, dass die Steuer in der Praxis funktio­nie­re. Überall in Tübin­gen breite­ten sich Mehrweg-Konzep­te aus, die Stadt werde saube­rer, die große Mehrheit der Menschen sei zufrie­den, teilte der Grünen-Politi­ker am Mittwoch mit. Das Urteil sei deshalb eine Enttäuschung.

Zum weite­ren Vorge­hen erklär­te Palmer, dass der Gemein­de­rat darüber entschei­den solle, ob die Stadt das Urteil anneh­men oder vor dem Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt in Revisi­on gehen solle. Die Verpa­ckungs­steu­er sei nicht außer Kraft gesetzt, bevor das Urteil rechts­kräf­tig werde, sagte Palmer. Gehe die Stadt in Revisi­on, gelte die Regelung sie bis zu einer Entschei­dung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts weiter.

In der Univer­si­täts­stadt werden seit Januar etwa 50 Cent fällig für jeden Einweg­ge­trän­ke­be­häl­ter sowie für Einweg­ge­schirr und ‑speise­ver­pa­ckun­gen sowie 20 Cent für jedes Einweg­be­steck-Set. Pro Einzel­mahl­zeit werden maximal 1,50 Euro kassiert. Die Steuern müssen die Verkaufs­stel­len zahlen, die in den Einweg­ver­pa­ckun­gen Speisen und Geträn­ke für den sofor­ti­gen Verzehr oder zum Mitneh­men ausge­ben. Etwa 440 Betrie­be betei­li­gen sich.

Die Inhabe­rin der Tübin­ger McDonalds-Filia­le hatte in ihrer Klage bemän­gelt, die Steuer stehe im Wider­spruch zum Abfall­recht des Bundes. Sie argumen­tier­te, dass sie bereits Lizenz­ge­büh­ren zahle für ihre Betei­li­gung am Dualen System. Die Verpa­ckungs­steu­er führe zu einer zusätz­li­chen, erheb­li­chen Belastung.

McDonalds unter­stütz­te die Klage der Tübin­ger Filia­le. Es brauche in dieser Sache einen bundes­weit einheit­li­chen Rahmen, hatte das Unter­neh­men zuvor mitge­teilt. Lokale Sonder­we­ge einzel­ner Städte oder Gemein­den stünden einem natio­nal erfolg­rei­chen und imple­men­tier­ba­ren Konzept im Weg.

Nach Angaben der Stadt hat die Verpa­ckungs­steu­er das Müllauf­kom­men in Tübin­gen bereits um mehre­re Tonnen reduziert. Einen Monat nach Einfüh­rung der neuen Steuer hatte die Stadt von einem Rückgang des Abfalls im Tübin­ger Stadt­ge­biet um 5 bis 15 Prozent im Vergleich zum Vorjah­res­zeit­raum berich­tet. So wurden im Januar 2022 nur noch rund 31 Tonnen Abfall entsorgt — gegen­über 34 Tonnen im Januar 2020. Im Januar 2021 waren laut Stadt pande­mie­be­dingt nur rund 24 Tonnen Müll angefallen.